Die schwarzen Juwelen 07 - Blutskönigin
du die Geschichte von Zuulaman?«
Sie hatten sich in eine Sommerdecke gewickelt – mehr wegen der tröstlichen Gemütlichkeit, da es ihre innere Kälte ohnehin nicht vertreiben konnte – und waren bereits bei ihrem dritten großen Glas Brandy, als Jaenelle endlich aufhörte zu zittern.
Daemon hatte ihr einen Arm um die Schultern gelegt. Ihm wäre die Intimität eines Schlafzimmers lieber gewesen
als ein verschlossener Salon, doch er verstand ihre Wahl. Sie wollte dieses Gespräch abschließen, bevor sie ins Bett gingen, sich gegenseitig Trost spendeten und versuchten zu schlafen.
»Er ist nicht bei Sinnen, Daemon.«
Er war sich nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte. »Du denkst, Saetan hat sich so über diese Schlampe aufgeregt, dass er beschlossen hat, einen Spaziergang im Verzerrten Reich zu machen, damit er sich um sie kümmern konnte?«
»Ich denke nicht, dass er irgendetwas beschlossen hat«, erwiderte Jaenelle. »Ich denke, irgendetwas hat ihn über die Grenze getrieben. Ein freier Fall in den Wahnsinn – und die Wut in diesem Wahnsinn ist enorm … und schrecklich.«
Er war acht Jahre lang im Verzerrten Reich umhergeirrt, verloren im Wahnsinn. Er hatte während dieser Zeit nicht an Macht eingebüßt, doch sein Wahnsinn war selbstzerstörerisch gewesen. Wenn er Jaenelles Anspielung auf Zuulaman richtig verstanden hatte, neigte Saetans Wahnsinn dazu, sich nach außen zu richten. Gegen einen Feind.
»Warum?«, fragte er. »Was hast du in diesem Zimmer gesehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Der Zauber in dem Hemd war eine Hinrichtung, eine brutale Form der Gerechtigkeit. Er war als Henker bei ihr im Zimmer. Doch gegen Ende hat sich etwas verändert.«
Zitternd versuchte sie, näher an ihn heranzurücken. Da das nicht möglich war, belegte er die Decke mit einem Wärmezauber.
»Etwas hat sich verändert«, sagte Jaenelle wieder. »Es wurde persönlich. Für ihn. Persönlich genug, um etwas in ihm zerbrechen zu lassen.«
Sie leerte ihr Glas und setzte dann Kunst ein, um die Karaffe mit dem Brandy vom Tisch vor das Sofa schweben zu lassen. Sie füllte ihr Glas und schenkte auch ihm nach, bevor sie die Karaffe wieder zum Tisch schickte.
Daemon kniff die Augen zusammen und registrierte das
Schwanken der Karaffe, als sie auf dem Holz aufsetzte. Dann musterte er seine Frau, deren Blick leicht glasig war.
Ja, das hier war das erste Mal, dass sie genug Alkohol in sich hineingeschüttet hatte, um die Auswirkungen zu spüren, seit sie geheilt war und begonnen hatte, Schatten der Dämmerung zu tragen. Sie hatte nicht bedacht, dass ihr Körper, da sie nun nicht mehr Schwarz trug, den Alkohol nicht so schnell verarbeiten würde.
Seine Liebste war also wesentlich weniger nüchtern als ihr bewusst war. Was bedeutete, dass er ihr die Fragen stellen konnte, von denen er annahm, sie würde sie normalerweise nicht beantworten.
»Er hat Vulcheras Kopf mitgenommen«, sagte er möglichst sanft. »Warum hat er ihren Kopf mitgenommen?«
»Mehr hat er nicht gebraucht.« Jaenelle nippte an ihrem Brandy. »Er hat ihre Juwelen nicht zerbrochen, hat sie nicht ihrer Macht beraubt. Sie wird den Übergang zur Dämonentoten vollziehen. Dafür wird er sorgen.«
»Aber … es ist bloß ihr Kopf.«
»In dem sich das Gehirn befindet, in dem sich der Geist befindet, der die Verbindung zum Selbst darstellt. Oder zumindest eine von ihnen. Alles, was er braucht. Er wird die Hinrichtung vollenden. Sie ist verblutet. Langsam. Dafür sollte das Hemd sorgen. Sie ausbluten. Er wird sie in diesem Zimmer eingeschlossen haben. Sie wird versucht haben hinauszukommen, sich das Hemd abzureißen. Als ihr keines von beidem gelang, als ihr klarwurde, dass ihr keines von beidem gelingen würde … In diesem Zimmer war so viel Angst. Hast du das gespürt?«
»Ja, habe ich.«
»Ausgeblutet, weil sie ein Hemd angezogen hat.« Jaenelle lachte, doch es klang hohl. »Ich denke, wenn sie die Leiche verbrennen … Was auch immer das für einen Zauber auslöst … Ich schätze, es wird wohl ein paar Männer geben, die nachts ruhiger schlafen können aufgrund der Nachricht, die aus diesem Feuer aufsteigen wird.«
Er hat nichts getan, wozu ich nicht auch fähig gewesen
wäre , dachte Daemon. Warum fühle ich mich also so unwohl?
»Diese Angst, während sie verblutet ist, das war der erste Teil der Hinrichtung«, fuhr Jaenelle fort. »Nachdem sie den Übergang zur Dämonentoten vollzogen hat … dann wird der Schmerz erst wirklich
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