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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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neue Lasten aufbürdeten.
    Doch jetzt machten nur die Wachen ihre Runden, und die Boten mit den Neuigkeiten des Tages würden erst später eintreffen. Vom Ufer des Sees ließ ein Vogel seinen Ruf erschallen. Hokanu schlang seine Arme fester um seine geliebte Lady. Seine Hände berührten die elfenbeinweiße, zarte Haut ihres Bauches, und die leichte Rundung, die er spürte, ließ ihn aufmerksam werden. Plötzlich begriff er, warum sie sich in den letzten Tagen morgens häufig von ihm und ihren engsten Ratgebern ferngehalten hatte, und ein freudiges Gefühl stieg in ihm auf. Hokanu lächelte, das Gesicht tief in ihren duftenden Haaren vergraben.
    »Haben die Hebammen dir schon gesagt, ob das Haus Acoma einen neuen Erben oder eine Erbin bekommen wird?«
    Die Augen voller Entrüstung weit aufgerissen, wand Mara sich in seinen Armen. »Ich habe dir nicht gesagt, daß ich schwanger bin. Welche meiner Zofen hat dir hinter meinem Rücken davon erzählt?«
    Hokanu antwortete nicht; nur sein Lächeln wurde noch breiter.
    Mara ergriff seine Hände, die immer noch auf ihrem Bauch lagen, und meinte: »Ich verstehe. Meine Zofen waren alle loyal; nur kann ich noch immer keine Geheimnisse vor dir verbergen.«
    Natürlich konnte sie das. Denn so innig das Verhältnis zwischen ihnen auch sein mochte, so gab es doch Tiefen in ihrem Wesen, die noch nicht einmal Hokanu ausloten konnte; schon gar nicht seit dem Tod ihres Erstgeborenen, als sich Kummer wie ein Schatten über sie gelegt hatte. Obwohl die Herzlichkeit, mit der sie ihr Gesicht an seinen Körper schmiegte, ehrlich war, genau wie ihre Freude, als sie ihm feierlich ins Ohr flüsterte, daß er bald nicht nur Vater eines adoptierten, sondern auch eines eigenen Kindes sein würde, spürte Hokanu einen düsteren Unterton. Irgend etwas beunruhigte Mara. Und diesmal hatte es nichts mit dem Verlust von Ayaki zu tun; genausowenig wie mit der Einmischung der Versammlung in ihre Rachepläne in bezug auf Jiro. Er spürte aber auch, daß dies nicht der geeignete Zeitpunkt war, tiefer in sie zu dringen.
    »Ich liebe dich, Lady«, murmelte er. »Du gewöhnst dich besser an meine Besorgtheit, denn ich werde dich bis zum Tag deiner Niederkunft schamlos verwöhnen.« Er zog sie an sich und küßte sie. »Danach werden wir möglicherweise feststellen, daß wir uns beide zu sehr an mein Verhalten gewöhnt haben.«
    Mara kuschelte sich an ihn; ihre Finger wanderten über seine Brust. »Du bist der beste Ehemann im ganzen Kaiserreich, mein Geliebter, viel besser, als ich es verdiene.«
    Darüber ließe sich streiten, doch Hokanu schwieg. Er wußte, daß sie ihn von ganzem Herzen liebte und ihm soviel Zuwendung und Befriedigung schenkte, wie es eine Frau nur tun konnte. Die in seinem tiefsten Innern empfundene Gewißheit, daß sie etwas aus ihrer Beziehung fernhielt, war ein Gefühl, das auszuloten er sich wieder und wieder bemüht hatte. Dabei log die Lady ihn niemals an, knauserte niemals mit ihrer Zuneigung. Doch es gab Augenblicke, in denen ihre Gedanken weit weg waren, an einem Ort, den er niemals würde erreichen können. Sie brauchte etwas, von dem sein Instinkt ihm sagte, daß er es ihr niemals würde geben können.
    Als ein pragmatischer Mann versuchte er nicht, das Unmögliche mit Gewalt zu erzwingen, sondern baute auf ihre gemeinsamen Jahre voller Zufriedenheit und Frieden, die so stark und fest wie eine Säule waren. Er hatte sie glücklich gemacht – bis zu dem Tag, an dem ihr Sohn getötet worden war.
    Sie schmiegte sich an ihn, während ihre Augen auf den Blumengarten auf der anderen Seite des geöffneten Ladens gerichtet waren. Die Kekali-Blüten, die sie so sehr liebte, wiegten sich sanft im Wind, und ihr intensiver Geruch wehte durch das Zimmer. Irgendwo in einiger Entfernung schalt der Brotbäcker einen Sklavenjungen wegen seiner Faulheit. Merkwürdig verstärkt vom still daliegenden See und dem Morgendunst klangen die Geräusche von der Anlegestelle herüber, die verrieten, daß gerade die Barke für die Boten beladen wurde.
    Hokanu faßte nach Maras Fingern und streichelte sie; sie reagierte nicht – der Beweis, daß sie nicht einfach über gewöhnliche Handelsangelegenheiten nachdachte.
    »Denkst du wieder über die Versammlung der Magier nach?« fragte er. Er wußte, daß dies nicht der Fall war, aber er war sich auch der Tatsache bewußt, daß eine indirekte Annäherung die kalte Mauer um ihre Gedanken brechen und ihr helfen würde, über die Dinge zu sprechen, die sie

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