Die schwarzen Juwelen 07 - Blutskönigin
stärker gelitten hatten als er.
Zum Beispiel Gray.
Doch durch diese Worte war seine Suche nach einer Königin in ein anderes Licht gerückt worden. Es war nicht einfach nur darum gegangen, eine Königin zu haben, die das Protokoll und die Alten Traditionen des Blutes kannte. Es war auch darum gegangen, eine Königin zu haben, die
strahlen konnte. Die den Männern, die kampfesmüde waren, wieder Mut einflößen konnte – Männern, die vielleicht noch ein wenig länger kämpfen mussten, um Dena Nehele zu heilen und es dann vor den Blutleuten im Rest von Terreille zu beschützen.
Die Königin war das Herz des Landes, sein moralisches Zentrum.
Theran hatte ein Herz gebraucht, an das er rückhaltlos glauben konnte. Das hatte er nicht gefunden. Nicht in ihr.
Darüber würde sie in Ruhe nachdenken müssen. Aber nicht heute. Heute war sie eine Besucherin aus Kaeleer, die eine Führung durch das Heimatdorf ihres Gastgebers bekam. Heute würde sie Cassidy sein und nicht Königin.
Morgen war noch früh genug, sich Gedanken darüber zu machen, wer sie in den kommenden Tagen sein würde.
Als sie das Städtchen Grayhaven erreichten, ging sie im Geiste die Liste der Dinge durch, die sie gebrauchen könnte, und verglich sie mit dem, was sie erstehen konnte, wenn sie einen Mann im Schlepptau hatte. Gestern noch hätte sie Theran in Geschäfte geschleppt, in denen Männer sich aus Prinzip unwohl fühlten. Nun dachte sie darüber nach, wohin ihr Bruder Clayton ohne Protest mitgekommen wäre – sie ging davon aus, dass Theran sich dort wahrscheinlich auch nicht allzu fehl am Platz fühlen würde.
»Hast du irgendein bestimmtes Ziel vor Augen?«, fragte Theran so angestrengt, als hätte er gerade in eine saure Frucht gebissen.
»Gleich und gleich gesellt sich gern, deshalb gibt es in jeder Stadt verschiedene Gemeinden. Ich würde gerne durch die Stadt fahren und so viel wie möglich davon sehen, aber erst einmal würde ich mir gerne die Geschäfte anschauen, in denen der Hof normalerweise einkauft.«
Sie hatte sich bemüht, ihrer Stimme den Tonfall eines interessierten Besuchers zu verleihen, nicht den einer Königin. Er musterte sie einen Moment lang, als wüsste er, dass etwas anders war, sich aber nicht sicher wäre, was es war.
»Also schön«, sagte er schließlich.
Im Einkaufsviertel gab es mehrere Kutschenparks – Areale, in denen die Leute ihre Fahrzeuge stehen lassen konnten, während sie ihren Geschäften nachgingen. In jedem Park gab es ein paar Jugendliche, die auf die Pferde aufpassten und die Kutschen sogar vorfuhren, wenn der Besitzer nicht zurücklaufen und sie abholen wollte.
Da somit für den Ponywagen gesorgt war, schlug Cassidy schnell vor, dass sie zu Fuß gehen sollten. Und wunderte sich, als Theran zögerte.
Sie wunderte sich nicht lange. Die Männer, die Theran kannten, nickten grüßend und schreckten dann zurück, wenn sie sie sahen und erkannten, wer sie sein musste.
»Ich schätze, die Blutleute hier kennen den Unterschied zwischen einem offiziellen und einem inoffiziellen Besuch nicht?«, fragte Cassidy und blieb vor einem Schaufenster stehen. Sie achtete nicht weiter auf die ausgestellte Ware; sie wollte nur einen Moment Zeit haben, um Theran nach diesem Verhalten zu fragen.
Dann wurde ihr Blick von einer Bewegung hinter dem Fenster angezogen und sie sah kurz das Gesicht des Inhabers, bevor der Mann hastig aus ihrem Blickfeld verschwand.
Theran nahm sie am Ellbogen und zog sie von dem Fenster weg.
»Was …?«
»Dieses Geschäft bedient nur männliche Kundschaft.«
»Ja, und?«
»Sagen wir mal, du hast dir gerade Dinge angesehen, von denen die meisten Ladys vorgeben, dass sie nicht existieren.«
Nun tat es ihr leid, nicht besser aufgepasst zu haben, denn sie hatte keine Ahnung, wovon er sprach – und sie war sich sicher, dass er sie nicht zurückgehen und nachsehen lassen würde.
»Welchen Unterschied?«, fragte Theran.
»Was war in diesem Schaufenster?«
Er schüttelte den Kopf.
»Wenn die Ladys nichts davon wissen sollen, warum werden diese Dinge dann in einem Schaufenster ausgestellt?«
»Offiziell und inoffiziell«, sagte Theran in diesem Kriegerprinz-schaltet-auf-stur -Ton.
Schön. Sie würde sich einfach die anderen Geschäfte in dieser Gegend merken und demnächst noch einmal mit Shira hierherkommen.
»Wenn eine Königin sich bei einem Besuch in ihrem Heimatdorf nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmert, wird sie behandelt wie jeder andere auch.«
»Das
Weitere Kostenlose Bücher