Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
zwischen die Knie. »Ah, die Priesterin gibt das Signal. Wir anderen fallen in einer Minute in den Rhythmus mit ein.«
Cassidy nahm Platz und brachte ihre Trommel in Position. Sie hatten die letzten Wochen über für diese Tänze geübt. Yairen hatte befunden, sie sei bereit, bis auf den Feuertanz bei allen Tänzen mitzuspielen.
Die Frauen der Shalador versammelten sich. Viele blieben an einem kleinen Steinaltar stehen und öffneten eine Vene über einem großen Silberkelch – das Blut, mit dem die Priesterin den Kreis für den Tanz ziehen würde.
Zwei weitere Trommeln schlossen sich den ersten beiden an. Dann noch einmal zwei und zwei weitere. Ein einfacher Rhythmus, der sich in anspruchsvollere Stränge aufteilen würde. Cassidy war der einfachere Takt zugewiesen worden, und Shira und Reyhana hatten beschlossen, mit ihr zu spielen, statt dem komplexeren Rhythmus zu folgen. Sie war dankbar für diese Entscheidung, als sie daran war, sich dem Trommeln anzuschließen. Man musste auf so vieles achten, und jetzt, da die Trommeln plötzlich durch Kunst verstärkt wurden und ihr Klang sich aus Dem Tanz erhob, spürte sie das Verführerische und die Macht dieser Tradition.
Als die letzte Trommel in den Takt mit einfiel, erhob sich die Stimme der Priesterin zu einem wortlosen Lied, das die Männer zum Tanz rief. Eine weitere Stimme schloss sich ihrer an. Dann noch eine. Und noch eine.
Die ersten Männer kamen. Ein paar Väter mit Söhnen, die alt genug waren, den Tanz der Jungen zu tanzen. Die meisten Männer waren älter, unter ihnen Ranons Großvater Yairen. Sie würden die Feier mit dem Tanz der Weisheit eröffnen.
Die Priesterin zog den Kreis aus Blut und Kunst, während die Stimmen der Frauen verstummten, bis es nur noch ihre eigene Stimme und die Trommeln waren, die riefen, riefen, riefen.
Cassidy schlug ihre Trommel, dankbar für den einfachen Rhythmus, den sie halten und trotzdem noch die Menschen beobachten konnte.
Die Priesterin streckte ihre Hand aus und führte Yairen durch den Kreis. Dann streckten beide ihre Hände aus, um zwei weitere Männer in den Tanz aufzunehmen. Als sie die Hand des letzten Ältesten ergriff, der am Tanz teilnahm, trat sie aus dem Kreis heraus.
Alle Trommeln, bis auf die Leittrommel, verstummten. Die Musikerinnen schüttelten ihre Hände aus, während die Leittrommel den Übergang zu einem anderen Rhythmus vollzog. Dann fielen die anderen Trommeln wieder ein, zusammen mit den Geigen und Flöten.
Bilder und Klänge verschwommen. Cassidy konzentrierte sich auf ihr Instrument, während sie immer wieder einen Blick auf die Tänzer warf, die denselben Schritten folgten wie schon vor Jahrhunderten ihre Vorfahren.
Mitten im Tanz der Jungen verlor sie den Takt, weil die Jüngeren – die gerade ihre Geburtszeremonie hinter sich gebracht hatten – sich in gedankenlose Welpen verwandelten und so ziemlich alles vergaßen, was sie gelernt hatten. Schließlich tanzten sie einfach mit den älteren Jungen mit. Und mehr als nur ein paar von ihnen hörten ganz auf zu tanzen, um ihren Müttern zuzuwinken, was zu Verwirrung führte, als die Jungen, die noch dabei waren, versuchten, sich um die unerwarteten Hindernisse herumzubewegen.
Trotz Shiras vorangegangener Versicherung, die Trommler würden zwischendurch aussetzen, war es Cassidy peinlich, nach so vielen Wochen des Übens aus dem Takt gekommen zu sein. Dann wich der Tanz der Jungen dem Tanz der Heranwachsenden, und Reyhana konnte überhaupt nicht mehr trommeln, so sehr musste sie über Janos’ Possen lachen. Als sie hörte, wie noch mehr Frauen anfingen zu lachen und aus dem Takt gerieten, verstand Cassidy plötzlich, dass bei dieser freudigen Feier keine Perfektion verlangt wurde. Also beobachtete sie Janos und fiel in Reyhanas Lachen ein.
Er führte die Schritte genau so aus, wie er sollte, aber Cassidy lernte eine ganze Menge über seine innere Einstellung. Die meisten jungen Männer, die ein oder zwei Jahre vor ihrem Opfer standen und dann als Erwachsene gelten würden, führten den Tanz mit erbitterter Ernsthaftigkeit auf. Janos dagegen legte eine solche Unbeschwertheit in seine Schritte, dass er sich damit über sich selbst und die anderen kurz vor der Mannwerdung stehenden Jungen lustig machte.
Cassidy fühlte Shiras erleichtertes Seufzen eher, als dass sie es hörte, und verstand das Gefühl, auch wenn sie lachte. Janos wusste, es gab Grenzen, die er nicht überschreiten durfte, und er hatte getan, was er konnte, um sich
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