Die Schwarze Katze Von La Guadana: Horror-Roman ; ["Ein Meisterwerk Des Poetischen Horrors"]
unglücklich«, sagte sie in einem Ton, der halb Frage war.
Seine arme Schwester. So besorgt, was er wohl tun würde.
»Es geht alles sehr gut. Ich bin so stolz auf dich, meine kleine Schauspielerin. Du könntest eine großartige Ophelia sein.« Sie mied seinen Blick. »Du wirst nicht ernstlich jemandem weh tun, nicht wahr?«
Aus lauter Liebe, dachte Asquith. Nur aus Liebe, der loyalen Leidenschaft, die er für beide empfand, selbst für den Mann, den er nicht einmal kannte, den Hengst der Stute namens Sarah Warren, diesen Journalisten. Selbst er bewegte noch etwas ganz tief in Asquiths Seele.
Er ließ seine Stimme schnurren. »Alle diese Monate lang haben wir auf diese Freude hin gearbeitet, und du mußt immer noch fragen.«
»Du bist dabei, dich zu verändern.«
»Von was zu was?«
»In einer Hinsicht ist es wundervoll, Timothy. Du wirst wieder der, der du einst warst. Als du glücklich warst.«
»Oh, glücklich.« Vorsichtig drückte er die Zigarette aus und wartete, daß sie eines der Oberlichter öffnete, um den Rauch abziehen zu lassen. »Ja, ich erinnere mich wieder, wie es war, glücklich zu sein.«
Sie wischte sorgsam den Aschenbecher aus. »Ich wollte mich nur vergewissern, daß du nicht hinter dein gegebenes Wort zurückgehst.«
»Nein«, sagte er und genoß die eigene Lüge. »Natürlich nicht. Ich werde keinem von ihnen etwas antun.«
»Er ist wirklich kein schlechter Bursche.« Sie wollte noch mehr sagen, ließ es aber, denn er wandte sich ihr zu. Im Studio hing der strenge Geruch von Kiefernholz und mischte sich mit den Gerüchen ihrer Farben. Er hatte das Gefühl, als engten die Wände ihn ein, als behinderten sie seine freie Beweglichkeit.
Er saß da und schlürfte die Suppe, die sie ihm auf der Kochplatte bereitet hatte, aber er vermißte sein kleines Camp neben der Quelle.
»Ich weiß, er war unfair zu dir«, setzte sie hinzu.
»Schlimmer, als du dir vorstellen kannst«, zischte er. War er wirklich so unfair gewesen, fragte Asquith sich. Hatte Speke ihm wirklich die Substanz seines Lebens gestohlen? Es unterlag ja keinem Zweifel, daß Speke bis spät in die Nacht hinein getippt hatte, während der Küchentisch mit Papieren übersät gewesen war, aber stets war er glücklich gewesen, wenn er aufhören und einer von Asquiths Geschichten hatte zuhören können oder Zeuge werden konnte, wie er eine improvisierte Version von Turandot zum besten gab. Warum mußte eine so schöne Oper nur so schwerfällig sein? In einem solchen Augenblick konnte Asquith sich zwar die Einzelheiten nicht mehr ins Gedächtnis zurückrufen, aber seine neue Version der Oper war eine erstaunliche Verbesserung des Originals. Speke hatte gelauscht und zustimmend gelacht und war dann fortgefahren, mit zwei Fingern kraftvoll bis zur Morgendämmerung auf die Tasten zu hämmern, daß die Maschine ständig über den Tisch hin und her wanderte und mehr als einmal nahe davor gewesen war, von der Platte herunterzufallen.
Vielleicht war es aus kosmischer Sicht unerheblich, wieviel von Spekes Werk er inspiriert hatte. Was machte es schon aus, wieviel von der Rolle des Hamlet nun von Shakespeare geschrieben und wieviel vielleicht von einem Assistenten oder Kollegen oder auch nur von einem Schauspieler aus der Erinnerung heraus falsch zitiert worden war? Ein Schauspieler kann sehr wohl einmal eine Stelle improvisieren, wie Asquith nur zu genau wußte, und im übrigen gibt es da beim Schreiben jenen anderen Faktor, das Eigenleben des Werkes, den Einfluß des Mannes auf das Werk, der den Hamlet zum zweiundachtzigsten Mal spielt und der ein klein wenig deftiger über das Sujet denkt als der Dichter, selbst wenn ein bestimmter Halbsatz jedesmal im Donnern des Applauses untergeht und allmählich vergessen wird.
Aber Asquith fühlte sich nicht in der Lage, einen solch übergeordneten Standpunkt einzunehmen. Dies war ein Sumpf ohne Ausweg, der selbst den Jagdhunden nur Tod bringen konnte.
»Ich weiß, er hätte es verdient zu leiden«, fuhr sie fort.
»Du hast angefangen, ihn zu mögen, oder nicht? Nun gib es schon zu. Jedermann liebt Hamilton Speke. Tiere, Kinder – die Welt wurde doch eigens für Speke und seinesgleichen geschaffen.«
Ihre Stimme klang unsicher. »Er war immer gut zu mir.«
»Natürlich war er das.«
Natürlich war Speke gut, gut wie der Regen, gut wie der warme Sommerwind. Solche Vitalität konnte doch nur Bewunderung auslösen. Und Neid.
Asquith würde zu gegebener Zeit über diesen Landsitz herrschen.
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