Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
ging durch die Tür. Einen Augenblick später kehrte er mit einem jungen Krieger zurück. »Das hier ist ein Freund von Garth.«
»Bitte teile den Lords Garth und Brok mit, dass ich sie erwarte.« Kermilla legte ein wenig Eis in ihre Stimme.
»Das kann ich nicht«, erwiderte der Krieger. »Sie sind verschwunden. «
Sie runzelte die Stirn. »Verschwunden? Wohin denn?«
Der Krieger verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und sah zu Trae anstatt zu Kermilla. »Sie hätten das Landenviertel nicht betreten dürfen. Befehl der Königin.«
Kermilla verdrehte die Augen. »Oh, la. Diesen Befehl habe ich widerrufen.«
»Das hättest wohl du dem Hauptmann der Wache mitteilen
sollen«, antwortete der Krieger hitzig. »Talon hat sie letzte Nacht abgeholt, und jetzt sind sie verschwunden. «
Sie vergaß das Atmen. Dieser bösartige, verkrüppelte Kriegerprinz hatte ihre Jungs abgeholt? »Er hat sie ins Exil geschickt?«
»Ich weiß es nicht. Es lagen heute Morgen keine Höflichkeitsfinger auf der Türschwelle ihres Vaters, also wurden sie vielleicht einfach nur fortgeschickt.«
»Höflichkeitsfinger?«, fragte Trae.
Der Krieger schüttelte den Kopf und wich zurück. »Ich habe genug geredet. Wenn ihr mehr wissen wollt, fragt Prinz Grayhaven.«
»Das werde ich«, schnaubte Kermilla, als der Krieger davoneilte. »Das werde ich ganz bestimmt.«
»Lady«, sagte Trae leise. »Ich glaube, es wäre besser, wenn Jhorma und ich uns nach den Fingern erkundigen. Ich glaube nicht, dass die Antwort dir gefällt.«
»Wir gehen zurück zum Herrenhaus«, sagte Kermilla. »Das ist nicht die einzige Antwort, die Prinz Grayhaven mir schuldet.«
Allem voran wollte sie wissen, wohin er heute Morgen so früh verschwunden war. Und warum Correne ihn begleitet hatte.
Als er von seiner Unterredung mit den Händlern zurückkehrte, fand Theran ein weiteres Päckchen auf seinem Schreibtisch: eine kleine, schlichte Holzkiste.
Er wusste, was die Kiste bedeutete. Jeder Einwohner Dena Neheles wusste es.
Mit Hilfe eines Speerfadens rief er nach Julien, seinem neuen Butler. Er hob das gefaltete und mit Wachs versiegelte Schreiben auf, das auf der Kiste gelegen hatte, erbrach das Siegel aber nicht und ließ den Brief verschlossen.
»Prinz Grayhaven?« Julien trat einen Schritt in den Raum hinein und blieb dann stehen, um sich zu vergewissern,
dass keine Frauen anwesend waren. Dann näherte er sich dem Tisch.
Julien war ein Krieger mit hübschem Gesicht und eisigem Temperament. Wie Gray hatte er körperliche Folter durchlitten – seine Narben zeugten davon. Als er sich für die Stelle des Butlers bewarb, hatte er Theran geradeheraus gesagt, er würde jeder Frau den Bauch aufschlitzen, die versuchte, ihn ins Bett zu holen, aber solange Theran die Ladys von ihm fernhielt, wäre er erfreut, die Stelle antreten zu dürfen.
Nachdem er eines Nachmittags beobachtet hatte, wie Julien die Küchenmesser schliff, achtete Theran darauf, dass der Mann nie mit Kermilla oder Correne alleine war.
»Wann ist das hier gekommen?«, fragte Theran.
»Ich habe es heute am frühen Morgen auf dem Tisch gefunden, auf dem die Visitenkarten der Besucher abgelegt werden«, erwiderte Julien. »Du warst bereits fort, also habe ich es in der Besenkammer versteckt, damit sich die anderen Bediensteten nicht erschrecken. Ich wollte es dir heute Morgen nach deiner Rückkehr überreichen, aber du bist so schnell wieder aufgebrochen…«
Also war Talon letzte Nacht hier. War er noch zu Hause oder bereits mit den Winden unterwegs gewesen, um eines seiner Probleme in ihr Heimatdorf zurückzubringen?
Wenn er hier gewesen war, wenn Talon das Haus betreten und verlassen hatte, ohne auch zu versuchen, mit ihm zu sprechen … dann war das genauso eine Warnung wie die Kiste.
»Ist Lady Kermilla im Haus?«, fragte Theran.
»Sie ist auf ihrem Zimmer. Sie schien bekümmert, als sie aus der Stadt zurückkam. Sie möchte mit dir sprechen, aber die Lords Trae und Jhorma haben um eine Unterredung gebeten, bevor du dich mit der Lady triffst.«
»Schick die beiden herein.«
Er wartete, bis Julien den Raum verlassen hatte, bevor er das Siegel erbrach und das Papier entfaltete. Einfache Worte, die keinen Atem verschwendeten – und ein entschlossenes, gnadenloses Urteil.
Garth und Brok missachteten den Befehl der Königin und betraten das Landenviertel. Für diese Tat allein wären sie verbannt worden, wie die Königin es befahl. Doch sie haben das Haus des Webers aufgesucht,
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