Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin
bei Hof, wo ich außer Tändeleien nichts zu tun hatte. Zu seiner kaum verhohlenen Erleichterung wurde er vom König zurückbeordert, um bei der Planung einer königlichen Reise nach Frankreich zu helfen.
»Ich bin zutiefst betrübt, Euch verlassen zu müssen«, sagte er, als er darauf wartete, daß man sein Pferd vom Stall herbrachte.
»Ihr werdet uns fehlen, Sir Richard. Bitte richtet meiner Schwester Grüße aus.«
|416| »Ich werde ihr sagen, daß das Land Euch schmückt wie grüner Samt, in den man einen Diamanten bettet«, meinte er.
»Danke«, erwiderte ich. »Wißt Ihr, ob der gesamte Hofstaat nach Frankreich geht?«
»Die adeligen Herren, der König, Lady Anne und ihre Hofdamen«, sagte er. »Ich muß dafür sorgen, daß alle Stationen in England für eine solche Staatsreise bereit sind.«
»Ich bin sicher, man könnte diese Aufgabe in keine fähigeren Hände legen«, lobte ich. »Ihr habt dafür gesorgt, daß meine Reise hierher sehr komfortabel war.«
»Ich könnte Euch auch wieder mit zurücknehmen«, bot er an.
Ich lege die Hand auf Henrys warmes Köpfchen. »Ich bleibe noch ein wenig länger«, antwortete ich. »Ich bin gern im Sommer auf dem Land.«
Ich hatte mir nicht überlegt, wie ich selbst zum Hof zurückkehren würde, so glücklich war ich mit meinen Kindern, so sehr wärmte mich die Sonne von Hever, so friedlich war es in der kleinen Burg unter dem heimatlichen Himmel. Ende August erhielt ich eine knappe Mitteilung von meinem Vater, in der er mir bedeutete, George käme mich am nächsten Tag abholen.
Wir aßen traurig miteinander zu Abend. Die Kinder waren blaß und machten große Augen, als sie von meinem baldigen Aufbruch erfuhren. Ich gab ihnen einen Gutenachtkuß und saß dann an Catherines Bett, bis sie eingeschlafen war. Es dauerte sehr lange.
Ich befahl meinen Zofen, meine Sachen zu packen und dafür zu sorgen, daß sie auf den großen Wagen geladen wurden. Ich ordnete an, daß der Verwalter Apfelmost und Bier mitschickte, über die sich mein Vater freuen würde, sowie Äpfel und anderes Obst als Geschenk für den König. Anne hatte um einige Bücher gebeten, und ich ging in die Bibliothek, um sie zusammenzusuchen. Eines war in lateinischer Sprache verfaßt, und ich mußte es mir sehr genau ansehen, ehe ich sicher war, daß es das richtige war. Das andere war ein theologisches Werk in französischer Sprache. Ich legte beide sorgsam zu |417| meinem kleinen Schmuckkasten. Dann ging ich zu Bett und weinte in mein Kopfkissen, weil der Sommer mit den Kindern vorzeitig zu Ende war.
Der Wagen war schon beladen, und ich saß im Sattel und wartete auf George, als ich die Männer erblickte, die in einer langen Reihe über das Sträßchen auf die Zugbrücke zuritten. Sogar aus dieser Entfernung sah ich, daß es nicht George war, sondern er.
»William Stafford«, sagte ich ohne das kleinste Lächeln. »Ich hatte meinen Bruder erwartet.«
»Ich habe gewonnen«, erwiderte er. Er zog den Hut und strahlte mich an. »Ich habe gegen ihn Karten gespielt und das Recht gewonnen, Euch nach Windsor Castle zurückzuholen.«
»Dann ist mein Bruder wortbrüchig geworden«, sagte ich wenig erfreut. »Ich bin kein Gegenstand, den man als Einsatz auf den Spieltisch legt.«
»Nachdem er Euch verloren hatte, hat er noch einen sehr schönen Diamanten und einen Tanz mit einem hübschen Mädchen verspielt«, erwiderte er unnötig provozierend.
»Ich möchte jetzt aufbrechen«, sagte ich rüde.
Er verneigte sich, setzte den Hut wieder auf und gab den Männern ein Zeichen, sofort kehrtzumachen. »Wir haben heute nacht in Edenbridge geschlafen, so daß wir frisch für die Reise sind.«
Mein Pferd fiel neben seinem in Schritt. »Warum seid Ihr nicht hierhergekommen?«
»Zu kalt«, erwiderte er knapp.
»Nun, hattet Ihr nicht jedesmal eines der besten Zimmer?«
»Ich meine nicht die Burg. Die läßt nichts zu wünschen übrig.«
Ich zögerte. »Ihr meint mich?«
»Eisig«, bestätigte er. »Ich habe keine Ahnung, was ich getan habe, um mir Euren Unwillen zuzuziehen. Ihr seid kalt wie eine Schneeflocke.«
»Ich weiß nicht, was Ihr meint«, sagte ich.
»Brrr«, rief er und schickte den Trupp im Trab voraus.
|418| Er behielt dieses mörderische Tempo bis Mittag bei, dann ließ er halten. Er hob mich vom Pferd und stieß das Gattertor zu einer Wiese beim Fluß auf. »Ich habe etwas zu essen für uns mitgebracht«, sagte er. »Kommt und geht mit mir spazieren, während alles gerichtet
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