Die schwarzen Juwelen 05 - Finsternis
die Hände zu Fäusten, um nicht die Decke herunterzureißen. Er biss die Zähne aufeinander, da er nicht aus Versehen ein Wutschnauben von sich geben wollte.
Sie war verletzt. Sie war verletzt. Sie war verletzt.
All sein Wissen aus der Ausbildung, das die letzten neun Jahre über in ihm geschlummert hatte, kam mit einem Schlag zurück und überwältigte ihn schier mit seiner Wucht. Am liebsten hätte er den Kopf in den Nacken gelegt und seine Frustration hinausgejault. Er wollte sie halten, sie anschreien, jeden Bluterguss untersuchen und sie dann küssen, um die Schmerzen zu lindern.
Wie konnte sie es wagen, derart leichtsinnig zu sein und einfach so in den Fluss zu springen? Sie konnte von Glück sagen, dass sie nur Blutergüsse davongetragen hatte und keine gebrochenen Knochen. Wie konnte sie es wagen, als Jungfrau , die einem männlichen Angriff so schutzlos ausgeliefert war, eine solche Reise ohne einen einzigen loyalen Mann zu unternehmen, der sich um sie kümmern konnte? Hatte sie denn keine Vorstellung davon, wie wertvoll Königinnen waren, wie überaus wichtig für das Überleben der Angehörigen des Blutes? Und wie konnte sie es wagen, dieses wahnsinnige Verlangen, sie zu beschützen, in ihm zu entfachen, ohne ihm die Möglichkeit des ehrenhaften Dienstes zu gewähren?
Nun, er würde lieber in der Hölle schmoren, als zuzulassen, dass sie damit durchkam!
Vor Wut kochend ließ Jared die Reisetasche verschwinden und rief seine Juwelen herbei. Zwei schmale, rechteckige Holzschatullen schwebten vor ihm in der Luft. Er öffnete die erste und starrte auf seine opalfarbenen Geburtsjuwelen. Der Goldschmuck glänzte auf dem Futter der Schatulle, das aus schwarzem Samt bestand. Er strich mit dem Finger über den Ring und den Anhänger. Den Anhänger hatte er seit der Geburtszeremonie getragen, die stattgefunden hatte, als er sieben Jahre alt war. Doch der opalene Ring war erst kurz vor dem Tag angefertigt worden, als er der Dunkelheit sein Opfer dargebracht und Rot erhalten hatte. Seine Eltern hatten ihm das Schmuckstück zu seinem achtzehnten Geburtstag geschenkt.
Das war der einzige Tag gewesen, an dem er den Ring getragen hatte.
Er schloss die Schatulle und ließ sie wieder verschwinden. Dann machte er die Schatulle auf, in der sich Rot befand. Außer ein paar verzweifelten Augenblicken im Laufe der Jahre, in denen er den Ring angesteckt hatte, weil er sich so sehr danach gesehnt hatte, ihn am Finger zu spüren, hatte er die roten Juwelen – genauso wie die anderen Steine – nicht angelegt, seitdem er beringt worden war. Sklaven war es verboten, ihre Kraft offen zur Schau zu tragen, noch nicht einmal in Gestalt ihres Geburtsjuwels.
Er steckte sich den roten Ring an den dritten Finger seiner rechten Hand. Beschützend legte er die Linke darüber, während er das Band genoss, das ihm neun Jahre lang verwehrt worden war.
Er atmete tief durch und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, als er nach der Kette mit dem Anhänger griff. Kein Verschluss, der sich zerbrechen oder öffnen ließ. Nur eine Kette aus sorgfältig gefertigten Goldgliedern, die so lang war, dass die Kraft in dem Stein an seinem Herzen ruhen konnte.
Er bediente sich der Kunst, um sich die Kette umzuhängen. Das Gold legte sich kühl um seinen Hals und fühlte sich kurz darauf warm auf der Haut an.
Als Jared die Holzschatulle verschwinden ließ, fiel ihm auf, wie leise es auf der anderen Seite der Decke geworden war.
Leise und angespannt.
Sie wussten, dass er die Juwelen herbeigerufen hatte. Selbst während der Mondzeit ließ eine Hexe immer noch Macht durch den Kontrollring fließen, der mit den Ringen des Gehorsams verbunden war. Der Kontrollring – und die Männer bei Hofe, die ihr dienten – waren ihr einziger Schutz gegen Sklaven, die ihre Verletzlichkeit ansonsten ausgenutzt hätten, um die Flucht zu ergreifen oder sie umzubringen.
Im Moment war es ihm egal, ob der Unsichtbare Ring mit dem Kontrollring verbunden war oder nicht. Die Königin, die jenen Ring trug, war nicht in der Verfassung, im Kampf gegen ihn zu bestehen.
Dieser Umstand ließ erneut Wut in ihm aufsteigen.
Er schob die Decke beiseite.
Herausfordernd erhob sich Thera von der anderen Bank.
Ohne auf sie zu achten, sah er die junge Königin an, die jetzt einen langen grauen Rock und einen grauen Pullover trug.
»Selbst wenn wir die Pferde nicht allzu sehr antreiben, können wir die Lichtung vor Einbruch der Dunkelheit erreichen«, sagte er.
»Nein.« Die
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