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Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition)

Titel: Die Schwere des Lichts: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patti Callahan Henry
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aussprach.
    Ich endete bei Sadie zu Hause, wo mich ihre Mutter Birdie in warme Decken einwickelte. »Kindchen, was ist denn los mit dir?«
    »Ich will so schön sein wie diese Blumen. Nicht gewöhnlich.« Was ich wirklich wollte, war, dass mich Mutter so behandelte wie ihre Blumen.
    »Nichts Lebendiges ist gewöhnlich«, sagte Birdie undrubbelte mir den Rücken warm. »Es gibt keine gewöhnliche Schönheit.«
    »Oh doch, die gibt es«, sagte ich bekräftigend und kuschelte mich enger an Birdies warmen Körper. »Mich.«
    »Nein, liebes Kind, du bist keine gewöhnliche Schönheit. Du bist außergewöhnlich.«
    Dann rief Birdie meine Eltern an. Mutter und Daddy holten mich nach Hause und setzten mich mit einer Tasse heißer Schokolade vor den Kamin. Ich hörte ihre Stimmen, wie alle Kinder, wenn ihre Eltern glauben, dass sie nichts mitbekommen. Ihre Worte waren wie ein Puzzle, das ich nach Belieben zusammensetzte.
    »Hast du kein Auge auf sie gehabt?«, fragte mein Vater.
    »Doch, natürlich. Sie war hinter mir, und plötzlich war sie weg.« Meine Mutter weinte. »Ach, Red, sie ist so eine Wildblume.«
    Monate später war der Frost vorbei, und die Erde erwärmte sich, so dass Blumen und Gräser wieder zum Vorschein kamen. Als Mutter in der Gärtnerei neue Blumenzwiebeln kaufte, steckte ich heimlich ein Tütchen Wildblumensamen in die Tasche meines roten Kleides. Ich dachte mir, der Diebstahl wäre bestimmt verzeihlich, schließlich war es für einen guten Zweck – ich wollte Mutter glücklich machen. Das Tütchen sollte eine Überraschung für sie werden, sie würde dann lächeln und lachen und mir in die Augen sehen und voller süßer Wärme meinen Namen sagen. Bestimmt, ganz bestimmt liebte sie Wildblumen.
    In einer mondlosen Nacht schlich ich mich nach draußen und verteilte die Blumensamen überall in Mutters Garten. Dann wartete ich mit atemloser Spannung. Nachts im Bett stellte ich mir vor, wie sich die Samen imBoden ihren Weg nach oben bahnten, um schließlich mit grünen Stängeln und wilden Farben wie Feuerwerk an die Oberfläche zu schießen.
    Ich malte gerade in der Küche in meinem Malbuch, da sah ich sie: Mutter jätete im Garten Unkraut. Ein Strohhut verdeckte ihr platinblondes Haar, die Schnüre flatterten unter dem Kinn im Wind. Mit rosageblümten Gartenhandschuhen riss sie grüne Stängel aus dem Boden und warf sie in einen geflochtenen Korb, der an ihrem Arm hing.
    Ich ließ die Stifte fallen und rannte schlitternd aus der Küchentür. »Stopp!«, brüllte ich.
    Mutter blickte auf. »Ellie, was ist los?«
    Heiße, salzige Tränen liefen mir über die Wangen. Mutter ließ den Korb fallen, die grünen Sprösslinge und braunen Erdklumpen landeten auf dem Boden.
    »Die Blumen. Stopp«, flüsterte ich.
    »Ich rupfe Unkraut, Liebling. Was ist los mit dir?«
    »Das ist kein Unkraut. Das bin ich. Das sind Wildblumen. Wie ich.« Ich atmete tief ein. »Meine Wildblumen.« Aus der Hosentasche zog ich das zerknitterte Tütchen und hielt es Mutter hin. »Hier.«
    Mutter betrachtete das Tütchen. »O nein, Ellie. Du hast die gesät?«
    Ich nickte.
    »Das sind bloß gewöhnliche Wildblumen.«
    »Es gibt nichts Gewöhnliches. Alle Blumen sind außergewöhnlich.« Ich stolperte über die Worte, die ich nicht ganz verstand, als ich wiederholte, was Birdie mir gesagt hatte.
    »Ich verstehe nicht.«
    Mit den Fingern grub ich kleine Löcher und versuchte,die Wurzeln wieder in den Boden zu stopfen. »Aber du liebst Wildblumen …«
    »Nicht in meinem Garten, Ellie. Hier nicht.«
    Ich versteinerte, die Hitze und Feuchtigkeit des Tages gefroren wie Eis auf meiner Haut. Dann rannte ich los ins Haus und in mein Zimmer. Meine Mutter fand mich unter meinem Bett. Sie legte sich auf den Boden. »Ellie, was ist denn los mit dir?«
    »Ich dachte, du liebst Wildblumen. Ich wollte dich überraschen.«
    Sie hielt mir ihre Hand mit den dreckigen Fingernägeln hin, die Erde meiner Wildblumen. Ich nahm die Hand und kroch unter dem Bett hervor. Wir saßen auf meiner Bettkante mit dem weißen Überwurf.
    »Du wolltest mich überraschen? Das ist sehr lieb von dir. Vielen Dank«, sagte Mutter mit singender Stimme.
    »Aber du liebst sie nicht.«
    »Ich wusste es bloß nicht. Das ist alles. Ich wusste es nicht. Ich habe gedacht, in meinem Garten breitet sich Unkraut aus. Weißt du, Wildblumen sind nicht wie richtige Blumen. Sie sind eine Mischung, die wild wächst …« Mutter hielt inne und zeigte aus dem Fenster. »Der Garten ist für

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