Die schwarze Hand des Todes
dass die Westons zu ergründen versuchten, worauf sie mit ihren Fragen hinauswollte.
»Und wer hat den Einbruch gemeldet?«
»Die Nachbarn von nebenan. Sie hatten ein verdächtiges Geräusch gehört. Später sahen sie dann, dass eine Scheibe eingeschlagen war. So ist Sugden reingekommen.«
»Verstehe.«
»Er hat wie ein Vandale in dem Cottage gehaust. Gestohlen wurde kam etwas, nur ein Videorekorder, ein bisschen Kleingeld und ein paar Schmuckstücke. Das Schlimmste waren die Verwüstungen. Er hat Stühle zerschmettert, Bilder zerschlagen, Tabascosoße an die Wand gespritzt und auf den Teppich. Unbeschreiblich. Meine Frau konnte das Haus erst wieder betreten, nachdem alles renoviert war und wir die Schlösser ausgetauscht hatten.«
»Es gab keine Fingerabdrücke«, sagte Fry.
»Dann hat er sicher Handschuhe getragen. Das weiß doch heutzutage jedes Kind, dass man keine Fingerabdrücke hinterlassen darf. Aber jemand hat ihn in der Nähe des Cottage gesehen und später identifiziert. Und er hatte wohl auch Fasern von einem unserer Sessel an der Jacke. Die Indizien waren eindeutig.«
»Ich fürchte, wir müssen noch einmal auf die Frage des Motivs zu sprechen kommen. Die Familie Sugden hat Grund, Ihnen feindselig gesonnen zu sein?«
»Aha«, sagte Weston. »Dann wissen Sie also über die Geschichte Bescheid. Aber vorbestraft bin ich nicht. Ich wurde vollkommen entlastet. Trotzdem, manchen Leuten fällt es schwer, zu vergessen.«
»Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
Mr Weston zuckte hilflos mit den Schultern. »Es war ein Unfall, mehr nicht. Ein Junge wurde schwer verletzt.«
»Bei einem Schulausflug?«
»Ja. Wir waren mit einigen Klassen nach Losehill Hall gefahren. Sie kennen es sicher. Das Nationalpark-Infozentrum bei Castleton.«
Fry nickte; das war einfacher, als ihre mangelnden Ortskenntnisse zuzugeben.
»Die Sache wurde damals ziemlich aufgebauscht. Es gab eine regelrechte Hysterie. Das Bildungsministerium hat eine umfassende Untersuchung eingeleitet. Eine Zeit lang war auch die Polizei involviert, aber natürlich ist es nie zu einem Prozess gekommen.«
»Verstehe. Sie waren für die Klassen verantwortlich?«
»Ja. Aber von einer Vernachlässigung der Aufsichtspflicht konnte keine Rede sein. Es war ein Unfall, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Niemand hätte so etwas vorhersehen können. Der Junge hat sich von der Gruppe entfernt. Ich hatte jedes Kind vor der Gefahr gewarnt, und es waren auch genügend Betreuer dabei. Die Kinder wussten, dass sie auf dem Weg bleiben sollten. Aber manche hören einfach nicht zu, wenn man ihnen etwas sagt. Sie kennen keine Disziplin.«
»Daran sind ja wohl die Eltern schuld.«
Weston lächelte matt. »Versuchen Sie das mal Gavin Ferrigans Eltern beizubringen. Sie haben mich beschimpft, ja, sogar bedroht. Es kam zu einigen äußerst unerfreulichen Szenen. Ich musste mir einen Rechtsbeistand nehmen, um meine Interessen zu wahren. Ich durfte nicht zulassen, dass mir diese Leute meinen guten Ruf ruinieren und meine Autorität als stellvertretender Schuldirektor untergraben.«
»Der Junge war schwer verletzt?«
»Sehr schwer. Er hatte eine Schädelfraktur. Ich habe alles getan, was in meiner Macht stand. Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen und versucht, ihn zu wärmen, bis der Rettungshubschrauber kam. Aber er war im Bach mit dem Kopf auf einen Felsen geprallt. Fünf Tage später haben sie die Leben erhaltenden Apparate abgeschaltet.«
»Und die Empörung über Sie hat sich irgendwann wieder gelegt?«
»Ja, aber es hat gedauert. Es gab Gerede, es gab lächerliche, haltlose Vorwürfe. In der ersten Zeit war es kaum auszuhalten. Ich fühlte mich schuldig, obwohl ich nichts verbrochen hatte. Alle haben so getan, als ob es meine Schuld war. Alle.«
»Und Gavin Ferrigans Mutter ist Wayne Sugdens Schwester.«
»Genau. Sein Vater saß damals wegen Drogenhandels hinter Gittern. Aber der Rest der Familie erschien in voller Zahl bei der gerichtlichen Untersuchung zur Feststellung der Todesursache. Es war höchst unangenehm.« Weston schüttelte sich. »Ich musste mich die ganze Zeit rechtfertigen. Dabei hatte ich mir nicht das Geringste vorzuwerfen. Ich habe alles richtig gemacht. Ich habe für ihn getan, was ich konnte.«
Eric Weston begleitete Fry in die Diele. Ein paar Schritte vor der Haustür blieb er stehen und warf einen verstohlenen Blick zurück in Richtung Küche, wo seine Frau mit dem Geschirr klapperte.
»Was Gavin Ferrigans Unfall angeht …«,
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