Die Schwebebahn - Dresdner Erkundungen

gute Terpene. Das Orangenöl ist Aromaträger, verflüchtigt sich aber relativ schnell. Leinöl, dünn und gleichmäßig aufgetragen, zieht gut ein, tränkt das Holz gut durch, liegt in einer dünnen Schicht auf, die sich kaum abgreift. Ist eigentlich das Beste, was du kriegen kannst. – Im Baumarkt. – Im Baumarkt oder Internet, da gibt’s ’n ganzen Haufen Händler. Das richtige Mischungsverhältnis kann ich dir mailen. Oder ihr kommt vorbei, ich hab noch einiges übrig. Aberaufpassen: Du nimmst einen Lappen zum Auftragen. – Warum keinen Pinsel? – Wird zu ungleichmäßig, gibt oft ein schlieriges Bild. Nein, Lappen ist besser, Baumwolle oder ’n altes Feinripphemd. Leinöl neigt zur Selbstentzündung an der Luft, weiß auch nicht, warum. Leinöl im Holz nicht, auch nicht in der Büchse, aber in diesen Lappen, wo Schichten Luft, Schichten Stoff und Schichten Öl übereinanderliegen. Hab ich selber paarmal Glück gehabt. Komm nach Hause, es stinkt wie in ’ner Räucherei, waren die Lappen auf’m Balkon braun und fingen an zu schwelen. Bei Niklas ebenso, er ruft mich an, hab sein Bett gefirnißt, Du, Ezzo, komm mal schnell rüber, bei mir brennt’s! Waren auch diese Lappen, die wir unvorsichtigerweise einfach in ’ne Ecke geschmissen hatten. – Und wie verhindere ich, daß mir die Bude abbrennt? – Mußt’s in Wasser legen, richtig tränken, dann kann eigentlich nichts mehr passieren. Oder du schmeißt’s sofort in die Mülltonne, aber dann brennt unter Umständen eben eure Mülltonne. – He, Ezzo, lange nich mehr gesehn. – He, Rico, muß ’n paar Jahre her sein, warst du nich damals auch hier draußen? Hatten wir schon mal ’n Sommerfest hier. Ganz schön klamm schon, was? Ist doch erst Anfang September, aber man friert wie im Spätherbst. Schönes Feuerchen da unten, kann man da ’ne Wurst reinhängen? – Wir haben Soljanka da, im Kessel. Bier, Wasser, Fleischpastete. Wir wollten eigentlich Käsesuppe machen, aber die ist irgendwie sauer geworden, vielleicht wegen der Hitze. Der Fleischer hat gesagt, das könnt’s gewesen sein. – Ich denk’, es war das Gewitter. Wir hatten doch gestern Gewitter hier. Ist uns die ganze Milch im Kühlschrank auf einen Schlag sauer geworden, baff. Hast du vorhin über was Technisches geredet? Blu-ray? – Ja, die wissen noch nicht, welches Format. Ich will mir ja so ’nen HDTV kaufen, aber die sind mir noch zu teuer. Nächstes Jahr sollen die auf einen Schlag dreißig Prozent runtergehen. – Mensch, Ezzo, weißt du noch, damals auf der Spezialschule. Der Bräuer muß doch inzwischen fast achtzig sein. – Wie der in der Physikstunde manchmal sagte: Lassen Sie nur, wecken Sie ihn nicht! Den Seinen gibt’s der Herr im Schlaf! Dem ist die Frau gestorben, hast du das gehört? Die Treppe runtergefallen, Bein gebrochen, im Krankenhaus gelegen, eines Morgens tot. – Ja. Ja. Mensch, so kann’s gehen. Aber der Alte ist noch gut beisammen, macht noch Führungenin der Oper, seinen Turmbläserverein … – Also, ich merk’ den Unterschied schon, wenn ich den Flachbildschirm anmache, gegenüber früher, die Röhre … Die Augen sind viel ruhiger, das flimmert nicht mehr so stark. – Und welchen kannst du da empfehlen, meine Röhre wird bestimmt bald ’n Abgang machen, wenn du sagst, deine hat sich verabschiedet und ist von 2002 … Meine hab ich auch 2002 gekauft. – Also, ich hab mir jetzt vier gekauft und alle zu Hause aufgebaut, kann ich in Ruhe vergleichen. Der Witz ist, daß ich vier in Ruhe ausprobiere und drei zurückgebe. – Aber du hast erst mal vier bezahlt? – Macht ja nichts, ich geb die drei schlechteren zurück und krieg dann auch das Geld wieder. Aber vierzehn Tage kann ich nach Lust und Laune ausprobieren. Übrigens, hast du vom Geigenbauer Novak gehört? Der baut jetzt Simsons zusammen, diese besseren, na ja, Mopeds. Neben seiner Werkstatt hat er Motorblöcke aufgebaut, verdient inzwischen die Hälfte seines Gelds mit den Simsons. Meine Herrn, ’n Geigenbauer und KFZ-Schlosser in einem, nich schlecht. – Kommt ihr mit runter ans Feuer? Ihr sitzt so im Dunkeln hier auf der Bank. Wer möchte noch was? Baguettes, Kümmelbrot? – Habt ihr Dinkel, Reglinde? – Dinkel müßte in der Küche sein, aber noch unaufgeschnitten, in der Tüte mit der Brezel drauf. – Neulich hab ich irgendwo gelesen, da gehen welche wandern, aber das nennt sich Minimalwandern. Sowenig Gepäck, sowenig Last wie möglich. Die sägen sogar die Stiele von ihren