Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
hat, irgendwie sogar bedrohlich.«
»In welcher Hinsicht?«
Er hob die Schultern. »Ihr Eindruck war, daß Asquith wohl hochintelligent war, daß er aber gleichwohl diese zusammenhängenden Szenen, die durchgehenden Charaktere, diese verwirrenden Dialoge in keinem der Stücke geschrieben haben konnte. Dafür war er viel zu, ich glaube, ihr Wort war
›verdreht‹. Sie kam zu der Überzeugung, Speke müsse der Autor gewesen sein, und ließ das ganze Projekt als gescheitert wieder fallen.«
Der Verkehr war wieder zum Erliegen gekommen. Sarah verschränkte die Arme.
»Dann hörte sie erneut von Asquith, und als sie ihm erklärte, zu welchen Schlußfolgerungen sie gekommen sei – und sie kann sehr direkt sein – , fragte er sie, ob er sie nicht einmal besuchen kommen dürfe. Und das ist der springende Punkt: Jessica hat eine panische Angst vor ihm.«
»Aber jedenfalls geht sie doch niemandem aus dem Weg.«
»Das nicht, aber sie würde alles tun, um ein erneutes Zusammentreffen mit Asquith zu vermeiden. Es hat ihr schon leidgetan, überhaupt noch einmal an ihn gedacht zu haben. Sie war richtig erfreut, mich vor ihm warnen zu können.«
Sarah versteifte sich plötzlich, und ihre Hand umklammerte den Türgriff. »Wohin fahren wir?«
Seine Stimme klang belegt. »Ich hatte Angst, es dir zu sagen.«
Bell hatte den Fiat auf der falschen Spur eingeordnet. Die Richtungsfahrbahn San Jose, die sie eigentlich hätten nehmen müssen, lag drei Spuren weiter rechts, jenseits einer langen Reihe bewegungslos wartender Lastwagen.
»Was soll das heißen, Chris?« Ihre Stimme war kalt, und Bell sank ein wenig in sich zusammen.
»Wir müssen nach Berkeley.«
Sie starrte hinüber. Es war unmöglich. Das konnte doch einfach nicht wahr sein. Sie spürte, wie die Adern in ihrem Nacken anschwollen. Sie merkte, wie sich ihr Gesicht langsam rot färbte.
»Ich habe mir was dabei gedacht«, sagte er mit dünner Stimme.
Sie vergrub die Fingernägel im Stoff ihres Rocks. Was immer sie unternahmen, sie steckten im Stau, und es würde mindestens fünfzehn Minuten dauern, bis sie die nächste Abfahrt erreichten.
»Ich wollte vorbereitet sein«, brach es aus ihm heraus, »ich möchte genau wissen, wer dieser Asquith ist, bevor ich mich mit ihm anlege.«
Er mußte ihr Schweigen mißverstanden haben.
»Du mußt mich bitte verstehen«, fuhr er fort. »Jessica sagte mir, es gebe da ein Werk von Asquith in der Bücherei, ein Pamphlet, einen Einakter. Das ist meine Chance, eine zusätzliche Recherche anzustellen, Sarah. Es ist eine Chance, ein paar Fakten über Asquith in Erfahrung zu bringen und sich ein Bild von dem Burschen zu machen.«
Sich ein Bild von dem Burschen machen, echote es in Sarahs Kopf. Sie spürte, wie sie kalt wie Stahl wurde.
Sie wußte gar nichts über Asquith. Nach allem, was sie wußte, war Maria eine nicht weniger große Gefahr. Sie wußte nur, daß sie zu Ham gehörte und daß jeder Augenblick fern von ihm eine Qual war.
Aber ihr Schweigen schien Bell zu ermutigen. »Schau mal, Sarah«, sagte er, schon mit festerer Stimme, »ich weiß, das ist praktisch schon ein Charakterfehler bei mir. Ich kann nichts dafür. Ich mag nun mal einfach nichts unternehmen, bevor ich nicht meine Hühner in Reih und Glied auf der Stange sitzen habe.«
Der Anblick gleißender Heckscheiben und blitzenden Chroms verschwammen einen Augenblick lang vor ihren Augen.
Bevor sie sich noch selbst zurückhalten konnte, war sie schon aus dem Wagen gesprungen.
33
Kaum hatte er die Wälder erreicht und hetzte durch die Schatten der alten Bäume, als Speke auch schon klar war, einen Fehler gemacht zu haben.
Die Außenwelt gehörte Asquith. Er konnte überall stecken, bewaffnet mit allem möglichen. Die Gleichförmigkeit der Örtlichkeiten gereichte ihm zum Vorteil. Die gewundenen Äste und das vielblättrige Grün sahen fast aus wie sein Werk, als sei er eine Urkraft.
Asquith hatte so magische Hände, die Schnelligkeit, die aus allem und jedem eine Waffe zu machen wußte. Die Vögel verkündeten es im Strauchwerk: Der ganze Himmel war ein Scheinwerfer, in dessen Schein Asquith spielen und jeden Augenblick genießen konnte.
In Speke meldete sich eine Stimme, die ihm sagte, geh heim.
Tu keinen einzigen Schritt mehr.
Im Gras hinter ihm erklang ein Flüstern.
Speke wirbelte herum. In der Luft hing der Geruch frisch geknickter Grashalme, und als er weiter in den Wald vordrang, schlug ihm der Duft getrockneter Kräuter und Gräser
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