Die Schwarzen Roben
Schlamm und Staub klebten an ihrem nackten Fuß, und sie zögerte, dachte darüber nach, ob sie den verlorenen Schuh suchen oder den übriggebliebenen in die Hecken werfen sollte.
Was spielt es denn für eine Rolle? wandte eine weit entfernte Stimme in ihrem Innern ein. Mara betrachtete ihre schlecht beschuhten Füße mit einem gewissen Abstand, als sie den Hain verließ. Sie blickte auch nicht auf, als sie zwischen den schützenden Hecken hervortrat und ihr Mann zu ihr eilte und wieder seinen Platz an ihrer Seite einnahm. Seine Worte beruhigten sie nicht. Sie wollte nicht aus ihrer inneren Welt zurückkehren und ihre Bedeutung erforschen.
Hokanu schüttelte sie sanft und zwang sie aufzuschauen.
Ein Mann in roter Rüstung stand vor ihr – dünn, elegant, gelassen, das Kinn arrogant hochgereckt. Mara starrte ihn abwesend an. Seine Augen verengten sich. Er sagte etwas. Die Hand, die irgend etwas hielt, machte eine Bewegung, und etwas von der beißenden Verachtung, die er hinter seiner Haltung verbarg, kam zum Vorschein.
Maras Blick wurde schärfer. Ihre Augen konzentrierten sich auf das Zeichen am Helm des jungen Mannes, und ein tiefes Zittern durchfuhr sie.
»Anasati!« sagte sie, und es klang wie ein Peitschenknall.
Lord Jiro antwortete mit einem eisigen Lächeln. »Die Lady läßt sich dazu herab, mich zu bemerken, wie ich sehe.«
Mara versteifte sich; eine langsam anschwellende Wut erwachte in ihrem Innern.
Sie sagte nichts. Hokanus Finger klammerten sich unauffällig um ihr Handgelenk, eine Warnung, die sie nicht bemerkte.
In ihren Ohren dröhnte ein Geräusch wie von tausend wütenden Sarcats, die vor Trotz zischten, wie von Sturzbächen vom Unwetter angeschwollener Flüsse, die zerklüftete Felsen hinunterjagten.
Jiro von den Anasati hob in die Höhe, was er in der Hand trug: ein kleines Puzzle, das ein Muster aus geschickt miteinander verflochtenen Holzringen bildete. Er neigte den Kopf zu einer förmlichen Verbeugung und sagte: »Der Schatten meines Neffen verdient ein Andenken an die Anasati.«
»Andenken!« sagte Mara. Ihre Stimme war kaum mehr als ein hohes, gequältes Flüstern, während sie in Gedanken aufschrie; das Andenken der Anasati hatte ihren Erstgeborenen auf ein Bett aus Asche geschickt.
Sie wußte später nicht mehr, wie sie sich bewegt hatte, sie spürte das Zerren an den Sehnen nicht, als sie sich aus Hokanus Griff befreite. Ihr Wutschrei schnitt durch die Menge wie der Klang eines gezogenen Metallschwertes, und ihre Hände hoben sich wie Klauen.
Jiro sprang zurück, ließ erschreckt das Puzzle fallen. Dann war Mara bei ihm, krallte die Hände in seine Rüstung, um seinen Hals zu erreichen.
Jene Lords, die in der Nähe standen, schrien entsetzt auf, als die kleine Frau – unbewaffnet, schmutzig und naß, wie sie war – sich in purer Wut auf ihren ehemaligen Schwager stürzte.
Hokanu sprang mit der Schnelligkeit eines Kriegers hinzu, schnell genug, um Mara zurückzureißen, bevor Blut fließen konnte. Er schloß ihren sich wehrenden Körper beruhigend in seine Arme.
Doch der Schaden war nicht mehr gutzumachen.
Jiro starrte die Reihen der verblüfften Zuschauer an. »Ihr alle seid Zeugen!« schrie er voller Entrüstung, in der ein Unterton wilder Freude mitschwang. Jetzt hatte er die Rechtfertigung, auf die er immer gewartet hatte, um Lady Mara unter seinen Füßen zu zermalmen. »Die Acoma haben die Anasati beleidigt! Alle Anwesenden sollen hiermit erfahren, daß die Allianz zwischen unseren beiden Häusern beendet ist. Ich beanspruche mein Recht, diesen Schandfleck auf meiner Ehre auszulöschen – und ich fordere Blut als Bezahlung!«
Drei
Krieg
Hokanu handelte.
Während Mara außer sich vor Wut mit den Fäusten gegen die Brustplatte seiner Rüstung schlug, formten die Krieger ihrer Ehrengarde einen festen Ring, um den hysterischen Anfall ihrer Lady vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Hokanu rief Saric und Incomo zu sich.
Ein Blick auf ihre verzweifelte Herrin genügte, um die beiden Berater davon zu überzeugen, daß der Kummer und die Nervenanspannung sie überwältigt hatten. Es war ihr nicht mehr möglich, einzelne Gesichter zu erkennen, und ganz offensichtlich war sie nicht in der Lage, sich öffentlich bei Lord Jiro zu entschuldigen. Es war sein Anblick gewesen, der diesen Zusammenbruch herbeigeführt hatte. Selbst wenn sie wieder zur Vernunft kommen sollte, bevor die Gäste abreisten, wäre es nicht weise, auf eine Zusammenkunft der betroffenen Parteien
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