Die schwarzen Juwelen 04 - Zwielicht
Stichwort, um den Streit zu beginnen.
»Wo warst du?«, fragte sie und reichte Surreal ihr Glas Sekt.
Beim Feuer der Hölle und der Mutter der Nacht, möge die Dunkelheit Erbarmen haben! Es versetzte ihm einen Stich, dass ihre Macht mittlerweile so gering war, dass sie nicht sehen konnte, dass er zu Schwarz hinabgestiegen war, und es ihn Mühe kostete, nicht in eiskalte Wut auszubrechen.
Er ging an ihr vorbei, ohne recht zu wissen, was er tun
sollte. Er wollte nicht mit ihr streiten. Konnte nicht mit ihr streiten. Wenn er etwas sagte, was sie verletzen sollte … Mutter der Nacht, er hatte ganze Höfe in Terreille zerstört, wenn sein Temperament mit ihm durchgegangen war! Wenn er ihr wehtat, würde er seine Selbstbeherrschung völlig verlieren, und das Töten würde erst ein Ende nehmen, wenn sein Körper und seine Macht erschöpft waren.
»Wo warst du?« Jaenelle sprach so laut, dass die Gespräche im ganzen Ballsaal verstummten.
Er drehte sich zu ihr um, achtete jedoch darauf, in einiger Entfernung von ihr zu stehen. Vielleicht ließen sich die Umstehenden überzeugen, dass dies der Grund für die erhobenen Stimmen sei. Als er ihr in die Augen blickte, überkam ihn eine Erleichterung, die so groß war, dass ihm beinahe schwindelig wurde. Sie wusste es! Was auch immer ihre Gründe sein mochten, ihren inszenierten »Streit« durchzuziehen, sie wusste, dass er kurz vor dem Blutrausch stand, und würde sich davor hüten, ihn allzu wütend zu machen.
Er sah, wie Lucivar den Ballsaal betrat, und wie Surreal ihm Jaenelles Sektglas reichte. Hoffentlich besaßen die beiden genug Verstand, um sich aus der Sache herauszuhalten! Er konzentrierte sich ganz auf Jaenelle, die, zusammen mit den übrigen Anwesenden, auf eine Antwort wartete.
»Ich war nicht bei einer anderen Frau, wenn du das meinst«, versetzte er unwirsch.
Er konnte spüren, wie viel Mühe es sie kostete, eine Erwiderung auf seine Worte zu ersinnen, die keinem von ihnen wehtun würde.
Sie ballte die Hände zu Fäusten und schrie ihn an. Dass Lucivar sich an dem Sekt verschluckte, bestätigte Daemon, dass es sich um eyrische Wörter handelte. Doch er hatte keine Ahnung, was sie gesagt hatte. Nun wusste auch er, wie er einen Streit vortäuschen konnte, ohne sie zu verletzen.
Leider fiel ihm nur ein einziger Satz ein, den sonst niemand verstehen würde. Also fletschte er die Zähne und stieß die Worte hervor, die er aus Liebe, in der Hitze der Leidenschaft hatte sagen wollen. Worte in der Alten Sprache.
Entgeistert riss sie die Augen auf. Sie schlug sich die Hand vor den Mund, um ein Wimmern zu unterdrücken. Dann wirbelte sie herum und rannte aus dem Ballsaal.
Er zögerte einen Augenblick, da ihn ihre Reaktion verblüffte. Spiel das Spiel zu Ende, alter Knabe. In dem Bemühen, verärgert und abgestoßen zu wirken, schüttelte er den Kopf und verließ den Ballsaal auf der Suche nach Jaenelle.
Sie hatte es bis in den Wintergarten geschafft, der von gewaltigen Farngewächsen abgeschirmt wurde, und in dem sie allein für sich sein konnten. Leise näherte er sich ihr. Es schmerzte ihn, sie mit vorgebeugten Schultern zu sehen, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Zwischen einzelnen Schluchzern schnappte sie nach Luft.
»Jaenelle«, sagte er und strich ihr mit der Hand über die Schulter - und machte sich darauf gefasst, dass sie seine Berührung abschütteln würde. Mutter der Nacht, sie klang beinahe hysterisch!
Sie ließ die Hände sinken und sah ihn an.
Sie war tatsächlich beinahe hysterisch... aber sie lachte so heftig, dass sie jeden Moment ihre Balance zu verlieren drohte.
»Ich … ich … ich esse Kuhfladen?«, stieß sie keuchend hervor.
Entsetzt öffnete er den Mund. »Was? Was machst du?«
»N-n-nein. Du! «
Er packte sie an den Oberarmen, damit sie nicht hinfiel. »Was? Nein, das stimmt nicht.«
»Aber … aber das hast du selbst gesagt. ›Ich esse Kuhfladen. ‹« Sie fiel gegen ihn und schüttelte sich vor Lachen.
Das war so weit von dem entfernt, was er eigentlich hatte sagen wollen, dass es geradezu peinlich war - und er konnte sich gut vorstellen, wie viel schlimmer es gewesen wäre, wenn er ihr diese Worte mitten im Liebesspiel zugeflüstert hätte. »Das war nicht... Das war nicht, was ich sagen wollte.« Er fühlte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg, und schlang die Arme um sie. Dann drückte er ihr Gesicht gegen seine Brust, um ihr Gelächter abzudämpfen.
»Oh, g-gut!« Sie schnappte nach Luft und versuchte,
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