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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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manchmal vielleicht«, räumte Morse ein.
     
    Fünf Minuten nach halb acht klopfte der Hausmeister ehrerbietig und steckte den Kopf zur Tür herein. »Ich will ja nicht stören, Sir, aber –«
    »Warum tun Sie’s dann?« blaffte Morse, und die Tür ging leise wieder zu. Die beiden Kriminalbeamten sahen sich über den Schreibtisch hinweg an – und feixten zufrieden.
     

Wann?

9
     
    Morse hatte seit jeher nicht das geringste Interesse an fachlichen Einzelheiten der Pathologie, und am Mittwoch vormittag las er den ihm vorliegenden Bericht mit dem wählerischen Auge des Pornophilen, der sich die saftigsten Obszönitäten herauspickt. »Die kleinste bisher tödlich wirkende Dosis war ½ Drachme der pharmakopöischen Säure oder 0,6g anhydrische Blausäure … im Körper nach dem Tod rasch umgewandelt, in Verbindung mit Schwefel …« Ja, hier kam es: »… und alle Zeichen deuten bei dieser Obduktion darauf hin, daß der Tod praktisch auf der Stelle eingetreten sein muß. Auf Grund des Fehlens von Kratzern und Abschürfungen sind Spekulationen über die Möglichkeit eines Transports der Leiche fruchtlos …« Interessant. Morse übersprang wieder ein Stück. »… deutet auf einen Zeitraum zwischen 72 und 120 Stunden vor Entdeckung des Toten hin. Mit größerer Genauigkeit kann die Zeitspanne in diesem Fall nicht angegeben werden …« Ist doch bei allen deinen Fällen dasselbe, brummelte Morse vor sich hin. Es wunderte ihn nach wie vor, warum trotz der geradezu atemberaubenden Fortschritte der Medizin Aussagen zur Todeszeit noch immer so erschreckend unbestimmt waren. Denn das war die entscheidende Frage: Wann war Quinn gestorben? Wenn man Aristoteles glauben durfte (und warum eigentlich nicht?), lag die Wahrheit vermutlich in der Mitte, also bei etwa 94 Stunden. Demnach war Quinn am Freitag mittag vom Leben zum Tod befördert worden.
    War das möglich? Morse legte den Bericht beiseite und überdachte noch einmal das Wenige, was er über Quinns Aufenthaltsort am vergangenen Freitag wußte. Vielleicht hätte er Quinns Kollegen fragen sollen, wo sie am Freitag gewesen waren und nicht, wann sie Quinn zuletzt gesehen hatten. Aber er hatte ja noch reichlich Zeit und würde sie sich bald sowieso noch einmal vorknöpfen. Eines zumindest war klar. Wer sich an Quinns Sherryflasche zu schaffen gemacht hatte, war auch ein wenig, nein, sehr gut sogar in Giften bewandert. Und wer … Morse holte das dicke Standardwerk von Glaister und Rentoul über Medizinische Jurispr u denz und Toxikologie heraus und schlug unter »Kaliumzyanid« (S. 566) nach. Beim Überfliegen der Untertitel lächelte er vor sich hin. Der Verfasser des Untersuchungsberichtes war ihm zuvorgekommen. Einige Sätze waren fast wörtlich abgekupfert. Aber warum eigentlich nicht? Zyankali hatte sich im Laufe der Jahre bestimmt nicht wesentlich verändert. Er dachte an Hitler und seine Clique in dem Berliner Bunker. Das war auch Zyankali gewesen. Selbstmord durch Zyankali. Wie war das? Es kam oft vor, daß Morse den Wald vor Bäumen nicht sah, aber in diesem Augenblick begriff er, daß es eine durchaus einleuchtende Lösung für seinen Fall gab: Quinn hatte Selbstmord begangen. Aber eine echte Lösung war das im Grunde auch nicht. Denn wenn er selbst Hand an sich gelegt hatte, weshalb, um alles in der Welt …
    Lewis war einigermaßen verblüfft, als Morse ihn eine halbe Stunde später mit zu sich nach Nord-Oxford nahm. Er war vor zwei Jahren zum letztenmal dagewesen und war angenehm überrascht, wie relativ sauber und ordentlich die Wohnung aussah. Morse verschwand, steckte aber nach einer Weile den Kopf zur Tür herein und sagte, Lewis solle sich schon etwas einschenken.
    »Schönen Dank, nicht für mich, Sir. Aber wenn Sie was möchten …«
    »Ja, einen Sherry. Und nehmen Sie sich auch einen.«
    »Ich würde lieber –«
    »Herrgott, jetzt tun Sie endlich mal, was Ihnen gesagt wird, Mann.«
    Lewis war die jähen Stimmungsumschwünge seines Vorgesetzten inzwischen gewöhnt und regte sich nicht weiter darüber auf. Die Hausbar war gut bestückt. Er holte zwei kleine Gläser heraus, schenkte aus einer Flasche zwei Sherry medium dry ein, setzte sich in einen Sessel und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
    Er nippte geziert an seinem Sherry, als Morse wieder auftauchte, sich das zweite Glas griff, es an die Lippen hob und wieder absetzte.
    »Ist Ihnen klar, Lewis, daß Sie jetzt ein toter Mann wären, wenn jemand Gift in den Sherry getan hätte?«
    »Sie aber

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