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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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wirklich eine Frau vom Land«, meinte sie. »Keine andere meiner Hofdamen hätte daran gedacht, Blumen zu bringen.«
    »Meine Kinder lieben Blumen«, erklärte ich. »Sie flechten Kränzchen und Girlanden aus Gänseblümchen. Wenn ich Catherine ihren Gutenachtkuß gebe, finde ich auf dem Kissen oft Butterblumen, die ihr aus dem Haar gefallen sind.«
    »Der König hat Euch erlaubt, nach Hever zu gehen, während der Hof über Land reist?«
    »Ja.« Ich lächelte, weil sie meine gute Laune so richtig gedeutet hatte. »Ich bleibe den ganzen Sommer über dort.«
    »Dann werden wir beide bei unseren Kindern sein. Ihr kehrt im Herbst an den Hof zurück?«
    »Ja«, versprach ich. »Und ich stehe wieder zu Euren Diensten, wenn Ihr mich wollt, Majestät.«
    »Und wir fangen wieder ganz von vorn an«, meinte sie. »Zu |381| Weihnachten bin ich uneingeschränkte Herrscherin, und im Sommer werde ich verlassen.«
    Ich nickte.
    »Sie hat ihn fest im Griff, nicht wahr?« Sie blickte aus dem Fenster, das auf den Garten und den Fluß hinausging. In weiter Ferne konnten wir den König mit Anne spazierengehen sehen.
    »Ja«, erwiderte ich knapp.
    »Was meint Ihr, was ist ihr Geheimnis?«
    »Ich glaube, die beiden sind einander sehr ähnlich.« Abscheu für beide schlich sich in meine Stimme. »Sie wissen genau, was sie wollen, und schrecken vor nichts zurück, um es auch zu erreichen. Sie besitzen die Fähigkeit, sich nur auf ein Ziel zu konzentrieren. Deswegen war der König ein so großartiger Sportler: Wenn er einen Hirsch jagte, gab es für ihn nur diesen Hirsch. Anne ist genauso. Sie dient stets nur ihren eigenen Interessen. Und jetzt ersehnen die beiden das gleiche Ziel. Das macht sie« – ich suchte nach dem richtigen Wort – »ungeheuer stark.«
    »Auch ich kann ungeheuer stark sein«, meinte die Königin.
    Ich warf ihr einen Blick aus dem Augenwinkel zu. Wäre sie nicht die Königin gewesen, ich hätte sie gern umarmt und an mich gedrückt.
    »Wer weiß das besser als ich? Ich habe gesehen, wie Ihr den Tobsuchtsanfällen des Königs getrotzt habt, ich habe miterlebt, wie Ihr es mit zwei Kardinälen und dem Geheimen Staatsrat aufgenommen habt. Aber Ihr dient Gott, und Ihr liebt den König, und Ihr liebt Euer Kind. Ihr denkt nicht nur einzig und allein daran, was
Ihr
wollt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Das wäre die Sünde der Selbstsucht.«
    Ich blickte auf die beiden Gestalten am Flußufer, die beiden selbstsüchtigsten Menschen, die ich kannte. »Ja.«
     
    Ich ging zum Stallhof hinunter, um nachzusehen, ob alles bereit war, so daß wir gleich am nächsten Morgen aufbrechen konnten. William Stafford überprüfte gerade die Räder des Wagens.
    |382| »Danke«, meinte ich, ein wenig überrascht, ihn hier zu treffen.
    Er richtete sich auf und wandte mir sein strahlendes Lächeln zu. »Ich soll Euch begleiten. Hat Euer Onkel Euch das nicht mitgeteilt?«
    »Ich bin sicher, er hat einen anderen Namen genannt.«
    Sein Lächeln verbreiterte sich zu einem Grinsen. »Das stimmt. Aber der Mann ist nicht in der Lage, morgen zu reiten.«
    »Warum nicht?«
    »Ihm ist übel, weil er zuviel getrunken hat.«
    »Jetzt ist er betrunken, und morgen kann er nicht reiten?«
    »Ich hätte sagen sollen: Ihm wird morgen übel sein.«
    Ich wartete.
    »Ihm wird morgen übel sein, weil er sich heute abend betrinkt.«
    »Ihr könnt die Zukunft vorhersehen?«
    »Ich kann vorhersehen, daß ich ihm den Wein einschenke.« Er lachte. »Darf ich Euch nicht begleiten, Lady Carey? Ihr wißt, ich werde dafür sorgen, daß Ihr sicher ankommt.«
    »Natürlich dürft Ihr«, antwortete ich, ein wenig verwirrt. »Es ist nur …«
    Stafford war sehr still. Er schien mit allen Sinnen zu lauschen.
    »Nur was?« forderte er mich auf.
    »Ich möchte Euch nicht verletzen«, sagte ich. »Ihr könnt für mich stets nur ein Mann in den Diensten meines Onkels sein.«
    »Was hindert uns denn, einander zu mögen?«
    »Streit mit meiner Familie.«
    »Würde Euch das so viel ausmachen? Wäre es nicht besser, einen Freund zu haben, einen wahren Freund, wie niedrigen Standes er auch immer sein möge, als eine großartige, einsame Frau zu sein, die nach der Pfeife ihrer Schwester tanzen muß?«
    Ich wandte mich von ihm ab. Der Gedanke daran, in Annes Diensten zu stehen, war mir wie immer zuwider.
    »Also, soll ich Euch nun morgen nach Hever begleiten?« fragte er und zerstörte den Zauber ganz bewußt.
    |383| »Nun gut«, antwortete ich ungnädig. »Ein Begleiter ist so gut wie der

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