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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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Ort, ich wohnte ja noch in Atlanta, aber ich wusste, dass sie hergefahren war, um ihn zu sehen.« Birdie wandte sich ab, aber ich sah den Schmerz in ihrem Gesicht und zuckte zusammen.
    »Dann habe ich recht. Seinetwegen ist sie danach nie mehr hergekommen.«
    »Ja, da hast du recht.« Sie hielt inne. »Wir haben alle unsere Gründe, warum wir bestimmte Dinge tun und andere nicht oder bestimmte Orte aufsuchen und andere vermeiden.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Am Traurigsten ist dabei nicht, dass er sie nicht wollte, sondern dass sie mit jedem Jahr mehr Wert auf ›Dinge‹ in ihrem Leben legte. Sie schrieb über Häuser und Jobs und Beförderungen und Country Clubs und Reisen nach Europa und die Inneneinrichtung und ihren eigenen Ruf, über Wohltätigkeitsveranstaltungen, Frisuren und Designerkleidung. Sie interessierte sich nur noch für Dinge. Sie hat aufgehört, über Geschichten oder Bücher oder was ihr Spaß machte zu schreiben. Manchmal klinge sogar ich wie ein Anhängsel. Wenn sie alles aufschrieb, was sie plante oder wollte oder brauchte, daran glaubte sie felsenfest, dann würde es in Erfüllung gehen. Und oft war es auch so.«
    Birdie schenkte mir Kaffee nach, sagte aber nichts.
    »Außer in seinem Fall. Jedes Jahr schrieb sie ihre Ziele auf, und jedes Jahr stand da: ›Dies ist das Jahr, in dem Er wissen wird, dass Er mich liebt.‹ Das war das Einzige, was sich nie erfüllt hat. Sie hat ihr Leben geschrieben, bekam aber ihre Liebesgeschichte nicht hin. Ein einziges Mal hatte er ihr gesagt, dass er sie liebte, dann aber sein Wort gebrochen, alles zurückgenommen, und sie wollte, dass ersie weiterhin liebte. Sie wollte, dass er es einsah. Das versuchte sie in ihre Geschichte hineinzuschreiben.«
    »Die eigene Geschichte schreiben«, sagte Birdie. »Ja, daran hat sie geglaubt.«
    »Ist das möglich?«
    Birdie lächelte. »In vieler Hinsicht ist das wohl möglich. Auch auf anderen Wegen als dem, den deine Mutter gegangen ist. Aber man kann einen anderen nicht zwingen, einen zu lieben, egal, wie oft man es aufschreibt oder sich wünscht.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Und da ich jetzt meinen eigenen Weg gehen muss – mache ich mich mal auf den Weg zu den Läden und Galerien unten am Wasser. Willst du mit?«
    »Nein. Geh du nur. Ich habe eine … Verabredung.«
    Ich brach in Gelächter aus und hielt mir schnell die Hand vor den Mund. »Wirklich? Mit wem?«
    »Das geht dich einen feuchten Kehricht an«, sagte sie, ihre Worte so voller Lachen, dass ich nicht böse sein konnte.
    »Viel Spaß«, sagte ich und winkte zum Abschied.
    Die Hitze des Nachmittags mischte sich mit der Hoffnung auf Regen, als ich vor der Folk-Art-Galerie stand und auf Hutch wartete. Auf einem Tisch lag Schmuck aus. Als ich ein Paar Silberohrringe gegen das Sonnenlicht hielt, sah ich Birdie auf mich zukommen. Sie hatte mich nicht bemerkt und blickte lachend in das Gesicht eines Mannes. Dann standen beide vor mir: Birdie und Cotton.
    Mein schallendes Gelächter erregte ihre Aufmerksamkeit. »Oh, Ellie«, sagte Birdie. »Ja, hallo.«
    »Hallo, ihr zwei«, sagte ich. »Ich dachte, du hättest eine …« Und dann musste ich grinsen. »Ach so«, sagte ich.
    »Gefallen Ihnen die Ohrringe?«, fragte eine Stimme hinter mir. Als ich mich umdrehte, lächelte mich eine Frau mit schwarzen, gegelten Haaren an.
    »Ja, was kosten die?«
    »Zwölf fünfzig«, sagte sie.
    Ich kramte in meinem Portemonnaie nach Bargeld und sprach weiter mit Birdie. »Was habt ihr vor?«
    »Wir schlendern nur am Wasser entlang.« Onkel Cotton nahm eine silberne Halskette hoch, an der ein großer, blauer Stein baumelte. Er hielt sie Birdie an den Hals. »Gefällt dir die?«
    »Wunderschön.« Birdie sah mich an.
    Ich lächelte. »Ich wandere mal weiter. Euch einen schönen Tag.«
    »Tschüss«, sagten beide wie aus einem Mund.
    Suchend sah ich mich nach Hutch um – ihm würde es Spaß machen, zu hören, dass die beiden eine Verabredung hatten. Zu zweit ist alles immer noch viel komischer, dachte ich.
    Ich ging in den Laden, wo mein Blick auf ein Gemälde einer Wiese mit Wildblumen fiel, die Farben gingen ineinander über. So etwas würde ich auch gerne einmal malen, aber ich bleibe immer an der komplexen Schönheit einer einzigen Blüte hängen. Ein kleines Mädchen kam vor dem Bild zum Stehen. »Mama«, sagte sie, »sieh mal, die sind wie die Blumen auf Papas Sanddüne.«
    Die Mutter war abgelenkt, telefonierte mit dem Handy, suchte nach irgendetwas in ihrer

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