Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
seine Wurzeln hatte.
Jorval betrachtete das Blatt Papier, das unter dem Tisch lag, sowie die eilig in die überquellende Mappe zurückgestopften Listen.
So, so. Der alte Narr war neugierig geworden. Wie schade.
Magstrom mochte dem Dunklen Rat seit etlichen Jahren ein Dorn im Auge gewesen sein, doch er war auch nützlich gewesen – besonders da er das einzige Ratsmitglied war, das den Höllenfürsten um eine Audienz bitten konnte und tatsächlich von diesem empfangen wurde.
Doch allem Anschein nach neigte sich Magstroms Nützlichkeit nun ihrem Ende zu. Und Jorval war auch nicht gewillt zu vergessen, dass es nur Magstroms Einschreiten gestern Nachmittag zu verdanken gewesen war, dass die Dunkle Priesterin nicht ihre Waffe mit dem schwarzen Juwel an einen sicheren Ort hatte bringen können, wo sie ihnen von Nutzen hätte sein können.
Er war versucht, noch diese Nacht jemanden loszuschicken, der sich um Magstrom kümmern sollte, doch der Zeitpunkt könnte gewisse Leute – namentlich den Höllenfürsten – dazu veranlassen, den Dienstbasar ein wenig zu genau unter die Lupe zu nehmen.
Magstrom konnte warten. Der alte Mann konnte nicht allzu viel entdeckt haben. Und wenn von irgendeiner Seite nachgefragt werden sollte, war es ein Leichtes, den einen oder anderen Schreiber wegen Nachlässigkeit zu entlassen und sich überschwänglich zu entschuldigen.
Doch zu einem anderen Zeitpunkt …
10 Kaeleer
Alexandra saß in sich zusammengekauert in dem Sessel vor dem Ebenholzschreibtisch.
Der Höllenfürst wünscht dich zu sprechen.
Wünscht? Verlangt traf die Sache schon genauer. Doch das Arbeitszimmer war leer gewesen, als der hünenhafte Butler
sie mit steinerner Miene in den Raum geführt hatte, und nun, eine Viertelstunde später, saß sie immer noch hier und wartete. Nicht, dass sie es eilig hatte, dem Höllenfürsten erneut unter die Augen zu treten!
Sie verstärkte den Wärmezauber, mit dem sie ihr Schultertuch belegt hatte, und verzog dann ärgerlich das Gesicht: An diesem Ort war es unmöglich, auch nur das geringste bisschen Wärme zu finden. Es war nicht so sehr das Gebäude an sich – das im Grunde sehr schön war, wenn man den bedrückenden, dunklen Eindruck außer Acht ließ –, es waren die Leute, von denen eine Kälte ausging, die einem bis in die Knochen kroch.
Aus Höflichkeit war ihr und ihrem Gefolge das Abendessen gewiss nicht in einem kleinen Esszimmer in der Nähe ihrer Gemächer serviert worden. Dem Höllenfürsten wäre es gleichgültig gewesen, dass sie viel zu erschöpft war, um die Bekanntschaft der übrigen Burgbewohner machen zu können – wer immer das sein mochte. Ebenso wäre es ihm egal gewesen, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, am selben Tisch mit Daemon Sadi auch nur einen Bissen hinunterzuwürgen.
Nein, sie und ihre Leute hatten unter sich zu Abend gespeist, weil er sie nicht an seiner Tafel haben wollte.
Und nun, da sie sich nur mehr danach sehnte, sich auf ihr Zimmer zurückzuziehen und wenigstens zu versuchen, nach einem anstrengenden Tag etwas zu schlafen, wünschte er sie zu sehen – und besaß dann noch nicht einmal den Anstand, bei ihrem Erscheinen anwesend zu sein.
Sie sollte einfach gehen. Immerhin war sie eine Königin! Außerdem hatte sie sich diese Beleidigung, warten gelassen zu werden, nun schon lange genug bieten lassen. Wenn der Höllenfürst sie sprechen wollte, sollte er gefälligst zu ihr kommen!
Als sie sich eben erhob, um das Zimmer zu verlassen, ging die Tür auf und seine dunkle mentale Signatur durchflutete den Raum. Sie sank in den Sessel zurück, und es kostete sie all ihre Selbstbeherrschung, sich nicht zu ducken, als er an ihr vorüberging und auf dem Sessel hinter dem Ebenholzschreibtisch Platz nahm.
»Wenn ein Mann darum bittet, mit einer Königin sprechen
zu dürfen, lässt er sie nicht warten.« Alexandra musste sich Mühe geben, um das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Und du, die du derart pedantisch auf Höflichkeit bedacht bist, hast noch nie jemanden warten lassen?«, erkundigte Saetan sich freundlich, nachdem er einige Zeit hatte verstreichen lassen.
Das eigenartige, schillernde Glitzern in seinen Augen ängstigte sie, doch sie spürte instinktiv, dass dies die einzige Gelegenheit war, die sich ihr bieten würde. Wenn sie jetzt einen Rückzieher machte, würde er ihr nie eine ihrer Forderungen zugestehen.
Sie legte die kühle Geringschätzung in ihre Stimme, derer sie sich immer bediente, wenn ein aristokratischer
Weitere Kostenlose Bücher