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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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kümmern. Ihm wart Ihr keine so eifrige Krankenschwester, wenn ich mich recht erinnere?«
    Sie fuhr kurz zusammen unter diesem Schlag, er aber sagte: »Also, kommt Ihr mit mir zu Tisch, Madam? Oder reist Ihr zu Eurer Tochter?«
    Die Königin richtete sich zu ihrer ganzen Größe auf, nahm den dargebotenen Arm, und er führte sie in den Saal. Ihre Schauspielkunst war der seinen unterlegen. Sie blickte durch den Saal auf meine Schwester, die, von ihrem kleinen Hofstaat umgeben, an ihrem Tisch saß. Anne spürte den finsteren Blick der Königin auf sich ruhen, hob die Augen und warf ihr ein strahlendes, selbstbewußtes Lächeln zu. Angesichts von Annes unverhohlenem Vergnügen wußte die Königin, wem sie die Grausamkeit des Königs zu verdanken hatte. Sie senkte den Kopf und zerbröselte eine Scheibe Brot, ohne einen Bissen zu essen.
    An jenem Abend meinte viele, kein junger, gutaussehender König solle an eine solche Frau gefesselt sein, die seine Mutter hätte sein können und die noch dazu so verdrießlich in die Welt blickte.
     
    Königin Katherine verließ das Schlachtfeld, in das sich der Hof verwandelt hatte, erst, als sie völlig geschlagen war. Jede Frau außer meiner Schwester hätte sich geschämt, mit anzusehen, wie die Königin allen Mut zusammennahm, um ihrem Mann gegenüberzutreten. Wenige Tage nach der Nachricht über Prinzessin Marys Krankheit speiste sie mit dem König in seinen Privatgemächern. Es waren auch einige ihrer Kammerfrauen und seiner Herren, einige Botschafter und Thomas |376| Cromwell anwesend. Thomas More war ebenfalls zugegen, wenn er sich auch allem Anschein nach an einen anderen Ort wünschte.
    Der Fleischgang war abgetragen, und man reichte Obst und Dessertwein. Die Königin wandte sich dem König zu und bat ihn – als sei es eine schlichte Anfrage –, Anne, das »schamlose Geschöpf«, vom Hof fortzuschicken.
    Ich beobachtete das Gesicht von Thomas More. Ich wußte, daß meine Miene genauso fassungslos sein mußte. Ich konnte es kaum glauben, daß die Königin es wagte, Seine Majestät öffentlich herauszufordern. Daß sie, deren Angelegenheit gerade eben dem Papst in Rom vorgelegt wurde, den Mut hatte, ihrem Ehemann in seinen eigenen Gemächern gegenüberzutreten und ihn höflich zu bitten, seine Mätresse zu verstoßen. Plötzlich wurde mir klar: Sie tat es für Prinzessin Mary. Sie wollte Henry so beschämen, daß er ihr erlaubte, die Prinzessin zu besuchen. Sie setzte alles aufs Spiel, um ihre Tochter zu sehen.
    Henry stieg die Zornesröte ins Gesicht. Ich senkte meinen Blick auf das Tischtuch und betete zu Gott, daß sich seine Wut nicht gegen mich richten würde. Botschafter Chapuys hatte die gleiche geduckte Haltung eingenommen. Die Königin hatte die Lehne ihres Stuhls umklammert, damit ihre Hände nicht zitterten, hielt aber die Augen starr und mit einem Ausdruck höflichen Interesses auf seinen hochroten Kopf geheftet.
    »Bei Gott!« tobte Henry. »Niemals werde ich Lady Anne vom Hof fortschicken. Sie hat nichts getan, was Anstoß erregen könnte!«
    »Sie ist Eure Mätresse«, erwiderte die Königin ruhig. »Und in einem gottesfürchtigen Haushalt ist das allein schon ein Skandal.«
    »Niemals!« brüllte Henry nun. Ich zuckte zusammen. »Niemals! Sie ist eine vollkommen tugendhafte Frau!«
    »Nein«, erwiderte die Königin still. »In Gedanken und Worten, wenn nicht gar in Taten, ist sie schamlos und dreist und keine angemessene Gesellschaft für eine gute Frau oder einen christlichen Herrscher.«
    |377| Er sprang auf.
    »Was, zum Teufel, wollt Ihr von mir?« schrie er ihr ins Gesicht. Sein Speichel spritzte auf ihre Wangen. Sie zuckte nicht mit der Wimper, wandte den Blick nicht ab. Sie saß da auf ihrem Stuhl, als sei sie ein Fels und er eine furchterregende Flutwelle, die dagegenbrandete.
    »Ich will Prinzessin Mary sehen«, antwortete sie leise. »Das ist alles.«
    »Geht!« brüllte er. »Geht, um Gottes willen! Geht! Und laßt uns alle in Ruhe. Geht und bleibt dort!«
    Langsam schüttelte Königin Katherine den Kopf. »Ich würde Euch niemals verlassen, auch nicht um meiner Tochter willen, obwohl es mir das Herz bricht!« sagte sie ruhig.
    Ein langes, schmerzhaftes Schweigen senkte sich herab. Ich blickte auf. Tränen strömten ihr über das Gesicht, aber ihre Miene war völlig gelassen. Sie wußte, daß sie gerade jede Möglichkeit, ihr Kind zu sehen, verspielt hatte, selbst wenn dieses Kind im Sterben liegen sollte.
    Henry funkelte sie haßerfüllt an. Die

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