Die schwarzen Juwelen 02 - Dämmerung
unberührt.
Lucivar verließ das Zimmer und wandte sich an den Mann, der eben noch Mephis etwas vorgestammelt hatte: »Was habt ihr Jaenelle angetan?«, wollte er eine Spur zu gelassen wissen.
» Ihr angetan?« Der Krieger wies mit zitterndem Finger auf das Zimmer. »Sieh dir nur an, was das Luder mit meinem Sohn angestellt hat! Sie ist wahnsinnig. Wahnsinnig! Sie …«
Lucivar stieß einen eyrischen Schlachtruf aus und schleuderte den Mann gegen die Wand. »Was habt ihr Jaenelle angetan? «
Der Krieger schrie auf, ohne dass ihm jemand zu Hilfe gekommen wäre.
»Lucivar.« Mephis hielt eine Hand voll Papiere in die Höhe. »Allem Anschein nach hat Jaenelle heute Nachmittag geheiratet und zwar Lord …«
Lucivar stieß ein wütendes Knurren aus. »Sie würde nicht freiwillig heiraten, ohne dass ihre Familie anwesend ist.« Mit gefletschten Zähnen starrte er den Krieger an. »Oder?«
»S-sie waren ineinander ver-verliebt«, stammelte der Krieger. »Eine stürmische Ro-Romanze. Sie wollte nicht, dass ihr davon erfahrt, bevor es besiegelt war.«
»Jemand wollte es tatsächlich nicht«, stimmte Lucivar ihm zu. Lächelnd rief er ein eyrisches Kampfschwert herbei und hielt es dem Krieger vor das Gesicht, sodass dieser direkt auf die Klinge blickte. »Legst du Wert auf dein Aussehen?«, erkundigte er sich freundlich.
»Lucivar«, erklang Mephis’ mahnende Stimme.
»Halt dich da raus, Mephis«, fuhr Lucivar ihn an, während seine kaum gezähmte Wut alle gefrieren ließ, die sich in dem Korridor befanden.
Denk nach! Sie hatte Angst gehabt, und es gab kaum etwas, das Jaenelle Angst einjagte. Sie hatte Angst gehabt, doch sie war außerdem wütend genug gewesen, um mit dem Gedanken zu spielen, die Verbindung zwischen Geist und Körper abzubrechen. Ihr Entschluss hatte festgestanden, lieber die Hülle zu verlassen, als sich zu fügen. Denk nach! Wenn dies hier Terreille wäre …
»Was habt ihr Jaenelle verabreicht?« Als der Krieger nichts erwiderte, setzte Lucivar ihm die Klinge an die Wange. Sie ritzte die Haut des Mannes auf. Blut quoll hervor.
»Einen sch-schwachen Trank. Zur Beruhigung. Sie hatte Angst. Sie fürchtete euch alle – vor allem dich.«
Es war töricht, so etwas einem Mann zu sagen, der eine Waffe in Händen hielt, die groß und scharf genug war, um mühelos durch Knochen zu schneiden.
Sie hatten Jaenelle unter Drogen gesetzt, hatten ihr etwas gegeben, das stark genug war, ihren Verstand zu betäuben, ohne sie daran zu hindern, den Ehevertrag zu unterschreiben. Das erklärte allerdings noch immer nicht das Zimmer.
»Danach«, lockte Lucivar leise. »Womit habt ihr sie auf das Ehebett vorbereitet?« Als der Krieger ihn sprachlos anstarrte, schnitt er ihm mit dem Kampfschwert ein wenig tiefer ins Fleisch. »Wo sind die Flaschen?«
Keuchend wies der Krieger mit der Hand auf eine Tür in der Nähe.
Mephis ging in das Zimmer und kehrte kurz darauf mit zwei kleinen Fläschchen zurück.
Lucivar ließ das Schwert verschwinden, griff nach einer
der Flaschen und öffnete den Verschluss. Er prüfte die Tropfen, die sich noch am Flaschenboden befanden. Wenn ihm ein Getränk mit einer solchen Beimischung angeboten worden wäre, hätte er es nicht angerührt. Jaenelle normalerweise auch nicht.
Er ließ die Flasche verschwinden und wandte sich der anderen zu, die immer noch zur Hälfte mit einem dunklen Pulver gefüllt war. Im nächsten Augenblick stieß er einen erbitterten Fluch aus. Er wusste – nur zu gut! –, was eine große Dosis Safframate einem Mann von seiner Statur und seinem Gewicht antun konnte. Von daher konnte er sich lebhaft die unerträglichen Qualen vorstellen, die das Mittel Jaenelle verursacht haben musste.
Er hielt das Fläschchen empor. »Hast du ihr das hier verabreicht? Dann bist du für das verantwortlich, was in jenem Zimmer passiert ist.«
Der Krieger schüttelte heftig den Kopf. »Es ist harmlos. Harmlos! Es ist nur eine Spielart des Nachtfeuertranks und wird einem Glas Wein beigemischt. Nachtfeuertrank wird in jeder Hochzeitsnacht benutzt.«
Lucivar entblößte die Zähne zu einem grimmigen Lächeln. »Da es harmlos ist, wirst du nichts dagegen haben, die andere Hälfte zu trinken. Mephis, hol ihm ein Glas Wein.«
Eine Minute später kehrte Mephis mit dem Wein zurück.
Nachdem Lucivar beinahe das gesamte Pulver in das Glas geschüttet hatte, reichte er Mephis das Fläschchen und griff nach dem Weinglas. Die andere Hand legte er dem Krieger um den Hals. »Entweder
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