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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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den letzten Brief an diesem Tag zu versiegeln. Ein Behälter mit zusammengebundenen Pergamenten wartete neben dem Schreibtisch auf die Ankunft des Botenläufers, der ihn zur schnellen Weiterbeförderung zur Gilde bringen würde.
    Mara legte das schwere Siegel beiseite und ging innerlich noch einmal ihre Anweisungen für Jican, Incomo und Keyoke durch, die auf dem Anwesen am See warteten. Sie würden ihre Angelegenheiten während ihrer vermutlich längeren Abwesenheit bestens weiterführen. Irrilandi, ihr Zweiter Kommandeur, war zur Zeit bei den Shinzawai und half Hokanu, die Kontrolle als Herrscher zu festigen. Es hatte kleinere Angriffe von Feinden gegeben, und eine oder zwei Allianzen waren auf Druck der traditionalistischen Gruppe in die Brüche gegangen. Hokanu hatte noch keine formale Antwort auf die Bitte des Kaisers geschickt, den kaiserlichen Posten seines Vaters einzunehmen. In seinem Brief an Mara hatte er erklärt, daß diese Verzögerung dem Versuch diente, einen unangenehmen Rivalen hervorzulocken.
    »Dogondi, der Erste Berater meines Vaters, ist ein Schatz – er ist verteufelt schlau und dazu ein Humorist«, hatte Hokanu geschrieben. »Er liebt es, unsere Feinde zu beschämen, indem er sie lächerlich macht. Wie er mir erst kürzlich sagte: ›Tötet einen Mann, und Ihr gesteht ihm in den Augen der Götter Ehre zu. Lacht über ihn, und Ihr beschämt ihn.‹«
    Mara lächelte leicht über diese Wahrheit. Dann wurde sie wieder ernst, als sie an den übrigen Brief ihres Mannes dachte. Obwohl er unter großem Druck stand und täglich die Zielscheibe der Kritik einiger eifersüchtiger Cousins war, hätte er sich doch etwas intensiver nach dem Wohlergehen seiner Tochter erkundigen können. Daß Mara eine lange und möglicherweise gefährliche Reise vorhatte, während das Kind noch eine Amme benötigte, schien ihn nicht weiter zu beunruhigen.
    Doch andererseits war Hokanu nicht der Mann, der auf seinen Sorgen herumritt. Er mochte innerlich vergehen vor Befürchtungen, sie damit jedoch nicht belästigen wollen. Mara konnte ihre Reise als Wallfahrt kaschieren, so sehr sie wollte, und die Traditionalisten würden möglicherweise auch darauf hereinfallen. Die Anasati schluckten die Täuschung vielleicht einige Monate, bevor Jiros Erster Berater die Wahrheit entdeckte. Die Versammlung der Magier würde jedoch rasch die List untersuchen, wenn sie auch nur die geringsten Zweifel hatte. Mara schloß die Augen und wischte feuchte Strähnen aus der Stirn. Sie schob die alptraumhafte Erinnerung an den Feuerregen beiseite, der die Kaiserliche Arena heimgesucht hatte, als Milamber seine magischen Kräfte entfesselt hatte.
    Wenn die Schwarzgewandeten versuchten sie aufzuhalten, würde alles in einem schmerzvollen, brutalen Augenblick zu Ende sein. Sie durfte ihnen keinen Anlaß geben, Verdacht zu schöpfen, und das bedeutete wochenlange sorgfältige Planung.
    Wieder versuchte Mara, die Schrecken von Milambers Zerstörung bei den Kaiserlichen Spielen aus ihren Gedanken zu verbannen. Der barbarische Erhabene war widerspenstig gewesen, sogar dickköpfig, hatte sie gehört. Die Versammlung selbst hatte ihn verstoßen, nach seiner Tat, mit der er die Ordnung des Himmels überschritten und Sklaven die Freiheit geschenkt hatte. Ihr kam der Gedanke, daß dieser Milamber möglicherweise das Leben in derselben sonderbaren Weise betrachtete, wie ihr Liebhaber Kevin es getan hatte … für den Leben mehr als Ehre bedeutete, während Religion nicht das Leben der Menschen regierte, sondern ihnen Führung anbot. Mara runzelte die Stirn. Wenn Milamber von seinen Kameraden als Abtrünniger betrachtet wurde, konnte er dann nicht eine Quelle der Einsicht in ihrem gegenwärtigen Dilemma darstellen?
    Mara gab ihrem Impuls nach und klatschte in die Hände. Der Sklave, der von den Bediensteten als Botenjunge abgestellt war, erschien an der Tür, ein rothaariger Knabe von gerade zehn Jahren. Er war von seinem Posten als Hirtenjunge zum Haussklaven befördert worden und fühlte sich noch immer unbehaglich in der Livree. Mara sah ihn vor Ehrfurcht zittern, als er sich verbeugte.
    Sie hatte Mitleid mit ihm, obwohl ihr eigener Sohn alles andere als scheu war und sie sich eher daran gewöhnt hatte, die jungen Krieger zurechtzuweisen, als einen ruhigen zu ermutigen. »Kalizo«, sagte sie. »Komm her.«
    Der Junge erhob sich mit zitternden Knien und weit aufgerissenen Augen. Er kam zu ihr, stolperte unbeholfen über die Kante des Teppichs. Seine

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