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Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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würde.
    Unerträgliche Schmerzen, die vom Ring des Gehorsams ausgingen, brachen seine Konzentration. Im selben Augenblick bohrte sich ihm der Bolzen einer Armbrust in den Oberschenkel, sodass er ins Straucheln geriet. Er stieß ein wütendes Geheul aus und entließ flächendeckend Kraft durch sein schwarzgraues Juwel, welche die Wächter, die ihn verfolgten, physisch und mental in Stücke riss. Da durchzuckte ihn eine weitere Schmerzwelle von dem Ring. Er drehte sich auf dem unversehrten Bein herum und zielte mit einer Woge der Kraft auf Zuultahs Haus.
    Das Haus flog in die Luft. Steine prasselten auf umliegende Gebäude herab.
    Augenblicklich hörte der Schmerz auf. Rasch tastete Lucivar seine Umgebung mental ab und stieß dann einen Fluch aus. Das Miststück hatte überlebt. Sie war zwar benommen und verletzt, aber sie lebte noch. Er zögerte, da er sich mit jeder Faser seines Körpers danach sehnte, sie zu töten. Da lenkte ein schwacher Angriff auf seine inneren Barrieren seine Aufmerksamkeit wieder auf die Wächter, die überlebt hatten. Sie kamen auf ihn zugelaufen und versuchten, die Kraft ihrer Juwelen zu bündeln, um ihn zu überwältigen.
    Narren. Er konnte sie ohne Probleme in Stücke reißen und hätte es auch am liebsten getan, um Schmerz mit Schmerz zu
vergelten, doch mittlerweile hatte bestimmt jemand Hilfe angefordert, und wenn Zuultah wieder völlig zu sich kam und in der Lage war, den Ring einzusetzen …
    Mordlust pulsierte in seinen Adern und betäubte die körperlichen Schmerzen. Vielleicht wäre es besser, im Kampf zu sterben und die Arava-Wüste in ein Meer von Blut zu verwandeln. Der nächste Wind war einen weiten, blinden Sprung entfernt. Doch beim Feuer der Winde, wenn Jaenelle es mit sieben Jahren geschafft hatte, würde es ihm jetzt ebenfalls gelingen.
    Blut. So viel Blut.
    Seine Bitterkeit ließ ihn wieder zu sich kommen und eine Entscheidung treffen.
    Nachdem er ein letztes Mal eine Welle der schwarzgrauen Macht losgelassen hatte, sammelte er sich und sprang in die Dunkelheit.
    Lucivar stemmte sich gegen den Brunnen und füllte die Schöpfkelle erneut mit süßem, kühlem Wasser, das er anschließend langsam trank, um jeden einzelnen Schluck zu genießen. Er füllte die Kelle ein letztes Mal, bevor er auf die Überreste einer Mauer in der Nähe zuhumpelte und es sich darauf so bequem wie möglich machte.
    Jener blinde Sprung in die Dunkelheit war ihn teuer zu stehen gekommen. Es war Zuultah gelungen, eine weitere Schmerzwelle durch den Ring zu senden, bevor Lucivar sich in die Dunkelheit gestürzt hatte. Er verbrauchte die Hälfte der Kraft, die in seinen schwarzgrauen Juwelen steckte, um in seiner Verzweiflung nach den Winden zu greifen.
    Er trank von dem Wasser und missachtete störrisch die deutlichen Signale seines Körpers. Hunger. Schmerz. Das schier übermenschliche Verlangen nach Schlaf.
    Seine Verfolger aus Pruul befanden sich drei, vielleicht vier Stunden hinter ihm. Zwar hätte er sie abschütteln können, doch hätte ihn das wertvolle Zeit gekostet. Eine Botschaft, die von einem Geist zum anderen weitergegeben wurde, würde Prythian, die Hohepriesterin von Askavi, schneller erreichen,
als er derzeit reisen konnte; und er wollte nicht von eyrischen Kriegern gefangen werden, bevor er in die Khaldaron-Schlucht gelangte.
    Außerdem hatte er, sofern es irgend möglich war, eine Rechnung zu begleichen.
    Lucivar befestigte die Schöpfkelle wieder an dem Brunnen und leerte den Eimer. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles so war, wie er es vorgefunden hatte, wandte er sich gen Süden und schickte, so weit wie er nur konnte, den schwarzgrauen Faden einen Ruf entlang.
    *Sadi!*
    Er wartete eine Minute, um sich dann nach Südosten zu wenden.
    *Sadi!*
    Nach einer weiteren ruhelosen Minute drehte er sich gen Osten.
    *Sadi!*
    Ein leichtes Flackern. Schwach und irgendwie verändert, aber doch vertraut.
    Lucivar stieß ein Stöhnen aus, das von einem befriedigten Liebhaber hätte stammen können. Es war der passende Ort für den Untergang des Sadisten – in vielerlei Hinsicht. Inmitten der Ruine gab es viele zerborstene, herabgestürzte Felsblöcke, von denen ein paar groß genug sein dürften, um einen behelfsmäßigen Altar daraus zu errichten. Oh ja, ein ausgesprochen passender Ort.
    Mit einem Lächeln auf den Lippen schwang er sich auf den roten Wind und reiste ostwärts.
    Abgesehen von Erzählungen über Andulvar Yaslana hatte Lucivar nie viel Interesse für Geschichte gehegt.

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