Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
mal«, sagte Daemon und stellte den Brandy beiseite. »Ich rege mich einfach nur auf. Ich bin von einem Baum gefallen. Ich habe das Recht, mich aufzuregen. Und ich fühle mich … unzureichend.« Beim Feuer der Hölle, es schmerzte sein Ego, das zuzugeben.
»Du bist kein Eyrier, alter Freund«, antwortete Lucivar. »Und wirst es niemals sein.«
»Ja, ich weiß.«
»Nein, das glaube ich nicht.« Lucivar betrachtete ihn. »Wir wussten, dass Daemonar nicht mehr bei uns bleiben könnte, wenn die Brunst einsetzt, und als Marian die Zeichen erkannte und ihn runter zu Merry und Briggs gebracht hat, bevor ich…« Er fuhr sich mit der Hand durch das schwarze Haar. »Der Junge wollte dich. Seinen Onkel Daemon. Der kein Eyrier ist. Der nicht fliegt oder kämpft – wenigstens nicht auf eine Art und Weise, die er schon versteht – , aber der eine Menge weiß. Er will nicht, dass du dich verhältst wie ein Eyrier. Er will bei dir sein, weil er dich liebt.«
Diese Worte hoben die Last der Erwartungen auf, die er an sich gestellt hatte – und erfüllten ihn mit warmer Freude.
»Ich bringe das kleine Biest wohl besser nach Hause. Seine Mutter vermisst ihn.« Während er sich umdrehte, griff Lucivar nach dem Türknauf, dann hielt er inne und sah Daemon an. »Bist du wirklich von einem Baum gefallen?«
Er seufzte. »Bin ich. Wirklich.«
»War er oben auf dem Baum?«
»Sonst wäre ich nicht hochgeklettert«, sagte Daemon trocken.
Verblüffte Erheiterung breitete sich auf Lucivars Gesicht aus. »Hast du ihm nicht gesagt, er soll runterkommen?«
»Natürlich habe ich das.«
Noch verblüffter. »Als du es ihm gesagt hast und er nicht gehorcht hat, warum hast du keine Kunst eingesetzt, um seinen kleinen Arsch da runterzuholen? Ich hätte es getan.«
Kapitel fünf
TERREILLE
C assidy schloss die Augen und konzentrierte sich aufs Atmen.
Nervosität und Aufregung. Ihr erster offizieller Besuch bei dem Volk, über das sie herrschte. Und das erste Mal, dass die Menschen außerhalb der Stadt Grayhaven ihren Ersten Kreis dabei sahen, wie er als Erster Kreis zusammenarbeitete.
Sie warf einen Blick auf Theran. Seit sie den verborgenen Schatz auf dem Dachboden von Grayhaven gefunden hatte, gab er sich offensichtlich Mühe, sich zu verhalten, als wolle er ihr dienen. Doch diese gezwungene Höflichkeit erinnerte sie tagtäglich daran, dass er nicht auf dieselbe Art und Weise zu ihr gehörte wie die anderen Männer ihres Ersten Kreises.
Vielmehr fühlte sich sein Bemühen zu dienen allzu sehr so an wie bei ihrem vorigen Hof. Dort hatte man sie auch mit gezwungener Höflichkeit überhäuft – kurz bevor ihre Männer den Hof zerbrachen und sie verließen, um einer anderen Königin zu dienen.
Es fiel ihm schwerer als dem Rest des Ersten Kreises, diesen Besuch in Eyota, Ranons Heimatdorf, zu akzeptieren. Sie hatten in den letzten Tagen eingehend besprochen, was nötig war, um ihre Königin an einem unbekannten Ort zu schützen. Theran hatte keine Meinung geäußert, keine Vorschläge, nichts. Er hatte sogar nicht einmal die Einwände vorgebracht, die ein Erster Begleiter hätte äußern müssen. Distanzierte er sich von ihr, weil sie sich geweigert hatte, diese Reise abzusagen – oder weil ihn der Aufenthalt in einem Shalador-Reservat an die andere Seite seines Erbes erinnerte? Er war stolz darauf, von Jared abzustammen, aber er
schien nur mit dem größten Widerwillen zuzugeben, dass Jared aus Shalador kam.
Dann war da noch Gray, der ihre Hand umklammert hielt, obwohl sie sich in einer Kutsche befanden, auf deren Bock ein Fahrer saß, der Erfahrung damit hatte, eine lange, geschlossene, möblierte Kiste zu steuern, die dazu gebaut war, auf den Winden zu reisen, jenen mentalen Netzen durch die Dunkelheit. Gray klammerte sich nicht an sie, weil er von der Macht und dem Können eines anderen abhängig war. Mit fünfzehn war er gefangen genommen und der Königin Dena Neheles übergeben worden. Zwei Jahre Folter hatte er überlebt, bevor man ihn rettete. Es hatte ihn viel Mut gekostet, nach Grayhaven zurückzukehren, als Theran und Talon verkündet hatten, sie würden dort mit der neuen Territoriumskönigin leben. Und sie wusste, es hatte ihn noch mehr Mut gekostet, Grayhaven zu verlassen, um sie an einen unvertrauten Ort zu begleiten und Zeit mit Fremden zu verbringen.
»Die Herberge sieht etwas heruntergekommen aus, aber sie ist stabil, verfügt über fließend Wasser und eine Küche, und sie ist groß genug, um den ganzen Ersten
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