Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
mit beängstigender Geschwindigkeit auf ihn zugestürzt, hüllte ihn in einen schwarzen Nebel und brachte ihn zum roten Juwel empor, bevor sie selbst umkehrte und in die schützende Geborgenheit des Abgrunds zurückglitt.
Schweigen.
Stille.
Sein Kopf pochte gnadenlos. Seine Zunge schmerzte, und sein Mund war voller Blut. Er fühlte sich zu zerbrechlich, um sich zu bewegen. Doch sein Geist war noch intakt.
Sie liebte ihn und würde ihm niemals vorsätzlich wehtun. Sie liebte ihn.
Wie ein warmer Mantel legte sich dieser eine Gedanke über Saetans angeschlagenen Geist und seinen geschundenen Körper. Dann gab sich der Höllenfürst dem Vergessen hin.
Lord Magstrom erwachte, als ihm jemand einen nicht allzu sanften Klaps auf die Wange versetzte. Nachdem er einige Mal geblinzelt hatte, klärte sich sein Blick, und er machte dunkle Flügel und ein strenges Gesicht aus.
»Trink«, fuhr der Eyrier ihn an und drückte ihm ein Glas in die Hand. Die Fäuste in die Hüften gestemmt, trat er einen
Schritt zurück. »Dein Begleiter kommt auch gerade wieder zu sich. Er kann von Glück sagen, dass er überhaupt noch unter den Lebenden weilt.«
Dankbar trank Magstrom und sah sich um. Abgesehen von den Sesseln, in denen er und Friall saßen, war das Zimmer leer. Die bemalten Wandschirme waren verschwunden. Die Möbelstücke auf der anderen Seite des Raums lagen umgestürzt auf dem Boden, waren aber ansonsten unbeschadet geblieben. Ohne die schwarzen Spuren an den elfenbeinfarbenen Wänden, die aussahen, als hätte der Blitz eingeschlagen, hätte er auf den Gedanken kommen können, dass er lediglich eine Halluzination gehabt hatte.
Er hatte von Andulvar Yaslana, dem Dämonenprinzen, gehört. Auch war ihm klar, dass es nur an seiner eigenen Todesangst lag, dass er zittrigen Trost in der Tatsache fand, dass ein Dämon mit schwarzgrauem Juwel vor ihm stand. »Was ist mit dem Höllenfürsten?«, fragte er.
Andulvar starrte ihn an. »Beinahe hätte er Schwarz zerstört, um eure Haut zu retten. Er ist erschöpft, aber ein paar Tage Ruhe werden ihn wiederherstellen.« Dann schnaubte er verächtlich. »Abgesehen davon hat das Gör jetzt erneut einen Grund, ihn mit einem ihrer Stärkungstränke zu quälen. Und das dürfte sie, der Dunkelheit sei Dank, davon ablenken, was hier vorgefallen ist.«
»Was ist hier vorgefallen?«
Andulvar wies mit einer Kopfbewegung auf Friall. Beale war damit beschäftigt, ihm Riechsalz unter die Nase zu halten, doch die Miene des Butlers schien darauf hinzudeuten, dass er den Gast stattdessen am liebsten in hohem Bogen aus der Burg geworfen hätte. »Er hat ihren Zorn erregt. Kein sehr kluger Schachzug.«
»Dann ist sie also labil? Gefährlich?«
Langsam breitete Andulvar seine dunklen Schwingen aus. Nun wirkte er riesengroß. Und in seinen goldenen Augen war nicht die geringste Spur von Anteilnahme zu lesen, nur eine unausgesprochene Drohung.
»Wir alle sind gefährlich, Lord Magstrom, einzig und allein
aus dem Grund, dass wir Angehörige des Blutes sind«, knurrte Andulvar leise. »Sie gehört zur Familie, und wir gehören zu ihr. Das solltet ihr niemals vergessen.« Er legte die Flügel wieder an und kauerte sich neben Magstroms Sessel nieder. »Aber um bei der Wahrheit zu bleiben: Saetan ist das Einzige, was zwischen euch und ihr steht. Auch das solltet ihr niemals vergessen.«
Eine Stunde später rollte die Kutsche der beiden Ratsmitglieder die gepflegte Auffahrt hinab zu der Straße, die durch Halaway führte.
Die Dämmerung legte sich über einen späten Sommernachmittag. Vereinzelte Blumen bildeten Farbkleckse auf den grünen Wiesen. Bäume reckten ihre Äste hoch über die Straße und bildeten einen kühlen Tunnel. Es war ein wunderschönes, liebevoll gepflegtes Land, das schon seit Jahrtausenden von Burg SaDiablo und dem Mann, der dort herrschte, überschattet wurde.
Überschattet und beschützt.
Magstrom erschauderte. Er war ein Krieger, der Aquamarin als Juwel trug. In dem Dorf, in dem er geboren worden war und zufrieden gelebt hatte, übte er das Amt des Verwalters aus. Bis er dazu auserkoren worden war, dem Dunklen Rat zu dienen, hatte er nur in diplomatischen Angelegenheiten – und auch das glücklicherweise nur selten – mit Leuten zu tun gehabt, die dunklere Juwelen trugen. Die Blutleute in Goth, der Hauptstadt von Kleinterreille, interessierten sich für das Intrigenspiel bei Hofe, nicht für ein Dorf, das durch einen Fluss von den Wäldern der Dea al Mon getrennt war.
Doch
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