Die schwarzen Juwelen 08 - Blutsherrschaft
blitzte verschlagene Berechnung in ihren Augen auf. In diesem Moment erkannte er, was die anderen Kriegerprinzen in ihr gesehen hatten – und verstand, warum sie ihr niemals dienen würden.
Dann war der Moment vorüber, und sie war wieder die junge Frau, die ihn vom ersten Augenblick an verzaubert hatte. Sie war die wunderschöne Kermilla, die Königin, deren Wille nicht länger sein Leben sein konnte.
Sie beugte sich vor, die Lippen zu einem anzüglichen Lächeln verzogen. »Warum gehen wir nicht nach oben, um richtig voneinander Abschied zu nehmen?« Sie lachte kurz auf. »Das könnte ein, zwei Tage dauern.«
Er wollte nachgeben. Mutter der Nacht, wie sehr er nachgeben wollte!
Verschwunden bis Sonnenaufgang – oder morgen bei Sonnenuntergang tot. Mehr Zeit hatte sie nicht, wenn sie in Dena Nehele blieb. Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Wann soll ich denn aufbrechen, dass wir uns nicht einmal das bisschen Zeit nehmen können?«
»Jetzt.«
Entsetzen.
*Julien?*, rief Theran auf einem Speerfaden.
*Es ist erledigt. Ich bin fertig.*
»All deine Sachen sind gepackt und in der Kutsche«, sagte Theran. »Ich bringe dich jetzt zum Bergfried.«
»Das kannst du nicht machen!« Kermilla wich vor ihm zurück.
Er warf einen Grünen Schild um den Schreibtisch, vor allem, um den Wunschtopf und das Buch zu beschützen.
Kermilla fühlte den Schild und fuhr zu ihm herum, das Gesicht voll Schmerz und wachsendem Zorn.
»Ich habe alles für dich aufgegeben!«, schrie sie. »Alles, Theran!«
Er wünschte, er könnte ihr noch glauben.
»Es tut mir leid.« Was sonst sollte er sagen? Er stand auf. »Es ist Zeit, zu gehen.«
Schmerz und Zorn verschwanden. Der sexy Schmollmund kehrte zurück. »Ich kann nicht mit diesem Kleid in den Bergfried.«
»Es wird ihnen nichts ausmachen.« Er ging zu ihr und streckte die Hand aus, um sanft ihren Arm zu ergreifen.
Wieder ein Gemütswechsel. Er sah ihr in die Augen und erkannte den Augenblick, in dem sie überlegte, sein Gesicht mit ihren Nägeln zu zerkratzen – und den Moment, in dem sie bemerkte, dass er einen Grünen Schild trug, um sie genau davon abzuhalten.
Mit festem Griff packte er ihren Arm und führte sie aus dem Haus seiner Familie in die Kutsche, die am Landenetz wartete.
Kermilla kauerte sich im Passagierabteil der Kutsche zusammen. Niemand leistete ihr Gesellschaft außer diesem schrecklichen Julien, der ihr eine Art erdrückende Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ, während Theran, der offenbar nicht Manns genug war, sich beim Kutscher im abgeschlossenen Vorderabteil versteckte.
Sie hatte verloren. Statt ein paar Jahre über ein Territorium zu herrschen und bewundert zu werden, schickte man sie nach Hause, wo sie nichts erwartete. Kein Hof, keine Männer, keine Einnahmen, nichts. Ihre Mutter war geizig, wenn sie also in das Haus ihrer Eltern zurückkehrte, würde ihr Vater ihr auch nichts geben. Außerdem wäre nach Hause zu rennen genau das, was Fleckengesicht getan hatte – und sie würde niemals so sein wie Cassidy. Niemals.
Aber irgendetwas musste sie tun. Wie lange würde man sie im Bergfried bleiben lassen? Arbeiteten dort irgendwelche interessanten Männer? Männer, die man dazu bringen konnte, einer jungen, hübschen Königin zu helfen, die ein gemeiner Kriegerprinz in die Irre geführt hatte, dessen Ehre bestenfalls fragwürdig war?
Nachdem das entschieden war, setzte sie sich bequemer hin, ließ Julien ihr etwas zu essen und eine Tasse Kaffee bringen und verbrachte den Rest der Reise mit dem Gedanken, wie sie diesen Verlust zu ihrem Vorteil nutzen könnte.
SCHWARZER ASKAVI
Theran stieß einen lautlosen Seufzer der Erleichterung aus, als er die Kutsche verließ und das Landenetz in einem der Innenhöfe des Bergfrieds betrat. Er hatte sich die ganze Fahrt über von Kermilla ferngehalten, weil er befürchtet hatte, er würde ihren Forderungen oder seinem eigenen Verlangen nachgeben, wenn er sich mit ihr in diesem kleinen Abteil aufhielt.
Doch hier im Bergfried verblasste die Anziehungskraft ihrer Gegenwart, unterlag dem Berg und seinen Bewohnern.
So war es besser für sie beide.
Er bot ihr seine linke Hand an, als sie aus der Kutsche stieg. Sie achtete nicht darauf und marschierte zur Tür. Sie klingelte, bevor er zu ihr aufschließen konnte, dann stand sie mit verschränkten Armen da und wippte ungeduldig mit dem Fuß.
Der Mann, der die Tür öffnete, hatte schwarzes Haar mit einem ausgeprägt spitzen Haaransatz, weiße Haut und sinnliche
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