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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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müssen –«
    Ilse Wagner nickte. »Bestimmt … wir kennen uns ja kaum …« Sie stockte und sah Cramer fragend an.
    »Heute abend werde ich dir alles erzählen.« Cramer sah sie ernst an. »Du wirst nun begreifen, wie gefährlich du in Venedig lebst –«
    »Gefährlich?« stammelte Ilse.
    »Wo sind Dr. Berwaldts Akten?«
    »Noch im Bahnhofstresor …«
    »Und der Schlüssel?«
    »In meiner Tasche …«
    »Wir müssen sofort die Aktentasche herausholen und im Hoteltresor deponieren. Den Schlüssel kann man dir wegnehmen.«
    »Wer soll ihn mir denn wegnehmen?«
    »Die Leute um Dr. Berwaldt.«
    »Welche Leute –« Ilse Wagner umklammerte Cramers Arm. »Du weißt mehr! Du sagst mir nicht alles. Was ist mit Berwaldt?!«
    »Ich ahne nur etwas, Liebes.« Cramer strich ihr beruhigend über die Haare und die Wangen. »Die Polizei wird nichts finden, die Presseaktion wird übermorgen schon vergessen sein … aber die Bettler werden etwas bringen …«
    »Die Bettler? Diese schrecklichen Gestalten, die überall im Canale Santa Anna herumlungern?«
    »Ja. Ich habe sie gekauft –«
    »Gekau …« Ilse blieb das Wort im Halse stecken. »Woher hast du das Geld, Rudolf …«
    Cramer legte ihr begütigend die Hand auf die Schulter.
    »Auch das werde ich dir alles heute abend erklären … es ist eine einfache, aber traurige Geschichte … Bringen wir erst die Aktenmappe in Sicherheit –«
    Arm in Arm verließen sie das Grand-Hotel. Wer ihnen nachsah, glaubte an eines der tausend verliebten Paare, für die Venedig die Pforte zum Paradies bedeutet.
    Auf dem Dachboden waren die drei Kammern zur Zufriedenheit Cravellis eingerichtet worden. Fast beglückt über seinen genialen Einfall stieg er wieder hinunter in den Keller und fand Dr. Berwaldt auf dem Bett liegend. Er rauchte pausenlos. Durch eine Klimaanlage wurde der Rauch abgesogen und frische Luft in den Raum geblasen.
    »Bitte Koffer packen!« rief Cravelli fröhlich. »Wir ziehen um!«
    Dr. Berwaldt blieb liegen und drückte seine Zigarette aus. »Mir gefällt es ganz gut hier«, sagte er.
    Cravelli schüttelte fast mitleidig den Kopf. »Dottore … bitte, seien Sie nicht unhöflich. Ich möchte Ihnen nur einige bessere Zimmer geben … hier im Hause. Das Labor werden wir später wieder brauchen … im Augenblick glaube ich, daß eine Veränderung uns enger zusammenbringt.«
    »Welche Teufelei haben Sie wieder vor?« fragte Dr. Berwaldt gepreßt.
    »Wie Sie mich verkennen, Dottore! Ich gebe Ihnen in meinem Haus neu eingerichtete Zimmer –«
    »Nicht ohne Hintergedanken!«
    Cravelli lachte gemütlich. »Ich bin Makler! Wo ich Kapital hineinstecke, hole ich Kapital heraus! Das ist nun einmal ein unumstößliches Geschäftsgebaren … vom Zusetzen lebt keiner! In Ihrem Fall aber ist es reine Menschenliebe –«
    »Cravelli, bitte seien Sie still!« rief Berwaldt grob. Er sprang vom Bett und zog seinen Rock an. »Also denn – gehen wir! Ich bewundere nur Ihre Hartnäckigkeit! Sie werden mich nie zur Aufgabe meiner Formel bringen können.«
    »Abwarten, liebster Dottore!« Cravelli brannte sich genüßlich eine Zigarette an. »Es werden Ereignisse eintreten – in spätestens fünf Minuten – die Ihre Welt verändern! Und Ihre starre Haltung! Wenn es nicht unfair wäre – weil ich gewinne –, würde ich sogar mit Ihnen darum wetten –«
    Dr. Berwaldt fühlte es eiskalt um sein Herz werden. Die Sicherheit, mit der Cravelli das Ereignis ankündigte, von dem er sich nicht die geringste Vorstellung machen konnte, bewies ihm, daß sein Widerstand in die härteste Probe kam.
    »Spielen Sie kein billiges Theater – gehen wir!« sagte er hart.
    Cravelli nickte. Er ließ Berwaldt die enge Stiege zuerst hinaufgehen, schob die Bücherwand wieder vor die Tür und schnippte die Asche seiner Zigarette in den Aschenbecher. Berwaldt lehnte an dem riesigen Globus. Er sah sich um. Cravelli winkte ab.
    »Schreien Sie nicht. Stürzen Sie nicht ans Fenster … es hat keinen Sinn. Die Diener sind im Hinterhaus, der Canale ist um diese Zeit unbelebt … nur ein paar lumpige Bettler sind da, die sich von der Mittagshitze ausruhen. Wir werden jetzt in das Dachgeschoß steigen …«
    »Wie Sie wollen –«
    Cravelli ging ihm voraus, durch die große Halle, die breite Treppe hinauf, durch eine andere Tür, von der eine Wendeltreppe sich bis zum Dach hinaufschraubte.
    »Das ist ein Weg«, sagte Cravelli und kletterte voraus. »Es gibt noch eine bequemere Treppe, aber die kann vom Personal eingesehen

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