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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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sehr grau, und ich dachte, daß sie im letzten Jahr mehr gealtert war als in den fünf Jahren zuvor.
    »Es ist nur eine Leidenschaft, die er überwinden wird«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu mir. »Er wird ihrer müde werden, wie er ihrer aller müde geworden ist. Bessie Blount. Ihr. Anne ist nur eine in einer langen Reihe.«
    Ich antwortete nicht.
    »Solange er sich nicht wieder an der Heiligen Kirche versündigt, während er in ihrem Bann ist«, fuhr sie fort. »Das ist das einzige, worum ich bete. Ich weiß, daß er zu mir zurückkehren wird.«
    »Majestät«, sagte ich leise. »Und was ist, wenn er es nicht tut? Was ist, wenn Eure Ehe annulliert wird und er sie heiratet? Habt Ihr einen Ort, an den Ihr gehen könnt? Habt Ihr für Eure Sicherheit gesorgt, falls alles sich gegen Euch verschwört?«
    Königin Katherine wandte mir ihre müden blauen Augen zu, als sähe sie mich zum ersten Mal. Sie streckte die Arme aus, so daß ich das Oberteil ihres Gewandes aufschnüren konnte, und drehte sich dann um, damit ich es ihr von den Schultern streifte. Ihre Haut war von ihrem härenen Hemd ganz rauh.
    »Ich bereite mich nicht auf eine Niederlage vor«, sagte sie schlicht. »Das wäre Verrat an der eigenen Sache. Ich weiß, daß Gott Henrys Gedanken wieder zu mir lenken wird, daß wir |350| wieder miteinander glücklich werden. Ich weiß, daß meine Tochter Königin von England wird, daß sie eines Tages eine der größten Königinnen sein wird, die je regiert haben.«
    Sie zog sich in ihr Privatgemach zurück, und die Zofe, die vor dem Kaminfeuer eingenickt war, sprang auf und nahm mir das Gewand und die Haube ab.
    »Gott segne Euch«, sagte die Königin. »Ihr könnt den anderen sagen, daß sie jetzt zu Bett gehen dürfen. Ich erwarte, daß sie alle morgen früh mit mir zur Messe kommen. Auch Ihr, Mary. Ich sehe es gern, wenn meine Hofdamen zur Messe erscheinen.«

|351| Sommer 1530
    Ich war auf dem Ritt nach Hever von einem klirrenden Heer von Bediensteten unter der Fahne der Howards umgeben. Alle anderen Reisenden wurden von diesem Troß in die Gräben gedrängt, wenn wir vorbeikamen. Die Hecken und das Gras am Straßenrand waren schon staubig, denn der Frühling war trocken gewesen, ein wenig abseits der Straße war das Gras jedoch noch frisch. Weizen und Gerste standen gut, und die Hopfenfelder waren grün. Auf den Wiesen in den Apfelhainen lagen die Blütenblätter wie Schnee.
    Ich sang laut vor mich hin, so sehr erfreute ich mich daran, fern vom Hof durch die englische Landschaft zu reiten, auf dem Weg zu meinen Kindern. William Stafford, ein Edelmann aus dem Gefolge meines Onkels, befehligte meinen Begleitschutz. Er ritt einen Teil der Strecke neben mir.
    »Der Staub ist schrecklich«, bemerkte er. »Ich werde den Männern befehlen, hinter Euch zu reiten.«
    Ich betrachtete ihn aus dem Augenwinkel. Er sah gut aus: breite Schultern und ein offenes, ehrliches Gesicht. Vielleicht war er einer von den Staffords, deren Zukunft die Hinrichtung des in Ungnade gefallenen Herzogs von Buckingham ruiniert hatte. Er sah aus wie jemand, der zu Höherem geboren und erzogen war.
    »Ich danke Euch für Euer Geleit. Es ist mir sehr wichtig, meine Kinder zu sehen.«
    »Ich kann es mir vorstellen. Ich selbst habe weder Frau noch Kinder, aber wenn ich sie hätte, würde ich sie niemals verlassen.«
    »Warum habt Ihr nie geheiratet?«
    Er lächelte mir zu. »Ich habe noch keine Frau kennengelernt, die ich gern genug hatte.«
    |352| Es war nichts dabei. Und doch merkte ich, daß ich ihn am liebsten gefragt hätte, was eine Frau denn tun müßte, um ihm zu gefallen. Er war ein Narr, daß er so wählerisch war. Die meisten würden eine Frau heiraten, die ihnen Reichtum oder gute Verbindungen brachte. Doch wirkte William Stafford keineswegs wie ein Narr.
    Als wir zum Essen haltmachten, half er mir aus dem Sattel und hielt mich einen Augenblick ganz fest, ehe ich wieder auf meinen Füßen stand.
    »Geht es Euch gut?« fragte er sanft. »Nach so vielen Stunden im Sattel.«
    »Es geht mir gut. Sagt den Männern, daß wir uns beim Essen nicht allzu lange Zeit lassen wollen. Ich möchte noch vor Einbruch der Nacht nach Hever kommen.«
    Er führte mich ins Gasthaus. »Ich hoffe, daß sie etwas Gutes für Euch finden. Sie haben Huhn versprochen, aber ich fürchte, es könnte eine zähe, alte Gans werden.«
    Ich lachte. »Mir ist alles recht! Ich esse alles, so hungrig bin ich. Speist Ihr mit mir?«
    Einen Augenblick lang glaubte ich, er

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