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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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der Hitze vertrocknete Samenhülsen noch verwelkte Blütenblätter verdarben ihre Frische. Der Boden war glattgestrichen und frei von Unkraut, wie bereits zu der Zeit, da der Arbeiter begonnen hatte. Jeder Busch war so hergerichtet, daß er unter sparsamer Ausnutzung des Platzes seine Schönheit erstrahlen lassen konnte. Der kaiserliche Beamte im Ruhestand, der zu diesem Haushalt gehörte, benutzte seine Wohnung nur unregelmäßig. Da er Frieden und Ruhe schätzte, waren die Gärten abseits von der Hektik der Heiligen Stadt angelegt worden. Halberblindet durch den grauen Star, neigte er dazu, die Gesichter seiner Gärtner zu vergessen. So bot sein hübscher, kleiner Privatgarten gegenüber der Stadtbibliothek einen perfekten Treffpunkt für einen Supai, der geheime Informationen austauschen wollte, die er mit Hilfe eines Bestechungsgeldes von einem Kopisten des Archivars erworben hatte.
    Arakasi spuckte in die Hände, wie jeder sorgfältige Gärtner es tun würde, und nahm die Harke wieder auf. Seine sonnengebräunten Hände sahen aus, als hätte er sein Leben lang eine solche Arbeit ausgeführt, während er parallele Furchen in den trockenen Boden zog. Er spielte seine Rolle bis zur Vollkommenheit; nur die Augen überwachten verstohlen den Eingang des Archivs auf der anderen Seite der Durchgangsstraße.
    Er war diesmal sogar noch vorsichtiger als gewöhnlich. Nachdem Kamlio ihn dazu gebracht hatte, seine Ansichten neu zu formulieren, vertraute er seinen Reaktionen nicht mehr. Er besaß nicht mehr das tiefe Gefühl für seine Fähigkeit, mit großer Schnelligkeit zu handeln. Während er den Boden harkte, grübelte er. Würden Gefühle ihn zögern lassen? Er sah Menschen, selbst Feinde, nicht länger nur als Figuren auf einem Spielbrett. Sein persönliches Bewußtsein, das seiner Pflicht als Diener widersprach, verursachte einen Konflikt, und er fürchtete sich vor den Konsequenzen.
    Seit seine Bemühungen, einen Spion in die Stadt der Magier einzuschleusen, zerschlagen worden waren, hatte er begriffen, daß jede Untersuchung eines alten Textes über geheime Themen, jeder Versuch, in einen der verbotenen Abschnitte der Geschichte einzudringen, Aufmerksamkeit auf sich ziehen mußte. Außerdem waren die Büchereien auch Jiros Leidenschaft, und Spione der Anasati hatten die Kaiserlichen Archive unterwandert. Da diese selten von anderen als den Studenten der Geschichte aufgesucht wurden – und von denen waren die meisten auch noch Novizen des einen oder anderen Tempels –, würde jeder als Agent hineingeschickte Fremde Fragen aufwerfen. Seit Ichindars Aufstieg zur absoluten Herrschaft war der Tag der Bittsteller zu einer Gelegenheit geworden, bei der Diskussionen über unbedeutende Gesetzesfragen geführt wurden. Längst wurden vom Hohen Rat keine Kuriere mehr geschickt, die sorgfältig die Stapel verblassender Pergamente durcharbeiteten, um wichtige Fragen der Tradition zu klären, die zum Streitpunkt von Kaufleuten oder Gilden geworden waren.
    Es war nicht leicht für Arakasi gewesen, einen Novizen zu finden, dessen Loyalität nicht bereits von einer anderen Gruppe beansprucht wurde. Am Ende hatte er von den Akolythen des Roten Gottes, die sich Mara gegenüber verpflichtet fühlten, einen Gefallen eingefordert. Während der Supai weiterharkte und sein Blick sich immer wieder verstohlen auf die geschnitzte Türschwelle jenseits der Durchgangsstraße richtete, spürte er eine innere Unruhe über seine etablierte, doch inzwischen so nutzlos gewordene Operation. Arakasi wagte es nicht, sich mit den ständigen Agenten im Palast in Verbindung zu setzen, denn er vermutete, daß sie inzwischen alle unter Chumakas Beobachtung standen. Genügend Zeichen hatten deutlich gemacht, daß der Zweig seines Netzwerkes im Palast unterwandert worden war. So hatte Arakasi einen ansonsten harmlosen Studenten hineingeschickt, um Chumakas Agenten von der Fährte abzubringen. Der Supai der Acoma wußte, daß sich der Feind nicht lange in die Irre führen lassen würde.
    Zwei Priester von Turakamu und ein Akolyth aus dem Hohen Tempel hatten Texte über die Themen herbeigeschafft, die Arakasi ihnen aufgetragen hatte. Er hatte seine Nächte bei Kerzenlicht verbracht und Zeilen in verblaßter Tinte gelesen. Jeden Tag bei Morgengrauen hatte er Mara verschlüsselte Nachrichten zum alte Acoma-Landgut zukommen lassen, und der Kreis zog sich immer enger zusammen: Die Zeit das Konflikts, der in den geheimen Vertrag mit den Cho-ja mündete, konnte in

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