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Die schwarzen Wasser von San Marco

Die schwarzen Wasser von San Marco

Titel: Die schwarzen Wasser von San Marco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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abgekauft haben?«
    Barberros Gesicht verzerrte sich. Er packte Fiuzetta fester, und sie keuchte auf. »Bist noch stolz auf die Sauerei, he?«, schrie er.
    Wieder hob ich beschwichtigend die Hände. »Beruhigen Sie sich. Ich war es nicht. Und wenn Sie lange genug darüber nachdenken, wird Ihnen klar werden, dass man Sie zweimal hereingelegt hat. Irgendjemand hat ihnen ein paar Kerle auf den Hals gehetzt, die mindestens so skrupellos sind wie Sie und Ihresgleichen; oder glauben Sie etwa, die Behörden hätten Ihre Leute ermordet? Man hätte sie aufgehängt, ganz sicher, aber im vollen Tageslicht und für alle sichtbar, statt sie in der Finsternis eines Schiffsbauchs abzuschlachten. Und dann hat man Ihnen weiszumachen versucht, dass ich dahinter stecke.«
    »Wie käme dein verfluchter Name wohl sonst auf das Dokument?«
    »Das Dokument hat nicht mal ein Siegel. Es ist gefälscht.«
    »Wer macht sich solche Mühe, um einen verdammten Pfeffersack anzuschwärzen?«
    »Das ist die Frage, die uns beschäftigen sollte. Was denken Sie denn, wer es war?«
    Er stierte mich verblüfft an. Ich merkte, dass er den Griff um Fiuzettas Mitte etwas lockerte. Es war bei weitem nicht genug, als dass ich es riskieren und ihn hätte angreifen können, noch dazu wäre ich viel zu langsam. Moro hätte vielleicht eine Chance gehabt, aber er stand drüben bei der Tür und war außerdem weit davon entfernt, einen kühlen Kopf zu bewahren. In meinen Achselhöhlen bildete sich der Schweiß. Barberro würde nicht ewig hier sitzen bleiben und reden; er würde nicht abwarten, bis er müde und nachlässig wurde. Vorher würde er in einem Furor aus Blut und Gewalt versuchen, Vergeltung zu üben. Wir waren drei Männer gegen einen. Wir würden ihn überwältigen. Aber Fiuzetta würde es nicht überleben.
    Barberro stieß ein hässliches Lachen hervor.
    »Was soll der Mist mit den Behörden?«, rief er. »Natürlich hat es nichts mit ihnen zu tun. Hältst du mich für blöde?«
    »Es waren die Leute, die sie vorgestern Nacht vor Ihrem Schiff ohrfeigten.«
    Er riss die Augen noch weiter auf, bevor sie sich zu schmalen Schlitzen verengten. »Das weißt du also. Und dann willst du mir erzählen, der beschissene Brief wäre nicht von dir?«
    »Welcher Brief?«
    Barberro spuckte aus. Er nahm die Hand von Fiuzettas Leib und kramte in seinem Lederwams herum, und ich spürte förmlich, wie Moro sich spannte. Ich wagte nicht, mich zu ihm umzudrehen. Dann schleuderte Barberro mir ein zusammengeknülltes Pergament vor die Füße und packte Fiuzetta wieder, und der Moment war vorüber. Fiuzetta schluckte, Tränen traten ihr in die Augen. Ich bückte mich, ohne den Blick von ihr und Barberro zu wenden, und hob das Papier auf.
    Die Schrift war mir unbekannt. Der Text war unverständlich.
    »Ich verstehe die Sprache nicht.«
    »Wem willst du das erzählen?«, brüllte Barberro so laut, dass Fiuzetta zusammenzuckte. »Du hast ihn doch geschrieben! Was ist das für eine Scheißkomödie, die du mir vorspielen willst?«
    Ich deutete über die Schulter auf Moro.
    »Ich habe es Ihnen bereits erklärt«, sagte ich ruhig. »Er muss mir übersetzen.«
    Barberro kochte vor Wut, aber er schien einzusehen, dass ich die Komödie tatsächlich zu Ende spielen wollte oder wirklich nicht für den Brief verantwortlich war. Er spie aus.
    »Der schwarze Bulle bleibt, wo er ist. Hältst du mich für verblödet?« Barberro deutete mit einem rüden Kopfnicken auf Manfridus. »Er sieht so aus, als würde er im Dunkeln über seine eigenen Füße fallen. Er soll dir den Brief vorlesen.«
    Manfridus räusperte sich verärgert und trat dann wie auf rohen Eiern heran. Ich sah, dass ihm eine Antwort auf Barberros Beleidigung auf der Zunge lag; er brauchte mein leises Kopfschütteln nicht, um zu wissen, dass jetzt nicht die Zeit dafür war.
    »Es ist eine anonyme Anschuldigung«, erklärte er, nachdem er den Text überflogen hatte. »Es heißt, Barberro habe niemals vorgehabt, die Ware auszuliefern, sondern schon längst einen anderen Kunden gefunden – einen Kaufmann aus dem Fondaco, der mittlerweile abgereist sei.«
    »An wen war das Schreiben adressiert?«
    »Das geht aus dem Text nicht hervor.«
    »Und der Name des Kaufmanns?«
    »Ein gewisser Claas Overstolzen aus Berlin.«
    Ich schnaubte. »Ein kleines Handelshaus – bürgerlich gewordener Adel. Ich habe keinen Zweifel, dass Claas Overstolzen tatsächlich vor kurzem aus Venedig abgereist ist. Die oberflächlichen Details werden einer

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