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Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht

Titel: Die schwarzen Juwelen 06 - Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Bishop
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lächelte sie an, als er die letzten Stufen erklomm und nach der Türklinke griff. Sie lächelte ihn an – und rannte die Treppe hinab.
    Sie hatte bereits das Nachbarhaus erreicht, bevor er sie einholte.
    »Surreal.«
    Sie ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Er hatte zu beiden Seiten einen Schild aufgebaut, sodass er im Grunde den gesamten Bürgersteig versperrte. Wenn er sich nicht rührte, konnte sie den Schild umgehen, indem sie auf die Straße auswich. Doch da es nicht sehr wahrscheinlich war, dass er sich nicht rühren würde, würde sie nur an ihm vorbeikommen, wenn sie ihn zu Boden warf – was im Moment eine sehr verlockende Möglichkeit war. Außer Rainier würde einem männlichen Mitglied ihrer Familie von dem Vorfall berichten.
    Surreal zwang sich zur Ruhe und sagte: »Ich gehe aus.« Sie gab ihm keine Gelegenheit, sie zurechtzuweisen. »Es ist der vierte Tag, Prinz. Ich kann ohne körperliche Beschwerden mein grünes Geburtsjuwel tragen. Wenn es sein müsste, könnte ich Grau tragen.«

    »Du hast immer noch …« Er verbiss sich die Worte. Hoffentlich hatte er sich tatsächlich auf die Zunge gebissen.
    In der Öffentlichkeit bekannten sich Männer des Blutes nur selten zu ihrer Fähigkeit, anhand der mentalen Signatur oder des Geruchs einer Hexe ihre Mondzeit erkennen zu können. Sie empfanden es als unhöflich, eine Frau daran zu erinnern, dass sie verletzlich war, weil sie sich zu ihrer Verteidigung nicht ihrer eigenen Kräfte bedienen konnte. Die Angehörigen des Blutes sprachen so gut wie nie darüber, aber alle erkannten diese Fähigkeit stillschweigend an, da Kriegerprinzen nur einen Herzschlag vom Blutrausch entfernt waren, während eine Hexe, der sie die Treue geschworen hatten, ihre verletzlichen Tage durchmachte. In dieser Zeit neigten sie dazu, erst zu töten und dann die Fragen zu stellen.
    Trotzdem konnte man einem Mann nicht alles durchgehen lassen.
    »Ich hatte mit dem Gedanken gespielt, ein Schild mit der Aufschrift ›Ich habe ein scharfes Messer und einen großen Kriegerprinzen‹ zu basteln und es über meinem Kopf schweben zu lassen. Aber das Messer soll geheim bleiben, bis ich es einsetzen muss, und wenn jemand dumm genug ist, dich zu übersehen, hat er es verdient, in eine Wand gerammt zu werden.«
    Seine Lippen zuckten leicht. Gegen seinen Willen verwandelte sich seine Wut in Belustigung.
    »Wohin gehen wir?«, erkundigte Rainier sich schließlich.
    Aha! Sie hatte ihn erwischt. »In eine Buchhandlung. Es macht Spaß, dieses Buch von Jarvis Jenkell gemeinsam zu lesen, aber ich wollte etwas kaufen, das ich ansonsten lesen kann.«
    »Tja, das trifft sich gut. Ich bin gebeten worden, ein paar Bücher abzuholen.«
    Surreal schob sich eine lange schwarze Haarsträhne hinter ein Ohr und verengte die gold-grünen Augen zu schmalen Schlitzen. »Du hättest ohnehin vorgeschlagen, dass wir zum Buchladen gehen, nicht wahr?«

    »Ach ja?«
    Bastard. Mistkerl. Arroganter, unerträglicher Kriegerprinz!
    Als sie nach vorne trat, ließ er den Schild sinken. Er drehte sich mit der Geschmeidigkeit eines Tänzers und ging nun neben ihr her. Sie ging zwei Schritte, hielt ihn dann jedoch am Arm fest, um zu seiner Linken überzuwechseln, was die untergeordnete Stellung war.
    »Surreal.«
    Sie war nur eine Hexe, er ein Kriegerprinz, aber ihre Juwelen waren von einem höheren Rang als die seinen. Deshalb bereitete es ihm Unbehagen, die dominante Stellung einzunehmen.
    Gut. Er hatte es verdient, sich ein wenig winden zu müssen.
    »Gestern Nacht hat es geregnet«, sagte sie. »Pfützen. Kutschen. Spritzer. Ob du nun einen Schild aufbaust oder es ohne riskieren willst, solange du dich auf der Seite zur Straße hin befindest, werde ich nicht nass gespritzt.«
    Ein Mann, der zwischen dem Protokoll und seinem Beschützerinstinkt hin- und hergerissen war. Es gefiel ihm nicht, doch er widersprach nicht länger und versuchte auch nicht, die Seiten zu wechseln.
    Ein paar Häuserzüge entlang gingen sie schweigend nebeneinander her. Dann sagte Rainier: »Hast du in letzter Zeit etwas von deinen Cousins gehört?«
    »Nein.« Der Dunkelheit sei Dank!
    »Dann weißt du noch nichts von dem Spukhaus?«
    »Spukhaus? Welches Spukhaus?«
    Rainier lächelte nur.
     
    Erst nach ein paar Häuserzügen und etlichen übereilten Versprechen, die sie Rainier besser nicht gegeben hätte, erzählte er ihr von Jaenelles kleinem Vorhaben.
    »Das ist nicht dein Ernst!«, entfuhr es Surreal, als Rainier ihr die

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