Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
Diane.
»Oh, okay«, sagte er und ging zurück ans Steuer.
Diane fragte sich, ob Kingsley schwimmen konnte. Wenn sie sich befreite, könnte sie vielleicht zurückschwimmen und Hilfe holen, aber mit gebundenen Händen war sie zur Untätigkeit verdammt. Sie schaute ihn an. Er sah wirklich krank aus. Sie versuchte, mit den Zähnen den Knoten zu öffnen. Sie hatte es fast geschafft, als sie den Jungen zurückkommen sah.
»Wir docken gleich an. Es wird einen kleinen Ruck geben, das ist alles.« Er grinste sie an. »Wie geht es Ihnen dort hinten?«
»Ausgezeichnet«, sagte sie.
In diesem Moment fühlte sie einen kleinen Stoß, und er rannte nach vorne, um die Fähre am Ufer zu sichern. Diane versuchte in aller Eile, ihre Hände vollends zu befreien, aber der Junge war schneller als sie. Er stieg in den Van, ging zu Diane hinüber und hielt ihr seine Pistole an die Schläfe.
»Ich möchte keine Probleme haben. Keine«, sagte er in überraschend ruhigem Ton. »Sie verstehen mich doch, oder?«
»Ja«, flüsterte Diane. Ihre Stimme zitterte, als sie sprach, und er lachte.
»Gut. Sonst erschieße ich Sie.« Er drückte ihr die Mündung seiner Pistole so heftig an die Schläfe, dass sie vor Schmerz zusammenzuckte. »Sie wissen, dass ich das tue.«
Er schlug Kingsley mit der Faust auf die Schulter und setzte sich wieder auf den Fahrersitz. Kingsley schrie laut auf. Diane konnte die Augen des Jungen im Rückspiegel sehen. Er schien sich gut zu amüsieren.
»Leicht zurückgeblieben, der Junge«, flüsterte Kingsley. »Ich glaube, in seinem ganzen Leben ist er nie weiter als bis Rosewood gekommen. Gott, das hat weh getan. Verdammter kleiner Bastard.«
Diane schaute durch die Windschutzscheibe, als sie eine kurvige Schotterstraße entlangfuhren. Als das Haus in Sicht kam, war sie wirklich überrascht. Sie hatte ein heruntergekommenes, halb verfallenes, efeuüberwuchertes Herrenhaus erwartet, das von riesigen, alten Bäumen überragt wurde. Was sie jetzt sah, war dagegen wunderschön. Die gewundene gepflasterte Auffahrt führte zu einem großen, frisch gestrichenen, neoklassizistischen Gebäude mit hohen weißen Säulen. Im Vorgarten blühten zahllose Rosen, Lilien und Iris. Vor dem Eingang parkte ein schwarzer Jaguar.
Der Junge nahm einen Nebenweg zur Rückseite des Hauses und hielt vor einem niedrigen Bruchsteinhaus an, das direkt aus Emily Brontës Roman Sturmhöhe hätte stammen können.
»Hier sind wir. Ist zwar nicht gerade gemütlich, aber wen kümmert’s«, sagte er lachend. »Sie können jetzt beide Ihre Füße losbinden.«
Diane tat so, als ob ihr das große Schwierigkeiten bereiten würde, bevor sie mit viel Getue auch Kingsleys Fußfesseln entfernte. Bobby Banks gab allerdings kaum auf sie acht. Er schaute ständig zum großen Gebäude hinüber, als ob ihn dort etwas beunruhigen würde. Als ihre Füße frei waren, führte er sie zu dem Bruchsteinhaus, ließ sie eintreten und schloss sie dann im Dunkeln ein.
Durch die Spalten zwischen den Brettern, mit denen man das Fenster vernagelt hatte, drang nur wenig Licht. Diane rüttelte an der Tür, aber sie war von außen verschlossen.
»Machen Sie Ihre Handfesseln noch nicht ab«, sagte sie. »Wir sollten damit warten, bis wir wissen, wie wir von hier entkommen können.«
»Ich habe meine fünf Sinne noch beieinander«, sagte Kingsley. Diane hatte allerdings nicht das Gefühl, dass er ihr die Bemerkung übelgenommen hatte.
Sie untersuchten die Fenster. Die Bretter waren fest vernagelt. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit. Leider war es kein Geräteschuppen. Es sah eher aus wie das Schlafzimmer aus einem alten Wildwestfilm. In der Mitte stand ein Doppelbett mit einer grauen Wolldecke. Die Möbel waren roh gezimmert. Man hätte es für eine Art ländliches Einzimmer-Ferienhaus ohne Badezimmer halten können.
»Was ist das, ein Haus, in dem Kinder spielen können?«, sagte Diane.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Kingsley.
»Warum legen Sie sich nicht aufs Bett?«, sagte Diane.
»Wir müssen hier raus«, sagte er.
»Ja, aber Sie brauchen erst ein bisschen Ruhe. Außerdem wäre es gut, wenn die Sie für kränker hielten, als Sie es tatsächlich sind«, sagte sie. »Wenn jemand kommt, sollte er Sie im Bett vorfinden.«
Diane führte ihn zum Bett und half ihm, sich hinzulegen. Als sie gerade fertig waren, hörten sie draußen Stimmen näher kommen. Sie holte ihr Handy aus der Tasche. Immer noch kein Empfang, wie sie vermutet hatte. Sie ließ
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