Die schwarzen Juwelen 01 - Dunkelheit
hinzu: Katrine, Sceron und Chaosti.
Nachdem er das Pergament wieder sicher verwahrt und weggesperrt hatte, lehnte Saetan sich in dem Sessel zurück und massierte sich die Schläfen. Die Liste beunruhigte ihn, da er nicht wusste, was sie zu bedeuten hatte. Es waren Kinder, ja. Freunde, gewiss. Aber alle aus Kaeleer. Sie musste jedes Mal stundenlang fort sein, um derartige Entfernungen zurückzulegen, selbst mit dem schwarzen Wind. Was dachte ihre Familie über ihr regelmäßiges Verschwinden? Sie sprach nie von Chaillot, ihrem Zuhause, ihrer Familie. Außerdem wich sie jeder Frage aus, die er diesbezüglich stellte, wie auch immer er sie formulierte. Wovor hatte sie Angst?
Lange Zeit starrte Saetan ins Leere, dann versandte er einen Gedanken einen schwarzgrauen Faden entlang, von Mann zu Mann.
*Unterrichte sie gut, Andulvar. Unterrichte sie gut.*
5Hölle
S aetan verließ das kleine Apartment, das an sein privates Arbeitszimmer grenzte, wobei er sich die Haare energisch mit einem Handtuch trocknete. Als er die Tür zum Arbeitszimmer anstarrte, wurde die Falte zwischen seinen Brauen merklich tiefer.
Harpyien hinterließen eine unverkennbare mentale Signatur und diese Harpyie, die geduldig darauf wartete, dass er von ihrer Anwesenheit Notiz nahm, verursachte ihm Unbehagen.
Er kehrte in sein Schlafzimmer zurück und kleidete sich rasch, aber sorgfältig an. Sobald er hinter dem Ebenholzschreibtisch saß, öffnete er die physischen und mentalen Schlösser an der Tür und wartete.
Ihr leiser, schwebender Gang brachte sie schnell an den Schreibtisch. Es war eine schlanke Frau mit heller Haut, übergroßen blauen Augen, leicht spitzen Ohren und langem, silberblondem Haar. Sie trug eine waldgrüne Tunika mit einer dazu passenden Hose, einen braunen Ledergürtel und weiche Stiefel, die bis zu den Waden reichten. An dem Gürtel hing eine leere Messerscheide. Sie trug keinerlei Juwelen und die Wunde an ihrem Hals belegte, wie sie gestorben war. Sie musterte ihn genauso, wie er sie betrachtete.
Die Spannung im Zimmer stieg.
Harpyien waren Hexen, die von der Hand eines Mannes den Tod gefunden hatten. Gleichgültig, aus welchem Volk sie ursprünglich stammten, sie waren launischer und gerissener als andere dämonentote Hexen und verließen nur selten ihr Territorium – ein Territorium, in das sich nicht einmal dämonentote Männer wagten. Dennoch war sie hier, aus eigenem Antrieb. Eine Schwarze Witwe und Königin aus dem Volk der Dea al Mon.
»Bitte nimm Platz, Lady«, sagte Saetan, indem er mit einem Kopfnicken auf den Sessel vor dem Schreibtisch deutete. Ohne den Blick von ihm abzuwenden, ließ sie sich anmutig in den Sessel gleiten. »Dienst du ihr?«
Saetan gab sich Mühe, das Zittern zu unterdrücken, das ihre Worte in ihm auslösten, doch sie spürte es und lächelte. Jenes Lächeln brachte seine Wut zum Überkochen. »Ich bin der Höllenfürst, Hexe, und diene niemandem.«
Ihre Miene blieb unverändert, doch ihre Augen bekamen
einen eiskalten Schimmer. »Die Hohepriesterin der Hölle stellt Fragen. Das ist nicht gut. Deshalb frage ich dich noch einmal, Höllenfürst , dienst du ihr?«
»Die Hölle hat keine Hohepriesterin.«
Sie stieß ein grimmiges Lachen aus. »Dann hat niemand Hekatah von dieser unbedeutenden Einzelheit in Kenntnis gesetzt. Wenn du ihr nicht dienst, bist du Freund oder Feind?«
Saetans Lippen kräuselten sich, als er die Zähne fletschte. »Ich diene Hekatah nicht und obwohl wir einst miteinander verheiratet waren, bezweifle ich, dass sie mich als Freund bezeichnen würde.«
Die Harpyie betrachtete ihn mit Abscheu. »Sie ist lediglich von Bedeutung, weil sie sich einzumischen droht. Das Kind, Höllenfürst. Dienst du dem Kind? Bist du Freund oder Feind?«
»Welches Kind?« Ein eiskalter Dolch bohrte sich in seine Magengrube.
Wutentbrannt sprang die Harpyie von dem Sessel auf und machte eine schnelle Runde durch das Zimmer. Als sie zum Schreibtisch zurückkehrte, strich ihre Hand wiederholt über die Messerscheide, als suche sie nach der Waffe, die sich nicht dort befand.
»Setz dich.« Als sie sich nicht rührte, donnerte er: »Setz dich!« Die Geschehnisse der letzten Zeit hatten Hekatah misstrauisch werden lassen und Gerüchte über eine fremde Hexe, die immer wieder im Dunklen Reich auftauchte, um dann spurlos zu verschwinden, hatten ihr Interesse noch verstärkt. Er hatte keinerlei Kontrolle darüber, wohin Jaenelle sich begab und wen sie traf. Wenn die Harpyien von ihr wussten,
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