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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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wird.«
    »Ich bin zu müde zum Laufen«, erwiderte ich wenig freundlich.
    »Dann setzt Euch.« Er breitete seinen Umhang unter einem schattigen Baum aus.
    Dagegen konnte ich nichts mehr einwenden. Ich ließ mich nieder, lehnte mich gegen die rauhe Rinde und blickte über den glitzernden Fluß. Ein paar Enten platschten in der Nähe im Wasser, im Schilf am anderen Ufer konnte man die verstohlenen Bewegungen zweier Moorhühner ausmachen. William ließ mich einige Augenblicke allein, und als er zurückkam, brachte er zwei Zinnbecher mit Dünnbier. Einen reichte er mir, aus dem anderen trank er selbst einen großen Schluck.
    »Also, Lady Carey, bitte sagt mir, womit ich Euch gekränkt habe.«
    Mir lag die Entgegnung auf der Zunge, er habe mich überhaupt nicht gekränkt, da zwischen uns von Anfang an nichts gewesen sei, also auch nichts verlorengehen könne.
    »Bitte nicht«, meinte er hastig, als könnte er mir die Antwort vom Gesicht ablesen. »Ich weiß, ich necke Euch ständig, Lady Carey, aber ich hatte nie die Absicht, Euch zu verletzen. Ich dachte, wir verstünden einander halbwegs.«
    »Ihr habt ganz offen mit mir schöngetan«, sagte ich unwirsch.
    »Ich habe nicht mit Euch schöngetan, ich habe Euch den Hof gemacht«, berichtigte er mich. »Wenn Ihr etwas dagegen haben solltet, unterlasse ich das in Zukunft, aber ich muß den Grund wissen.«
    »Warum seid Ihr vom Hof fortgegangen?« fragte ich.
    »Ich bin zu meinem Vater gereist. Ich wollte ihn um das Geld bitten, das er mir zu meiner Eheschließung versprochen hat. Ich wollte ein Landgut in Essex kaufen. Ich habe Euch doch davon erzählt.«
    »Ihr wollt Euch verheiraten?«
    |419| Einen Augenblick lang schaute er sehr grimmig, dann hellte sich sein Gesicht plötzlich auf. »Aber doch nicht mit einer anderen!« rief er. »Was habt Ihr denn gedacht? Nur mit Euch! Mit dir, du törichtes Mädchen! Ich habe mich doch sofort in Euch verliebt, als ich Euch zum ersten Mal sah! Und seither zermartere ich mir das Hirn, wie ich ein Heim finden könnte, das gut genug für Euch ist. Als ich merkte, wie sehr es Euch in Hever gefällt, habe ich mir überlegt, daß ich Euch ein Herrenhaus anbieten könnte, ein hübsches Landgut, und daß Ihr das vielleicht in Erwägung ziehen würdet, daß Ihr mich in Erwägung ziehen würdet.«
    »Mein Onkel hat mir gesagt, Ihr wolltet ein Haus kaufen und irgendein Mädchen heiraten«, erwiderte ich.
    »Euch!« rief er noch einmal. »Ihr seid das Mädchen. Immer nur Ihr. Nie eine andere!«
    Er drehte sich zu mir. Einen Augenblick lang dachte ich, er würde mich hochreißen und an sich drücken. Ich hob die Hand, um ihn abzuwehren, und bei dieser winzigen Geste erstarrte er sofort. »Nein?« fragte er.
    »Nein«, antwortete ich zitternd.
    »Keinen Kuß?« sagte er.
    »Keinen einzigen«, erwiderte ich und versuchte zu lächeln.
    »Nein auch zu dem kleinen Gutshaus? Es liegt an die Flanke eines Berges geschmiegt und blickt nach Süden. Ringsum ist gutes Land. Es ist ein hübsches Haus mit Fachwerk und einem Strohdach und einem Stallhof hinten, mit einem Kräutergarten und einem Obsthain und einem Bach hinter der Obstwiese, mit einer Koppel für Euer Jagdpferd und einer Wiese für unsere Kühe.«
    »Nein«, antwortete ich ziemlich unsicher.
    »Warum nicht?« wollte er wissen.
    »Weil ich eine Howard und eine Boleyn bin, und Ihr seid ein Niemand.«
    William Stafford zuckte bei meiner Offenheit nicht zusammen. »Ja, und Ihr wärt auch ein Niemand, wenn Ihr mich heiratet«, meinte er. »Darin liegt ein großer Trost. Eure Schwester wird Königin werden. Glaubt Ihr, daß sie glücklicher sein wird?«
    |420| Ich schüttelte den Kopf. »Ich kann dem nicht entfliehen, was ich nun einmal bin.«
    »Und wann seid Ihr jetzt glücklicher?« drang er in mich und wußte die Antwort bereits. »Im Winter bei Hof? Oder im Sommer, wenn Ihr mit den Kindern in Hever seid?«
    »Wir würden die Kinder nicht bei uns auf dem Bauernhof haben«, meinte ich. »Anne würde sie mir wegnehmen. Sie würde es nicht zulassen, daß der Sohn des Königs von zwei Niemanden auf dem Land großgezogen wird.«
    »Bis sie einen eigenen Sohn hat. Dann wird sie ihn niemals wiedersehen wollen«, entgegnete er schlau. »Sie hat andere Hofdamen, Eure Familie wird andere Howard-Mädchen finden. Verlaßt die höfische Welt, und in drei Monaten seid Ihr vergessen. Ihr habt die Wahl, meine Liebste. Ihr müßt nicht Euer ganzes Leben lang das andere Boleyn-Mädchen sein. Ihr könntet die absolut

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