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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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Drüberklettern waren die Decksteine heruntergestoßen worden, den Rest hatten dann im Laufe der Zeit Wind und Wetter besorgt.
    Die beiden Ranger standen schweigend zwischen den Steinen. Mark gefiel es gar nicht, wie distanziert Owen sich verhielt. Schon die Begrüßung war anders ausgefallen als von ihm erhofft und erwartet. Hatte er sich etwa dafür ewig lange unter den Bäumen herumgedrückt und gewartet, bis die Polizisten endlich weg waren? Mark spürte, dass sich zwischen ihnen eine Kluft aufgetan hatte, wie eine klaffende Lücke in der Mauer, die nur von einer heilenden Hand geschlossen werden konnte.
    »Hast du gestern mit der Polizei geredet, Owen?«, fragte er.
    »Ja, sie hatten noch Fragen.«
    »Und worüber habt ihr gesprochen?«
    Owen lachte. »Du würdest dich wundern.«
    Er hob einen Stein auf, klopfte den Lehm ab und hielt ihn prüfend in die Höhe, wie ein Schmuckhändler, der die Facetten eines frisch geschliffenen Diamanten begutachtet. Mark sah Owen gern bei der Arbeit zu. In der freien Natur war er ein völlig anderer Mensch als in der Rangerstation mit dem kleinen Heizstrahler und dem von Papieren übersäten Schreibtisch, wo er sich nie richtig wohl zu fühlen schien.
    »Was wollten die wissen, Owen?«, insistierte Mark.
    Owen hatte Mark während der Ausbildung als Freund und Mentor begleitet. Auch in seinen ersten Wochen als Ranger war er nicht von seiner Seite gewichen. Dass der bärtige Mann in der roten Jacke immer für ihn da war, stärkte Marks Selbstvertrauen. Er hatte vor Stolz rote Ohren bekommen, wenn di‹ Leute auf der Straße seinen Kollegen wie einen alten Freund begrüßten, über seine Witze lachten und ihn mit allen möglichen Fragen bombardierten, auf die er immer höflich einging auch wenn er die Antwort nicht wusste.
    »Nichts Besonderes«, antwortete Owen. »Eigentlich wollten sie bloß von meinen Ortskenntnissen profitieren. Wie die Touristen.
    »Und was haben sie gefragt? Wann der nächste Bus nach Buxton geht? Oder welche Apotheke Nachtdienst hat?«
    Owen schmunzelte über Marks unbeholfenen Witz, eine Anspielung auf eine Begegnung mit zwei alten Damen auf einem einsamen Wanderweg am Dark-Peak-Stausee. Mark wurde es sogleich warm ums Herz. Das war schon viel besser als die abweisende Miene, mit der Owen vorhin auf seinen Anblick reagiert hatte.
    »Ob die Polizei mit mir wohl auch noch mal sprechen will?«, fragte Mark.
    »Du hast ihnen doch alles erzählt?«
    »Ich glaube schon.«
    Aber Mark hatte etwas für sich behalten. Es war schwieriger gewesen, mit den Polizisten zu reden, als er gedacht hatte. Manches konnte man einfach nicht sagen, wenn jedes Wort aufgeschrieben wurde. Es klang zu albern, zu absonderlich. So hätte er der Polizei gegenüber nie aussprechen können, dass ihn der Blick der Toten, die zwischen den Steinen lag, zu verfolgen schien. Oder dass sie so aussah, als ob sie tanzte.
    »Wir haben es hinter uns«, sagte Owen und reichte Mark einen Deckstein. »Du brauchst nicht mehr daran zu denken. Kümmere dich um deine Arbeit. Wieso sollten sie dich noch mal in die Mangel nehmen wollen?«
    Mark fing an, die Steine in einer Reihe aufzuschichten, damit Owen sie gleich einbauen konnte, wenn er mit dem unteren Teil der Mauer fertig war.
    »Weiß ich auch nicht«, antwortete er. »Ich war ja … Ich war ja noch nie in so was verwickelt.«
    »Ist schon klar, Junge. Gib mir mal die Schnur rüber.«
    Owen zog die dicken Arbeitshandschuhe aus und spannte zwischen Holzpflöcken entlang der Bresche zwei Schnüre, um die Mauer gerade auszurichten.
    »Aber die Polizisten beißen nicht. Sie machen nur ihre Arbeit, genau wie wir.«
    Owen sprach langsam und gleichmäßig. Beruhigend. Was er sagte, war eigentlich nicht wichtig, Mark empfand schon allein den Klang seiner Stimmer als wohltuend. Er hatte noch nie erlebt, dass Owen laut wurde, obwohl er oft genug Anlass dazu gehabt hätte – wenn ein Mountainbiker oder Motorradfahrer seine freundlichen Ermahnungen missachtete, wenn schlecht ausgerüstete Wanderer seinen Rat in den Wind schlugen und sich selbst und andere in Gefahr brachten oder wenn ein Farmer partout nicht mit sich reden lassen wollte. Farmer wie Warren Leach von der Ringham Edge Farm zum Beispiel. Aber Owen verlor nie die Beherrschung.
    »Keine Bange, Mark. Du sagst ihnen einfach, was du gefunden hast. Mehr brauchen sie nicht zu wissen. Solange du sie nicht überforderst, werden sie dich nicht wieder belästigen. Und wenn sie doch noch mal aufkreuzen,

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