Die schwarzen Juwelen 07 - Blutskönigin
Schlampe gewusst, wäre sie schon nicht mehr unter den Lebenden.«
Er hätte etwas von ihr wissen müssen. Daemon hatte gesagt, diese Hexe sei kein Mädchen mehr. Es fiel ihm schwer
zu glauben, dass dieser Vorfall das erste Mal gewesen war, dass sie so mit einem verheirateten Mann geflirtet hatte. Besonders das Detail, dass sie ein Hemd als Trophäe nahm, ließ ihn nicht los und ließ ihn glauben, dass das Szenario, das er mit Jaenelle durchgespielt hatte, kein reines Szenario war. Genauso schwer fiel es ihm zu glauben, dass sie Jahrzehnte verstreichen ließ, bevor sie sich das nächste Opfer suchte. Was bedeutete, sie hatte dieses Spiel bereits gespielt, als er selbst noch offiziell in Dhemlan geherrscht hatte.
Und niemand hatte ihm etwas gesagt. Selbst wenn die Königinnen aus irgendeinem unerklärlichen Grund beschlossen hätten, die Umtriebe dieser Schlampe zu ignorieren, hätte zumindest ein Kriegerprinz mutig genug sein müssen, um zur Burg zu kommen und ihn zu informieren.
Seine Schlussfolgerung? Einige ihrer Opfer hatten ihr dabei geholfen, ihre Spuren zu verwischen und ihre Spielchen geheim zu halten.
Diese Männer interessierten ihn nicht. Zumindest noch nicht. Aber die Hexe, die es gewagt hatte, seinen Sohn in ihr schäbiges kleines Spiel hineinziehen zu wollen …
Der Hauch einer Erinnerung, präsent und schon wieder verschwunden. Der Schmerz eines Mannes. Das Gesicht eines Kindes.
Oder die Überreste des Gesichts eines Kindes.
Präsent und wieder verschwunden.
Er nahm seinen Brandy und ging in einen der Innenhöfe hinaus.
»Als ich mich aus den Reichen der Lebenden und aus Dhemlan zurückgezogen habe«, sagte er an den Nachthimmel gerichtet, »dachte ich, ich hätte Daemon ein gesundes Territorium und einen sauberen Abschluss hinterlassen, um seine Herrschaft anzutreten. Doch wie es aussieht, habe ich doch noch ein paar Dinge zu bereinigen.«
Kapitel vierundzwanzig
TERREILLE
E inige Tage nach der Einladung in den Bergfried betrat Theran Powells Arbeitszimmer so kurz nach dem Frühstück, dass der Haushofmeister noch nicht einmal hinter seinem Schreibtisch saß.
»Ist der Brief angekommen?«, fragte er.
»Der Bote ist gerade erst mit dem Sack vom Bergfried zurückgekehrt«, erwiderte Powell. »Ich habe ihn noch nicht einmal geöffnet.«
»Tja, dann mach dich dran.«
Bevor Powell das aussprechen konnte, was er offenbar erwidern wollte, betraten Ranon und Shira das Arbeitszimmer, dicht gefolgt von Archerr.
»Ist der Brief angekommen?«, fragte Ranon.
»Beim Feuer der Hölle«, murmelte Powell. »Das letzte Mal habe ich erlebt, dass so viele Männer sich für einen einzelnen Brief interessiert haben, als es darum ging, wen das hübscheste Mädchen im Dorf als Begleiter für das Herbstfest erwählt hatte.«
»Es ist genug Zeit vergangen«, murmelte Theran. »Wie lange kann es dauern, die Namen von ein paar Pflanzen aufzuschreiben?«
Shira rollte mit den Augen. »Männer sind in manchen Sachen so beschränkt. Je wichtiger es ist, desto mehr Zeit braucht es.«
Theran schenkte Ranon ein spitzes Lächeln. »Wobei drängt Ranon zur Eile, wenn er es besser nicht tun sollte?«
Ranon knurrte Theran an.
»Ich habe nicht von ihm gesprochen«, sagte Shira.
»Falls es jemanden interessiert«, mischte sich Powell ein,
»Lady Cassidy hat zwei Briefe erhalten – nein, drei. Und hier ist eine Kiste für Gray. Das auf dem Etikett sieht aus wie die Handschrift von Prinz Sadi, und das ist eindeutig das Siegel der SaDiablos.«
»Verdammt«, stöhnten Theran und Ranon.
Seufzend fuhr sich Theran mit den Fingern durch die dunklen Haare. »Gib es mir. Ich werde es Gray rausbringen.« Und versuchen, mir zu überlegen, was ich ihm sagen kann, wenn ich später die Enttäuschung in seinem Blick sehe.
Powell reichte ihm die Kiste.
Das Frühstück lag Theran wie ein kalter, schwerer Klumpen im Magen, der mit jedem Schritt noch kälter und schwerer wurde, während er über das Gelände ging, das Gray für seine neue Pflanzung vorbereitete.
Er arbeitet zu hart und erhofft sich zu viel , dachte Theran. Während der vergangenen Tage hatte er das Gefühl bekommen, dass Gray sich blind in etwas hineingestürzt und dabei das Leben zerstört hatte, das er sich mühsam aufgebaut hatte. Und das, ohne sicher zu wissen, was für ein Leben er stattdessen bekommen würde. Was für ein Leben er sich aufbauen könnte.
Wenn er sich überhaupt etwas aufbauen konnte.
»Gray?«
Gray stellte den Spaten beiseite und griff nach
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