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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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rechtfertigen … »Noch ein Bier?« Sie gingen zur Sperre.
    »Wir wollen nur ein Bier trinken«, erläuterte Morse.
    »Da brauchen Sie aber Bahnsteigkarten, Sir.«
    »So ein Quatsch.« Er wandte sich an Roope. »Gehen wir zum Royal Oxford rüber.«
    »Moment mal.« Roope machte wieder ein ganz vergnügtes Gesicht. Er drehte sich um und tippte dem Bahnsteigschaffner auf die Schulter.
    »Erinnern Sie sich an mich?«
    »Nee. Wieso?«
    »Hatten Sie am Freitag nachmittag Dienst?«
    »Nee.« Das klang sehr endgültig.
    »Wissen Sie, wer an dem Tag Dienst gemacht hat?«
    »Da müssen Sie im Büro fragen.«
    »Wo ist das?«
    Der Mann machte eine unbestimmte Bewegung. »Hat jetzt aber keinen Zweck. Mittagspause.«
    Es war offenbar nicht Roopes Glückstag. Morse legte ihm mitfühlend die Hand auf die Schulter. »Zwei Bahnsteigkarten bitte«, sagte er zu dem Mann an der Sperre.
     
    Eine halbe Stunde später war Roope seiner Wege gegangen, und Morse saß noch immer im Wartesaal und grübelte vor sich hin. Die beiden Teenager, die ihm an dem schmalen Tisch gegenübersaßen, fanden, daß er keine Miene verzog. Wären sie nicht ganz so intensiv miteinander beschäftigt gewesen, hätten sie vielleicht bemerkt, daß sich der Hauch eines zufriedenen Lächelns in seinen Mundwinkeln zu verstecken trachtete. Er regte sich nicht, die grauen Augen waren starr in eine blaue Ferne gerichtet, indes die rastlosen Gedankenvögel in seinem Hirn herumflatterten. Bis der Zug aus London in den Bahnhof rauschte und den Bann brach.
    Die beiden jungen Leute standen auf, tauschten einen kurzen, aber leidenschaftlichen Kuß und nahmen zärtlich Abschied voneinander.
    »Ich komm nicht mit auf den Bahnsteig«, sagte er. »Da wird mir immer richtig mies.«
    »Ist schon gut, geh ruhig. Bis Samstag.«
    »Na klar.«
    Das Mädchen stöckelte mit ihren hochhackigen Stiefeln zu der Tür, die zum Gleis 1 führte, der junge Mann sah ihr nach und angelte sich seine Bahnsteigkarte.
    »Und vergiß nicht, diesmal bring ich was zu trinken mit«, sagte sie, sie flüsterte es fast, aber der junge Mann hatte verstanden und nickte. Dann war sie weg, und Morse merkte, wie es ihm kalt den Rücken herunterlief. Das war die Erinnerung, die sich ihm die ganze Zeit versagt hatte. Plötzlich war alles wieder da. Es war während seines Studiums gewesen, er hatte die kokette kleine Krankenschwester auf seine Bude in der Iffley Road eingeladen, und sie hatte unbedingt eine Flasche mitbringen wollen, weil ihr Vater ein Pub hatte, und hatte ihn gefragt, was er am liebsten trank. Scotch, hatte er gesagt. Ich auch, hatte sie gemeint, aber eigentlich nicht so sehr wegen des Geschmacks, sondern weil ihr dann so schön sexy wurde. Ach ja …
    Morse schaltete die fernen, zaubervollen Erinnerungen ab. Die Silhouette begann wieder zu verschwimmen, aber an der Wand der dunklen Höhle erschienen jetzt andere Gestalten, die sich zu einer folgerichtigen Gruppierung zusammenfanden. Morse gab seine Bahnsteigkarte ab und trat in den sonnigen Nachmittag hinaus. Fester denn je war er davon überzeugt, daß an dem bewußten Freitagnachmittag noch jemand im STUDIO 2 gewesen war. Er sah auf die Uhr. 13 Uhr 45. Verlockend, weiß Gott. Zu Fuß waren es nur drei Minuten zu dem Kino, und Inga konnte ihnen bestimmt noch das eine oder andere beibringen. Ach was. Schwamm drüber.
    Er winkte sich ein Taxi heran. »Verband für Auslandsprüfungen, bitte.«
     

15
     
    »Was Sie fragen, ist mir völlig schnuppe«, ereiferte sich Morse.
    »Wenn ich sie reingebracht habe, halten Sie sie einfach zehn Minuten am Reden, mehr verlange ich ja gar nicht.« Lewis, der vor einer halben Stunde wieder in die Geschäftsstelle befohlen worden war, zog ein sehr bedenkliches Gesicht. »Was soll ich denn herauskriegen?«
    »Was Sie wollen. Meinetwegen fragen Sie nach ihren Maßen.«
    »Können Sie nicht mal ausnahmsweise ernst sein?«
    »Fragen Sie, ob ihr Gin direkt in die Titten steigt oder so was in der Richtung.«
    In dieser Stimmung war mit Morse nichts anzufangen, das wußte Lewis aus Erfahrung. Was war bloß los mit ihm? Er war auf einmal richtig aufgekratzt.
    Morse klopfte bei Monica und trat ein. »Hätten Sie wohl eine Minute Zeit für uns, Miss Height? Es dauert nicht lange.« Er geleitete sie höflich in Quinns Büro, rückte ihr den Sessel gegenüber von Lewis, ihrem widerwilligen Gesprächspartner, zurecht, und blieb müßig neben ihr stehen.
    Wenig später läutete das Telefon, und Lewis nahm ab. »Für Sie,

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