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Die schwarzen Raender der Glut

Die schwarzen Raender der Glut

Titel: Die schwarzen Raender der Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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Mund. »Sie haben allerhand Beziehungen, ich weiß schon. Wir kennen uns ja. Sie sind der Polizist, der . . . Übrigens habe ich Sie immer für eine Mesalliance Barbaras gehalten. Aber die Mesalliance hat gehalten. Respekt.«
    Berndorf sagt, dass er nur ein oder zwei Fragen habe. Schatte zuckt mit den Schultern. »Von mir aus. Aber gehen wir ein paar Schritte.«

    Sie verlassen den Friedhof und gehen unter den Kastanien des Vorplatzes hindurch zur Dorfstraße und weiter im Schatten an den Bauernhäusern vorbei, während Berndorf einmal mehr seinen Hausierer-Spruch aufsagt . . .
    »Vor mir braucht Ihnen das nicht genierlich zu sein«, sagt Schatte und zieht sich das schwarze Jackett aus. »Ich bin für einen wehrhaften Staat. In der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus musste der Hobel angesetzt werden. Niemand soll sich da über Späne beklagen.«
    Berndorf wirft einen Blick zur Seite. Schatte, das Jackett überm Arm, scheint es ernst zu meinen.
    »Übrigens will ich Ihnen gerne sagen, was ich weiß. Natürlich war ich tangiert. Die Geschichte hat mich für zehn Tage hinter Gitter gebracht. Untersuchungshaft, eine lehrreiche Erfahrung, hätten Sie sich auch mal antun sollen. Zehn Tage unter Rauschgiftsüchtigen, Zuhältern und Gewohnheitsdieben, da erfahren Sie einiges über unsere Gesellschaft . . . Nun wissen Sie sicherlich, dass ich in Haft war, und Sie werden auch wissen, dass ich ganz früher mal mit Franziska verheiratet gewesen bin. Wir waren 1968 in Worms getraut worden, Franziska noch mit Brautschleier, eine ziemlich voreilige Sache, eigentlich wollten wir beide nur dem kleinstädtisch-pfälzischen Milieu entfliehen . . . Zwei Jahre später haben wir uns scheiden lassen, nachdem wir schon längst nicht mehr zusammenlebten.«
    »Sie haben aber Kontakt gehalten? Franziska hat Sie zum Aufbruch gebracht, nicht wahr?«
    Wieder ein kurzer Blick zur Seite. So gefällt es ihm nicht.
    »Über Franziska habe ich Rüdiger Volz kennen gelernt, das ist richtig. Aber sonst hatte Franziska auf meine Arbeit für den Aufbruch keinen Einfluss, das war nicht ihre Spielklasse.«
    »Bei Birgit Schiele war das anders?«
    Schatte bleibt stehen und sieht Berndorf an, den Mund ärgerlich zusammengepresst. »Das wird ein richtiges Verhör, wie?«, sagt er schließlich. »Aber bitte. Birgit Schiele hat auf meine Anregung hin einige Texte aus dem französischen Anarcho-Syndikalismus
übersetzt, mehr oder weniger elegant. Gelegentlich musste ich Formulierungshilfe geben. Übrigens  – falls Sie das noch nicht herausgefunden haben – war ich auch mit ihr eine Zeit lang liiert, wir hausten in einer Wohngemeinschaft in der Heidelberger Hauptstraße, Dachgeschoss, Flokati-Teppiche, indische Sitzkissen, ab und zu ein Pfeifchen mit dem guten Gras. Tempi passati.«
    »Erinnern Sie sich an ein Sommerfest in Schwetzingen, das der Gerichtsreporter Winfried Busse gab? Es war in der Nacht, in der O’Rourke erschossen wurde. Busse und andere Gäste haben den Polizeifunk abgehört.«
    »Sicher erinnere ich mich. Ich habe ja selbst bei Franziska angerufen, nachdem im Polizeifunk die Hausnummer genannt worden war. Irgendein Polizist hat abgenommen. Vielleicht waren das sogar Sie. Ich weiß noch, dass ich wirklich erschrocken bin. Ich mochte Franziska, noch immer. Der Anruf hat mir dann die zehn Tage in der Untersuchungshaft eingebracht, bedankt habe ich mich wohl schon bei Ihnen.«
    Gleichgültig blickt Berndorf auf den Weg. »Haben Sie damals von einer silbernen Kette gehört? Dass es einen Streit darum gegeben hat, oder dass sie für jemanden ein Erkennungszeichen sein sollte?«
    Wieder bleibt Schatte stehen. Er nimmt sein Jackett und zieht es sich wieder an. »Hören Sie. Ich bin wirklich guten Willens und kooperativ. Obwohl ich Professorin Stein durchaus zu nichts verpflichtet bin. Aber wir sind hier nicht bei Edgar Wallace oder Francis Durbridge. Guten Tag.«
    »In Ihrer Umgebung ist nie über diese Kette gesprochen worden?«
    Unwillig schüttelt Schatte den Kopf und geht zur Kirche zurück.
     
    Blaugrün lächelt der Starnberger See, eine Brise fährt durch die Uferbäume und fächelt den kühlen Geruch des Wassers zu den beiden Frauen, die durch den Park der Akademie schlendern. »Weil im Handbuch ausgerechnet Giselhers Blatt fehlte,
haben Sie also herausgefunden, dass dieser Herr Zundt zu uns wollte?«, fragt Kerstin. Sie ist die Parlamentarische Mitarbeiterin des MdB Giselher Schnappauf, hat kurzes blondes Haar und auf der Nase eine

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