Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
Francisco einen Besuch abgestattet hatte.
Sie war Sklavin des Telefons und des Terminkalenders gewesen. Dies war wie eine Rückkehr ins Leben. In einem Cafe mit einer grünen Markise aßen sie ein Croissant und schlürften genüßlich Mokka, während er ihr erzählte, was er herauszufinden suchte.
»Das ist zum Teil auch nur eine Entschuldigung, um dem Landsitz für eine Weile mit dir zusammen zu entfliehen«, sagte er.
Warum fühlte sie sich einen Augenblick lang – enttäuscht?
Dieser Mann war schließlich Journalist. Aber sie konnte sehen, daß er einer von jenen Leuten war – und das waren in der Mehrzahl Männer –, die nicht gern Zeit verloren. Vielleicht war er überhaupt nicht romantisch veranlagt. »Aber du hast einen anderen Grund, aus Live Oak zu fliehen.«
Einen Augenblick lang sah er in seinen Kaffee hinunter wie ein Mann, der Notizen sortiert. »Es gibt zu vieles, was wir nicht wissen.« Er brauchte nicht ›über Hamilton Speke‹
hinzuzufügen, oder ›über Maria‹.
Sarah traute dem eigenen Urteilsvermögen. In all den Jahren, in denen sie Spekes Bücher geführt und seine Fan-Post bearbeitet hatte, hatte sie gelernt, ihrem eigenen Spürsinn zu trauen. Offenbar hatte sie viel vom Sinn ihrer Mutter für die verborgenen Dinge geerbt.
»Eines weiß ich über Ham – diese Maria hat sein Leben verändert«, sagte Sarah. »An dem Tag, als er sie kennenlernte, damals, als er allein aus der Galerie heimkehrte, hat er bis Mitternacht gesungen, alte Platten gespielt, getanzt und Clara und mir von der wundervollen Künstlerin vorgeschwärmt, die er kennengelernt hatte. Ich konnte seine alten Platten hören, als ich zu Bett ging. Fats Waller tönte laut genug durch die Bäume. Sie hat sein Leben verändert.« So wie sie das meine ändern kann, dachte sie. »Seit Monaten hat er keinen Vollrausch mehr gehabt.« Meine eigene Sucht, erinnerte sie sich, ist die Arbeit und eine Art spröder Einsamkeit.
»Hattest du Ressentiments gegen Maria?«
»Möglich. Aber ich glaube, ich war glücklich für Ham. Er war so voller Leben.«
»Du bist entweder ein besonders guter Mensch«, sagte Bell,
»oder die oberflächlichste Frau, der ich je begegnet bin.«
»Warum nicht beides?« Weil es ja stimmte: Ihr betont unterkühltes Auftreten verursachte gelegentlich Verwirrung und manchmal auch, wenn auch selten, sogar Leidenschaft. Sie wußte, sie konnte beides: ein Geheimnis bewahren und lügen.
»Weil ich dir vertraue«, sagte er. »Und ich hoffe nur, ich behalte recht.«
Sie berührte seine Hand.
Doch selbst da noch dachte sie: Ham würde es hier gefallen.
Er würde es genießen, die Leute zu beobachten, wie sie geschäftig hin und her eilten. Sie wollte über sich selbst lachen. Wie dumm sie doch war, immerzu an einen Mann zu denken, den sie doch Tag für Tag sah. Was stimmte eigentlich nicht mit ihr?
Maiden Lane mit seinen Galerien und Juwelieren war nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Sie blieben an einem Kübel mit Begonien stehen. Die Straße war voller Leben und einem Charme, der die Leute mit Geld veranlassen sollte, sich beschwingt zu fühlen, ein Zustand, in dem sie am ehesten geneigt sein mochten, ihre Geldbörse zu öffnen.
Auf der Messingtafel stand ›bitte läuten‹, und Bell drückte den Klingelknopf, um sich kurz darauf der elektronischen Stimme als Christopher Bell, ›der Schreiberling‹ vorzustellen.
»Ich habe Sie heute morgen schon einmal angerufen.«
Das Schloß gab ein wenig einladendes Brummen von sich, und sie stiegen eine mit Teppichen ausgelegte Treppenflucht hinauf.
Sarah spürte Abwehr in sich hochsteigen. Sie wußte auch nicht warum. Sie war nie scheu gewesen und stets souverän im Umgang mit Menschen, die sie nicht kannte. Ein Gedanke ging ihr durch den Kopf, immer wieder: Verlaß diesen Ort. Geh keinen Schritt weiter.
Du willst die Wahrheit nicht wissen.
»Ich bin so froh, Sie kennenzulernen, Mr. Bell«, sagte die Frau in Schwarz. »Mein Name ist Erika Spyri. Dies ist meine Galerie.« Sie streifte Sarah mit einem kurzen Blick, aber Sarah trug ihr abgeklärtetes Gesicht zur Schau. Im Moment gab es kein Händeschütteln, und keiner von ihnen lächelte. »Ich schätze mich glücklich, einen so berühmten Journalisten bei mir zu sehen, Mr. Bell. Etliche Ihrer kürzlichen Fernseh- und Theaterkritiken fand ich fast schon brillant.«
Bell erzählte ihr, daß er momentan auf Live Oak lebte, um dort Hamilton Spekes Biographie zu schreiben, und das ist Hamilton Spekes
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