Die schwarze Witwe: Thriller (German Edition)
tatsächlich besser.« Er rieb sich die Handgelenke.
»Wie können wir einen Keil zwischen sie treiben?«, fragte Diane. »Jacobs meinte, sie seien wahrscheinlich unzertrennlich.«
»Bis zu einem gewissen Grad hat er recht. Der Schlüssel könnte bei dem Jungen liegen. Wie alt ist er wohl, achtzehn oder neunzehn, mit dem Geist eines Dreizehnjährigen? Ich wette, er wurde geboren, als Clymene schon nicht mehr da war. Ich weiß nicht, wie seine Mutter in diese Sache hineinpasst, wenn sie denn überhaupt noch lebt, aber er hat jetzt ja auch Rose geholt. Sie scheint für ihn eine Art Ersatzmutter zu sein. Ich glaube, sie betrachtet ihn ebenfalls eher als ihren Sohn als ihren Bruder. Ich nehme an, Rose und Lily haben ihn aufgezogen. Wann kam Clymene in ihr Leben zurück? Wir wissen es nicht, aber ihre beiden Schwestern hatten zuvor bereits eine enge Verbindung zu ihm aufgebaut. Für Clymene ist er dagegen einfach nur ein junger Mann. Das sind natürlich alles nur Vermutungen.«
»Die aber recht schlüssig klingen … Aber wie können wir uns das nutzbar machen?«, fragte Diane.
»Ich weiß es nicht. Wir müssen einfach die Gelegenheit ergreifen, wenn sie sich uns bietet. Wir wissen, dass er diese Sache hier ziemlich verbockt hat, und er hatte sichtlich Angst, dass ›sie‹ wütend auf ihn sein könnte. ›Sie‹ kann eigentlich nur Clymene sein. Sie hat die ganze Sache so gut geplant, und dann kommt dieser kleine Scheißer und macht einen solchen Fehler. Rose war zumindest besorgt genug, Joey zu sagen, dass sie es Clymene erzählen würde. Wenn wir Clymene dazu bringen könnten, ihn anzugreifen, so dass ihre Schwestern ihn verteidigen müssten, könnten wir sie vielleicht so weit auseinanderbringen, dass sie Clymene opfern, um sich selbst und den Jungen zu retten. Das ist allerdings nur so ein Gedanke von mir.«
Kingsley hörte zu reden auf. Sie glaubte, er sei eingeschlafen. Sie durchsuchte den ganzen Raum, öffnete alle Schubladen und leuchtete mit der Lampe hinein. Vielleicht hatte sich doch irgendwo eine Nagelfeile in einer Fuge verklemmt. Aber alle Schubladen waren leer. Nichts.
Diane setzte sich auf die einzige Sitzgelegenheit im gesamten Raum, einen einfachen ungepolsterten Holzstuhl. Er quietschte, als sie sich auf ihm niederließ. Sie hatte wegen Kingsley ein schlechtes Gewissen. Wenn sie Joey nicht angegriffen hätte, hätte der vielleicht nicht auf ihn geschossen. Sie war ungeschickt und zu langsam gewesen und hatte unüberlegt gehandelt. Das Einzige, was sie jetzt noch tun konnte, war, ihn hier herauszubringen.
Sie leuchtete mit der Lampe alle Ecken des Zimmers aus. Sie schaute unter das Bett. Der Holzboden war im Laufe der Jahre dunkel geworden. Sie suchte den ganzen Raum nach etwas ab, das jemand verloren haben könnte, und sie horchte, ob sie irgendwelche quietschenden Bodenbretter entdeckte. Die meisten quietschten tatsächlich, aber keines von ihnen war lose. Dann ging sie auf der Suche nach losen Steinen die Wände entlang. Auch hier wurde sie nicht fündig. Sie rüttelte am Stuhl, um herauszufinden, ob er sich auseinandernehmen ließ. Dann könnte sie vielleicht ein Stuhlbein als Werkzeug oder Waffe benutzen.
»Glauben Sie nicht, dass Sie auch etwas Ruhe brauchen?«, klang es plötzlich vom Bett herüber.
»Ich muss uns hier herausbringen«, sagte sie.
»Das war nicht Ihr Fehler. Wenn überhaupt, war es meiner«, sagte Kingsley.
Diane stellte den Stuhl neben das Bett und setzte sich. »Wer immer daran schuld ist, wir müssen hier raus.«
»Sie haben den Marshals damals erzählt, dass sie, in die Ecke getrieben, für den Moment aufgeben würde, um hinterher auf eine neue Chance zu warten. Glauben Sie das immer noch?«
»Ja. Allerdings gebe ich zu, dass ich mir nicht mehr ganz so sicher bin, seitdem sie uns in ihren Fängen hat«, sagte er. Sie ergriff seine Hand. Er hatte immer noch Fieber.
»Meine Frau erwartet, dass ich mich melde. Ich bin mir sicher, dass auch Frank erwartet, dass Sie sich bei ihm melden. Ich weiß nicht, wie das mit Frank ist, aber wenn meine Frau glaubt, dass etwas nicht stimmt, wird sie so lange das FBI beharken, bis die etwas unternehmen. Einige Leute, unter anderem die Marshals, wissen, dass wir Carley Volker besuchen wollten. Die Volkers werden ihnen erzählen, dass ihre Großmutter uns den Weg zu dieser Insel erklärt hat. Wenn wir lange genug am Leben bleiben, werden wir auch gerettet. Am besten sollten Sie sich jetzt auch ein wenig hinlegen. Mir geht es gut.
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