Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
nichts, nichts, nichts! Und mit diesem Nichts quält Ihr mich!«
    »Bei Gott!« fluchte er. »Wollt Ihr mir jetzt wohl zuhören!«
    »Nein«, kreischte sie. »Ihr seid ein Narr, und ich bin in einen Narren verliebt, ich Närrin. Ich höre Euch nicht zu, weil Ihr Euer Ohr jedem gehässigen Wurm leiht, der Gift und Galle spuckt!«
    »Anne!«
    »Nein!« brüllte sie und stürzte von ihm weg.
    Mit zwei raschen Schritten hatte er sie eingeholt und an sich |413| gerissen. Sie holte aus und hieb mit der Faust auf die wattierte Schulter seiner Jacke ein. Der halbe Hofstaat zuckte zusammen, als der englische Monarch so angegriffen wurde, doch keiner wußte, was zu tun war. Henry packte Anne und drehte ihr die Arme auf den Rücken, hielt sie fest, so daß ihr Gesicht dem seinen so nah war, als liebten sie sich, so daß ihr Körper an den seinen gepreßt war, daß sein Mund dem ihren nah genug war, um sie zu beißen oder zu küssen. Ich sah, wie die gierige Lust in seinen Augen aufwallte.
    »Anne«, wiederholte er mit völlig veränderter Stimme.
    »Nein«, antwortete sie, doch sie lächelte.
    »Anne.«
    Sie schloß die Augen, neigte den Kopf nach hinten, ließ sich auf Augen und Mund küssen. »Ja«, flüsterte sie.
    »Großer Gott«, murmelte George mir ins Ohr. »So spielt sie mit ihm?«
    Ich nickte, als sie sich in Henrys Armen umdrehte und die beiden davonschlenderten, Hüfte an Hüfte, seinen Arm um ihre Schulter, ihren Arm um seine Taille gelegt. Ihre Gesichter leuchteten vor Begierde und Befriedigung, als läge nicht ein stürmischer Streit, sondern eine Liebesnacht hinter ihnen.
    »Immer Wut und dann Versöhnung?«
    »Ja«, antwortete ich. »Wahrscheinlich ist es ein Ersatz für die Stürme der Liebe, meinst du nicht auch? Sie dürfen schreien und brüllen, und am Schluß liegen sie einander in den Armen.«
    »Er muß sie wirklich anbeten«, meinte George. »Erst stürzt sie sich wie eine Furie auf ihn, dann schmiegt sie sich wieder an. Mein Gott, so klar und deutlich habe ich es noch nie gesehen. Sie ist mit Leib und Seele eine Hure, nicht? Selbst ich, ihr Bruder, würde mich jetzt gern über sie hermachen. Sie könnte jeden Mann um den Verstand bringen.«
    Ich nickte. »Sie gibt immer nach, aber immer mindestens zwei Minuten zu spät. Sie treibt es bis an die äußerste Grenze und noch ein Stück weiter.«
    »Das ist ein verdammt gefährliches Spiel mit einem König, der absolute Macht besitzt.«
    |414| »Was soll sie sonst tun?« fragte ich ihn. »Sie muß ihn irgendwie halten. Irgendwie muß sie die Spannung bewahren.«
    George hakte mich unter, und wir folgten dem königlichen Paar. »Und was ist mit der Gräfin von Northumberland?« fragte er. »Wird sie wohl die Auflösung ihrer Ehe erwirken mit der Begründung, daß Henry Percy schon Anne versprochen war?«
    »Da wird sie wohl warten müssen, bis sie Witwe ist«, erwiderte ich. »Wir dürfen nicht zulassen, daß Anne irgendein Makel anhaftet. Die Gräfin wird auf immer und ewig mit einem Mann verheiratet bleiben, der allezeit eine andere geliebt hat. Sie hätte besser daran getan, nicht Gräfin zu werden und einen Mann zu heiraten, der sie liebt.«
    »Oh, du bist wohl neuerdings nur für Liebesheiraten?« fragte George. »Ein Ratschlag deines Niemands?«
    Ich lachte unbekümmert. »Der Niemand ist fortgegangen«, antwortete ich. »Gott sei Dank! Der Niemand hat mir nichts bedeutet. Ich hätte es wissen können.«

|415| Sommer 1532
    Im Juni kehrte William Stafford, der Niemand, in die Dienste meines Onkels zurück. Er kam mich besuchen, um mir mitzuteilen, daß er wieder bei Hof war und mich nach Hever begleiten würde, sobald ich zum Aufbruch bereit sei.
    »Ich habe bereits Sir Richard Brent gebeten, mit mir zu reiten«, sagte ich kühl.
    Ich genoß seine Verblüffung. »Ich dachte, Ihr würdet mir vielleicht wieder erlauben, bei Euch zu bleiben und mit den Kindern auszureiten.«
    »Wie freundlich von Euch«, sagte ich eisig. »Vielleicht nächsten Sommer.« Ich wandte mich ab und ging weg, ehe er sich noch etwas ausdenken konnte, um mich zurückzuhalten. Ich spürte seinen Blick im Rücken. Nun hatte ich ihm wohl ein wenig heimgezahlt, daß er mit mir kokettiert und mich zur Närrin gemacht hatte, während er doch vorhatte, eine andere zu heiraten.
     
    Sir Richard blieb nur wenige Tage in Hever, worüber wir beide erleichtert waren. Er mochte mich auf dem Land nicht, wo mich meine Kindern und meine Anteilnahme an den Pächtern ablenkten. Er sah mich lieber

Weitere Kostenlose Bücher