Die schwarzen Juwelen 03 - Schatten
lediglich aus gesellschaftlichen oder politischen Gründen geschlossen wurden, schätzten die Männer des Blutes die Ehe hoch, weil es sich dabei um die einzige Beziehung handelte, bei der sich Mann und Frau als ebenbürtige Partner gegenübertraten. Zumindest so ebenbürtig, wie es eben möglich war. Es bedeutete auch, dass die Treue des Mannes Bedingung der Ehe war, und jeder Mann, der über das Bett seiner Frau hinaussah, konnte schnell ohne Zuhause oder Ehefrau dastehen und ebenfalls seine Kinder verlieren.
»Es gibt noch einen weiteren Grund, Vania zurückzuhalten«, gab Philip zu bedenken. »Wenn die Männer hier noch gereizter werden sollten …«
»Ich weiß«, erwiderte Alexandra scharf. Es würde ihnen niemals gelingen, Wilhelmina und Jaenelle von der Burg fortzuschaffen, wenn die Männer noch feindseliger würden, als sie ohnehin schon waren. »Ich weiß«, wiederholte sie, diesmal mit sanfterer Stimme. »Ich werde mit ihr sprechen.«
»Bald?«
Sie schalt sich selbst, weil er aufgrund der Angst in seiner Stimme in ihrer Achtung sank.
»Ja, Philip«, meinte sie freundlich. »Ich werde bald mit ihr sprechen.«
2 Kaeleer
Eine interessante Versammlung, dachte Daemon. Er ließ die Hände in die Taschen gleiten und fragte sich, was es bedeuten mochte, wenn der Haushofmeister den Hauptmann der Wache, den Gefährten und den Ersten Begleiter in sein Arbeitszimmer bestellte, »um etwas zu besprechen«.
Die letzten beiden Tage hatte er damit verbracht, in dem Protokollbuch zu lesen, das Saetan ihm gegeben hatte, und war überrascht gewesen, wie sehr sich die Regeln darin von denjenigen unterschieden, die man ihm in Terreille beigebracht hatte. Laut dieses Protokolls besaßen die Männer, trotz der starken Betonung der matriarchalen Ordnung der Angehörigen des Blutes, etliche Rechte und Privilegien, die dazu beitrugen, die Macht in einem gewissen Gleichgewicht zu halten. Dieser Umstand erklärte auch das erfrischende Fehlen angstvoller Unterwürfigkeit bei den hiesigen Männern. Sie begriffen die Grenzen, die annehmbares männliches Verhalten umrissen, und innerhalb dieser Grenzen standen sie auf festem Boden und mussten sich nie fragen, was passieren würde, falls sie nicht mehr in der Gunst einer bestimmten Lady stehen sollten.
Ebenso hatte ihn der Abschnitt im Protokoll überrascht, in dem es um die Männer des Ersten Kreises ging, weil in Terreille niemals auch nur im Entferntesten die Rede davon gewesen war.
Ein Satz darin fasste die Hingabe eines Mannes an den offiziellen Dienst zusammen: Dein Wille ist mein Leben. Dies gab der Königin das Recht, mit dem Mann zu verfahren, wie immer es ihr beliebte, ja, selbst ihn zu töten. Das war nicht
neu, und in Terreille handelte es sich dabei durchaus um eine reale Gefahr. Der Unterschied bestand in dem Einverständnis der Königin, dass sie nicht nur den Mann annahm, sondern auch sein Recht, im Gegenzug ihre Entscheidungen und ihr Leben mitzubestimmen. Wenn eine Königin einen Befehl erteilte, und die Mehrheit der Männer ihres Ersten Kreises sich widersetzte, konnte sie sich entweder in deren Entscheidung fügen oder sie aus ihrem Hof entlassen. Doch sie konnte sie nicht deshalb belangen, weil sie sich widersetzt hatten!
Wenn die Männer in Terreille von diesem Teil des Protokolls gewusst hätten, wären sie vielleicht in der Lage gewesen, Dorotheas Marionettenköniginnen in Zaum zu halten. Vielleicht wäre es ihnen gelungen, die jüngeren, starken Hexen zu beschützen, damit sie unversehrt blieben, und sie hätten einen Weg gefunden, die Drohungen bezüglich Sklaverei und Kastration zu bekämpfen, welche die meisten Männer zu sehr verängstigt hatten, als dass sie die Hexen herausgefordert hätten, die sich an der Macht befanden.
Doch etwas – oder jemand – musste die Abschnitte über männliche Macht vor so langer Zeit aus den Protokollbüchern entfernt haben, dass sich niemand mehr an deren Existenz erinnern konnte.
Kein Wunder, dass das Leben in Kaeleer die Terreilleaner als solch ein Schock traf. Und nun ergab es auch endlich Sinn, dass man von Einwanderern verlangte, an einem Hof zu dienen. Sie benötigten diese Zeit, um sich an die neuen Regeln zu gewöhnen und zu begreifen, wie diese Regeln den Alltag bestimmten.
Dieser Gedanke machte ihn noch neugieriger darauf, das formelle Geben und Nehmen zwischen einer Königin und dem männlichen Dreieck zu beobachten.
Vorausgesetzt natürlich, die Königin tauchte auf.
»Hat jemand Katze Bescheid
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