Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
nun war der Vorhang zurückgezogen worden, hatte sich ein Stück geöffnet, und er hatte einen Blick auf die dunkle Macht geworfen, wirklich dunkle Macht.
Saetan ist das Einzige, was zwischen euch und ihr steht.
Das Mädchen musste beim Höllenfürsten bleiben, dachte Magstrom, während die Kutsche durch Halaway in Richtung des Landenetzes fuhr, von dem aus sie auf die Winde aufspringen und nach Hause reisen würden. Um ihrer aller willen musste sie bei Saetan bleiben.
Saetan erwachte allmählich, als sich jemand auf das Ende seines Bettes setzte. Ächzend stützte er sich auf einen Ellbogen und stellte die Petroleumlampe auf dem Nachttisch so ein, dass ihr Schein das Zimmer gerade eben schwach erleuchtete.
Jaenelle saß im Schneidersitz auf dem Bett. Ihr Blick war gehetzt, das Gesicht abgehärmt und bleich. Sie reichte ihm ein Glas. »Trink. Es wird dir helfen, deine Nerven zu beruhigen. «
Er nahm einen Schluck und dann noch einen. Das Gebräu schmeckte nach Mondlicht und kühlem Wasser. »Es ist wunderbar, Hexenkind. Du solltest selbst ein Glas trinken.«
»Ich hatte schon zwei.« Sie versuchte ein Lächeln, ohne dass es ihr ganz gelingen wollte. Anschließend strich sie sich durchs Haar und nagte an der Unterlippe. »Saetan, mir gefällt nicht, was heute passiert ist. Mir gefällt nicht, was … heute beinahe passiert wäre.«
Er leerte das Glas, stellte es auf dem Nachttisch ab und griff nach ihrer Hand. »Das freut mich. Jemanden zu töten sollte einem nie leicht fallen, Hexenkind. Es sollte eine Narbe auf deiner Seele hinterlassen. Manchmal lässt es sich nicht umgehen. Manchmal haben wir keine andere Wahl. Doch wenn es eine Alternative gibt, sollten wir sie immer ergreifen. «
»Sie waren hierher gekommen, um dich zu verurteilen, um dir wehzutun. Dazu hatten sie kein Recht.«
»Ich bin schon zuvor von Narren beleidigt worden und habe es überlebt.«
Selbst bei der schwachen Beleuchtung konnte er sehen, wie ihre Augen sich veränderten.
»Nur weil er Worte benutzte und kein Messer, kannst du seinen Angriff nicht einfach abtun, Saetan. Er hat dich verletzt. «
»Natürlich hat er mich verletzt«, erwiderte Saetan unwirsch. »Beschuldigt zu werden …« Er schloss die Augen und drückte ihre Hand. »Ich dulde Narren nicht, Jaenelle, aber ich bringe sie auch nicht um, bloß weil sie Narren sind. Ich halte
sie lediglich aus meinem Leben fern.« Er setzte sich auf und griff nach ihrer anderen Hand. »Ich bin dein Schwert und dein Schild, Lady. Du musst niemanden töten.«
Hexe betrachtete ihn mit ihren uralten, gehetzten Saphiraugen. »Du nimmst Narben auf deiner Seele in Kauf, damit meine unberührt bleibt?«
»Alles hat seinen Preis«, sagte er leise. »Diese Art Narben gehören dazu, wenn man ein Kriegerprinz ist. Du stehst an einem Scheideweg, Hexenkind. Du kannst deine Macht benutzen, um zu heilen oder zu verletzen. Die Wahl liegt bei dir.«
»Kann ich nur das eine oder das andere tun?«
Er küsste ihre Hand. »Nicht immer. Wie ich schon sagte, ist es manchmal notwendig, zu töten. Aber ich glaube, dass du dich eher zum Heilen eignest. Das ist der Weg, den ich für dich wählen würde.«
Jaenelle strich sich durchs Haar. »Tja, also ich stelle tatsächlich gerne Heiltränke her.«
»Das ist mir nicht entgangen«, erwiderte er trocken.
Sie lachte, doch ihre Heiterkeit hielt nicht lange an. »Was wird der Dunkle Rat unternehmen?«
Er lehnte sich in die Kissen zurück. »Es gibt nichts, was sie tun könnten. Ich werde es nicht zulassen, dass sie dich deiner Familie und deinen Freunden entreißen.«
Sie küsste ihn auf die Wange. Dann verließ sie sein Schlafgemach mit den Worten: »Und ich werde es nicht zulassen, dass sie deiner Seele noch mehr Narben zufügen.«
2 Kaeleer
E r hatte es erwartet, sich sogar darauf vorbereitet. Dennoch tat es weh.
Schweigend stand Jaenelle mit sittsam verschränkten Fingern im Bittstellerkreis, den Blick unverwandt auf das Wappen gerichtet, das in die Vorderseite der Ebenholzbank geschnitzt
war, auf der die Tribune saßen. Sie trug ein Kleid, das sie sich von einer ihrer Freundinnen ausgeliehen hatte, und ihr Haar war zu einem festen, ordentlichen Zopf geflochten.
Saetan, der wusste, dass der Rat jede seiner Bewegungen beobachtete, starrte ins Leere und wartete ab, bis das Tribunal sein boshaftes kleines Spiel begann.
Er hatte die Entscheidung des Rates vorhergesehen; also hatte er niemandem außer Andulvar erlaubt, sie zu begleiten. Andulvar konnte auf
Weitere Kostenlose Bücher