Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung

Titel: Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
Vom Netzwerk:
auszusprechen, schnürte ihr die Kehle zu. Ihrer Meinung nach war Lucivar für einige der Wunden in Sadis Seele verantwortlich, die ihn in den Wahnsinn getrieben hatten, und der Tod des Bastards würde Daemon nun vielleicht noch den letzten Stoß versetzen.
    Nachdem das wilde Schluchzen etwas abgeklungen war, rief sie ein Taschentuch herbei und drückte es ihm in die Hand. Sie würde vieles für Sadi tun, aber sie würde ihm gewiss nicht die Nase putzen.
    Als er sich schließlich ausgeweint hatte, saß er schweigend neben ihr. Ohne sich zu rühren, starrte sie zu den Fenstern hinüber.
    Diese Seitenstraße bot ausreichend Sicherheit. Seit Daemons letztem Besuch war Surreal mehrfach zurückgekehrt und jedes Mal ein wenig länger geblieben. Hier fühlte sie sich wohl. Mit Wyman, dem Krieger, den Daemon geheilt hatte, verband sie mittlerweile eine oberflächliche Freundschaft, wodurch die Einsamkeit in Schach gehalten wurde. An diesem Ort würde es Daemon vielleicht gelingen, sich zu erholen, wenn sich jemand um ihn kümmerte.
    »Daemon? Würdest du eine Zeit lang hier bei mir bleiben?« Sie musterte ihn, vermochte jedoch nicht zu sagen, was er dachte – oder ob er überhaupt etwas dachte.
    Endlich sagte er: »Wenn du willst.«
    Sie glaubte, eine Spur Vernunft in seinen Augen aufflackern zu sehen. »Versprichst du mir zu bleiben?«, bohrte sie nach. »Versprichst du, nicht wegzugehen, ohne es mir vorher zu sagen?«

    Das Flackern in seinen Augen erlosch. »Es gibt keinen Ort, an den ich gehen könnte.«
    4Kaeleer
    E in leichter Wind. Warme Sonnenstrahlen auf seiner Hand. Vogelgezwitscher. Unter ihm eine feste Unterlage, die ihn stützte, über ihm weiche Baumwolle.
    Langsam öffnete Lucivar die Augen und starrte die weiße Zimmerdecke und die glatten, freigelegten Balken an. Wo …?
    Aus Gewohnheit sah er sich auf der Stelle nach Fluchtwegen um. Zwei Fenster, die von weißen Vorhängen verdeckt waren. Eine Tür an der Wand gegenüber von dem Bett, in dem er lag.
    Dann erst betrachtete er den Rest des Zimmers. Ein Nachtschränkchen und ein Tisch aus Kiefernholz. Ein zu einer Lampe umfunktioniertes Stück Treibholz. Eine Vitrine, auf der sich ein einfacher Messingständer für Musikkristalle befand. Ein offener Korb voller Garn und Wollknäuel. Ein großer, abgewetzter grüner Sessel mit dazu passendem Fußschemel. Ein Stickrahmen, über den weißer Stoff gespannt war. Ein überquellendes Bücherregal. Geflochtene Läufer in Erdtönen. Zwei gerahmte Kohlezeichnungen – der Kopf eines Einhorns und das Haupt eines Wolfs.
    Lucivars Lippen kräuselten sich instinktiv, als er die weibliche Signatur wahrnahm, welche die Wände und das Holz durchdrang. Im nächsten Moment runzelte er die Stirn. Aus irgendeinem Grund widerte sie ihn nicht an.
    Verwirrt blickte er sich erneut in dem Zimmer um. Das hier war die Hölle?
    Im Zimmer nebenan wurde eine Tür geöffnet. Er hörte, wie eine Frauenstimme sagte: »Na gut, sieh nach, aber weck ihn nicht auf.«
    Er schloss die Augen. Die Tür ging auf. Das Geräusch von Krallen auf dem Holzboden. Etwas schnupperte an seiner
Schulter. Er blieb regungslos liegen und tat so, als würde er noch schlafen, während er all seine Sinne anstrengte, um das fremde Wesen zu identifizieren.
    Fell auf seiner nackten Haut. Eine kalte, feuchte Schnauze berührte sein Ohr.
    Dann erklang ein Schnauben, das ihn zusammenzucken ließ, gefolgt von zufriedener Stille.
    Neugierde und das Bedürfnis eines jeden Kriegers, zu wissen, mit welchem Feind er es zu tun hatte, bewegten Lucivar dazu, die Augen aufzuschlagen. Der Wolf erwiderte seinen Blick einen Moment lang, bevor er ein freudiges Bellen ausstieß und aus dem Zimmer trottete.
    Lucivar hatte kaum Zeit, seine Gedanken zu ordnen, bevor die Frau die Tür ganz aufstieß und im Türrahmen lehnte. »Du hast dich also doch noch dazu entschieden, dich wieder zu den Lebenden zu gesellen.«
    Sie klang belustigt, doch ihre ganze Erscheinung ließ darauf schließen, dass ihre heisere Stimme auf Überanstrengung und Müdigkeit zurückzuführen war. Die Fremde war schrecklich dünn. Ihre Hosen und das Hemd hingen traurig an ihrem Körper herab. Wahrscheinlich hatte sie ungesund schnell an Gewicht verloren. Der lange, lose Zopf goldenen Haars wirkte genauso glanzlos wie ihre Haut, und unter jenen wunderschönen, uralten Saphiraugen befanden sich dunkle Schatten.
    Lucivar musste blinzeln. Er schluckte hart, bevor es ihm endlich wieder einfiel, Luft zu holen. »Katze?«,

Weitere Kostenlose Bücher