Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht
…
»Du wolltest unbedingt mit dem Sadisten tanzen«, sagte Daemon zu sanft. »Dazu hast du nun Gelegenheit.«
Er hatte den Sadisten beobachten wollen, was etwas völlig anderes war.
»Sonst noch was?« Daemon tippte sich mit einem Finger gegen die Lippen. »Ach ja! Meine Mutter lässt dir ausrichten, dass sie Veränderungen an ihren Illusionszaubern vorgenommen hat. Sie sind mit meinen Netzen verbunden, und ihre kleinen Überraschungen passen nun besser zu deinen Absichten für dieses Haus.«
»Und das bedeutet …?«
»Sie sind alle gefährlich.« Daemon lächelte. »Du hast Spielchen mit meiner Familie spielen wollen. Jetzt werden wir spielen, du und ich.« Während Daemons Schatten verblasste, fügte er noch hinzu: »Nimm dich vor der Katze in Acht. Sie mag keine Menschen – außer sie benutzt sie als Spielzeug oder verspeist sie zum Abendessen.«
Jarvis stand in der Diele, ohne zu wissen, was er tun oder wohin er sich wenden sollte. Wenn er den Salon betrat, wäre der Schatten-Daemon dann noch dort und wartete, eine weitere Runde des Spiels zu spielen? Im Salon befand sich ein Ausgang. Vielleicht sollte er zuerst die Ausgänge im hinteren Teil des Hauses überprüfen. Oder …
Ein Grollen auf der Treppe. Ein Geräusch, das seine Knochen vibrieren ließ.
Die weiße Katze füllte die Treppe, und Jarvis fragte sich, was schlimmer wäre: die Illusionszauber, die ihm keine körperlichen Verletzungen zufügen konnten, oder die Raubtiere, die dazu in der Lage waren.
Daemon stieg aus der Kutsche. Beim Anblick von Burg SaDiablo löste sich die Anspannung seiner Muskeln ein wenig.
Jaenelle trat neben ihn und hakte sich bei ihm ein.
*Wie schlimm ist es tatsächlich?* Er war während ihres restlichen Aufenthalts in dem Dorf mit anderen Dingen beschäftigt gewesen und hatte sich darauf konzentrieren müssen, die Kutsche zu fahren. Deshalb hatte er die Frage noch nicht vorher gestellt. War nicht bereit für die Antwort gewesen.
*Sie werden beide genesen.*
*Rainier ist Tänzer gewesen.* Er entsann sich Lucivars Worten, bevor sie sich trennten. Mit der Hilfe einer guten Heilerin heilt ein durchtrennter Muskelstrang wieder; eine völlig abgetrennte Gliedmaße allerdings nicht, egal, wie gut die Heilerin ist.
*Er ist immer noch ein Tänzer*, sagte Jaenelle. *Er wird eine Zeitlang humpeln, aber eines Tages wird er wieder tanzen. Dafür werde ich sorgen.*
*Und Surreal?*
Nachdem sie entschieden hatten, dass die vier überlebenden Kinder besser bei ihren Eltern untergebracht waren als in einem weiteren fremden Haus, hatte Jaenelle schnell vier Dosen eines leichten Beruhigungsmittels hergestellt, damit sie die Nacht durchschliefen. Während Tersa sich um Surreal und Rainier kümmerte und Jaenelle mit den Heilungen beschäftigt war, hatten Lucivar und er die Kinder zu ihren Eltern zurückgebracht und waren anschließend zum Waisenhaus gegangen, um Yulis Habseligkeiten abzuholen.
Ein jämmerlich kleines Bündel. Ein erbärmliches Leben für einen gescheiten Jungen. Wer war Yulis Mutter, wer sein Vater? Hatten sie ihn versteckt, weil er das Potenzial zum Angehörigen des Blutes besaß oder weil nicht? Würde er zu einem verbitterten Mann heranwachsen, weil seinem Erbe nicht Rechnung getragen worden war?
Daemon hätte Mitgefühl mit Jarvis Jenkell haben können. Es hätte ihm vielleicht Vergnügen bereitet, über Geschichten mit ihm zu diskutieren, wenn sie einander auf einem Fest begegnet wären. Oder er hätte den Mann vielleicht nicht ausstehen können, weil er ein aufgeblasener Esel war. So oder so, hätte er Jenkell als Angehörigen des Blutes anerkannt.
Wenn der Mann nicht sein Spielchen gespielt hätte.
Dennoch wäre er vielleicht gewillt gewesen – bis zu einem gewissen Grade -, über den selbstmörderischen Versuch des Mannes hinwegzusehen, Spielchen mit den
dunkelsten Angehörigen des Blutes im ganzen Reich zu spielen.
Wenn der Mann zu diesem Zweck nicht Kinder umgebracht hätte.
Wenn der Mann nicht Surreal und Rainier Leid zugefügt hätte.
*Sie wird genesen*, sagte Jaenelle.
*Sie klingt wie ein schlecht gelauntes Kind.* Und das jagte ihm Angst ein, denn es ließ sie schwach und klein wirken. Sobald er sich sicher war, dass sie sich erholen würde, könnte sie so viel schimpfen und wimmern, wie sie wollte. Bis dahin würde es an seinen Nerven zehren, die wegen der ständigen Sorge bereits angegriffen waren.
*Sie hat Fieber, das Gift fließt aus den Wunden ab und verursacht Schmerzen, und sie
Weitere Kostenlose Bücher