Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
flüsterte er. Wortlos streckte er ihr flehentlich eine Hand entgegen.
Sie hob eine Augenbraue und kam auf ihn zu. »Ich weiß noch, wie du gesagt hast, du würdest mich finden, wenn ich siebzehn bin. Aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass du vorhattest, es auf derart spektakuläre Weise zu tun.«
Sobald sie seine Hand berührte, zog er die junge Frau zu sich und schlang die Arme um ihren Körper. Halb lachend, halb weinend ignorierte er ihre gedämpften Proteste. »Katze, Katze, Katze, auaaaa!«
Jaenelle sprang vom Bett und brachte sich schwer atmend außer Reichweite.
Lucivar massierte sich die Schulter. »Du hast mich gebissen. « Es machte ihm nichts aus, dass sie ihn gebissen hatte – nun ja, ein wenig schon –, aber dass sie vor ihm zurückwich, gefiel ihm ganz und gar nicht.
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich keine Luft mehr bekomme. «
»Müssen wir hier denn atmen?«, fragte er, wobei er sich immer noch die Schulter rieb.
Sie bedachte ihn mit einem wütenden Blick. Wäre sie tatsächlich eine Katze, hätte sie nun wohl einen Buckel gemacht und ihn angefaucht.
»Ich weiß nicht, Lucivar«, sagte sie mit einer Stimme, die eine Wüste hätte versengen können. »Ich kann dir liebend gerne die Lunge entfernen, damit wir erfahren, ob das Atmen eine freiwillige Angelegenheit ist.«
Da er sich nicht völlig sicher war, ob sie tatsächlich nur scherzte, verkniff er sich die respektlose Antwort, die ihm auf der Zunge lag. Außerdem gab es ohnehin genug verwirrende Dinge, über die er sich Gedanken machen konnte – mal ganz abgesehen von dem dringenden körperlichen Bedürfnis, das ihn plagte. Beim Feuer der Hölle, er hätte niemals gedacht, dass er sich als Toter derart lebendig fühlen würde.
Als er sich auf die Seite rollte, stellte sich ihm unwillkürlich die Frage, ob sich seine Muskeln von nun an immer so schlaff anfühlen würden. Hatte das Dämonendasein denn überhaupt keine Vorteile? Er ließ die Beine über die Bettkante hängen.
»Lucivar«, erklang die Mitternachtsstimme des Mädchens.
Er betrachtete Jaenelle abschätzend und entschied sich, das gefährliche Funkeln in ihren Augen zu ignorieren. Nachdem er sich in die Höhe gestemmt hatte und aufrecht auf der Bettkante saß, zog er sich das Bettlaken über den Schoß und grinste matt. »Ich war schon immer stolz auf meine Zielsicherheit, Katze, aber nicht einmal ein Meisterschütze wie ich bringt es fertig, die Blumen von hier aus zu gießen.«
Glücklicherweise verstand er nach dem ersten eyrischen Fluch, den sie ihm entgegenschleuderte, nichts mehr von dem, was sie sagte.
Sie legte sich seinen Arm um die Schultern, schlang ihm einen Arm um die Taille und zog ihn auf die Beine. »Ganz langsam. Ich trage beinahe dein gesamtes Gewicht.«
»Die Männer, die hier dienen, sollten das erledigen, nicht du«, knurrte Lucivar, während sie auf die Tür zuschlurften. Er wusste selbst nicht, was ihn mehr beschämte: nackt zu sein oder ihre Hilfe zu benötigen.
»Es gibt hier keine. Vorsicht!«
Beinahe hätte er sie beide aus dem Gleichgewicht gebracht, als er nach der Tür griff, doch er musste sich an etwas festhalten. Seine geliebte Katze war ganz alleine hier, schutzlos, und hatte nur einen Wolf, der ihr Gesellschaft leistete? Und nun kümmerte sie sich… »Du bist eine junge Frau«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
»Ich bin eine Heilerin mit abgeschlossener Ausbildung.« Sie zog an seiner Taille, ohne ihn dazu bewegen zu können, einen weiteren Schritt zu tun. »Deine Pflege war um einiges leichter, bevor du aufgewacht bist.«
Er knurrte sie grimmig an.
»Lucivar«, sagte Jaenelle in jenem Tonfall, den Heilerinnen gegenüber jähzornigen oder geistig verwirrten Patienten anschlugen, »die letzten drei Wochen hast du in einem Genesungsschlaf verbracht. Wenn man das bedenkt und außerdem die Tatsache, dass ich dich zuerst einmal wieder zusammenflicken musste, lässt sich ohne Übertreibung sagen, dass ich jeden Zentimeter deines Körpers gesehen habe – und das mehrmals. Also, wie ist es? Gehen wir jetzt an den Ort, an den du ursprünglich wolltest?«
Das grimmige Verlangen, bald gesund zu werden und sie dann erwürgen zu können, half ihm dabei, das Badezimmer zu erreichen. An der Tür knurrte er Jaenelle wütend an, da sein Stolz ihre weitere Anwesenheit nicht zuließ. Es war lediglich seiner eigenen Sturheit zu verdanken, dass er schließlich wieder zur Badezimmertür zurückgelangte.
Da seine
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