Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
und erhob sich.
»Wir werden ein großartiges Team bilden.«
»Sicher«, sagte Bell, aber da war Speke nach einem weiteren festen Händedruck bereits gegangen.
Die ganze Unterhaltung, fand Bell, war ein wenig sprunghaft und krampfhaft gewesen. Das ganze Lächeln und die seltsame Fröhlichkeit. Und dann so alleingelassen zu werden, in Spekes Büro…
Irgend etwas habe ich falsch gemacht, sagte er sich selbst. Ich habe den falschen Eindruck gemacht. Spekes Fröhlichkeit war unecht gewesen, und ich habe nichts getan, um ihn sich wohler fühlen zu lassen.
Auf Zehenspitzen ging Christopher Bell in die Halle hinaus und fühlte sich wie ein Dieb. Dann mußte er über seinen eigenen Scherz lächeln. Er fühlte sich als genau das, was er war: als Journalist. Als professioneller Spion.
Beim Essen lernte Bell dann auch Maria kennen. Sie war fast noch schöner als auf den Fotografien, aber sie redete nie, außer, als es galt zuzustimmen, daß Jäger, die auf harmlose Tiere schossen, selbst erschossen werden sollten. Sie aß nicht viel von ihrer Wachtel.
Diese blasse Frau machte nicht den Eindruck, als könne sie zu einem solchen Tornado werden, daß sie Speke aus der Fassung bringen könnte. Also mußte es Spekes Arbeit sein, die ihn so mitgenommen hatte, dachte Bell. Während des ganzen Mittagessens, bei jedem Schluck Wein und jedem Schluck Espresso, sah Sarah in Christophers Richtung. Sie senkte den Blick auch nicht, wenn ihre Augen sich mit seinen trafen, und dann lächelte sie jedesmal, als teilten sie beide ein verschwörerisches Geheimnis.
Bell ertappte sich bei dem Gedanken, daß Speke nicht die einzige verwirrende Person hier war. Ich sollte über diese Frau schreiben. Was geht da hinter ihrer Stirn vor? Hatte sie gelegentlich einen Liebhaber? Was könnte sie mir über Hamilton Speke erzählen? Und – was könnte sie mir über sich selbst erzählen?
Die Damen mußten es gewohnt sein, mit Speke zu speisen –
sie vermißten jetzt seine Gesellschaft. Bell versuchte, angenehm zu plaudern, und ganz offenkundig stießen seine Geschichtchen über Filmstars und Skandale auch auf ein gewisses Interesse. Ein jeder war gutgelaunt. Grauenhaft gutgelaunt.
Der Schlüssel, so nahm er an, war Sarah. Er würde sie beiseite nehmen und ihr vorschlagen, daß er nicht in das Gästehaus einziehen werde. Er konnte wieder zurückfahren und in ein paar Tagen noch einmal kommen. Er wohnte in Beverly, nahe der Campus-Bibliothek, und es würde ihm nichts ausmachen, in ein paar Tagen, ein paar Wochen noch einmal über die Bay hierher zu fahren. Speke mußte an etwas wirklich Großem schreiben. Er durfte den Künstler nicht aus seiner Arbeit reißen.
Der Gedanke an Sarah überfiel ihn mit Macht. Er wünschte sich Gelegenheit zu einem neuerlichen Gespräch mit ihr. Er wollte ihre kühlen Augen auf den seinen spüren. Er hatte schon einmal so für eine Frau empfunden, aber um Sarah lag etwas wie eine geheimnisvolle Kraft.
Sie wußte um viele Dinge. Sie wußte Sachen über Speke und über die Welt. Und, das fühlte er, sie wußte Dinge über ihn, Christopher, ohne ihn auch nur danach zu fragen. Sie gehörte zu den Menschen, denen nichts entging.
Und Bell fühlte sich so unsicher wie schon seit Jahren nicht mehr.
Spekes Hand hatte sich bei ihrem Händedruck kalt angefühlt.
Und Bell erinnerte sich wieder, wann er schon einmal einen so kalten Händedruck verspürt hatte: Als Teenager hatte er am Begräbnis eines Freundes teilgenommen. Ein Aneurysma hatte dem Leben des jungen Tennisstars ein Ende gesetzt, und mit dem Wagemut des Teenagers hatte er die Hand des Freundes im Sarg berührt, und sie war kalt gewesen, kälter als kalt, unbeweglich und starr.
Genauso kalt war Spekes Hand gewesen.
Sarah kehrte in ihr Büro zurück. Es war ein kleines Geviert mit einer Tür nach draußen, durch die sie oft den Spatzen und den immer zutraulicher werdenden Eichhörnchen Brotkrümel hinwarf.
Sie nahm eine Schachtel Salzstangen, öffnete die Tür und machte schnalzende Laute. Fünf Spatzen schwirrten heran und ließen sich im Gras nieder, obwohl es Nachmittag war und die meisten von ihnen noch Augenblicke zuvor geschlafen haben mußten. Sarah zerrieb die Cracker in der Hand und verteilte die Krümel wie der Landmann das Saatgut.
Der Lunch war schrecklich gewesen. Maria war stets schwer zu durchschauen, charmant zu Männern und distanziert Frauen gegenüber. Bell, der Mann, der Spekes Memoiren schreiben sollte, hatte Augen, die zuviel sahen. Aber
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