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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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bestickt. Aber es war Katherines persönliches Eigentum.«
    »Hat sie es noch?«
    »Wir können ein neues Taufgewand bestellen«, meinte Henry friedfertig. »Ihr könntet es selbst entwerfen, und die Nonnen könnten es für Euch nähen.«
    Annes zurückgeworfener Kopf machte ihm klar, daß ihr das nicht genügte. »Mein Kind soll das königliche Taufgewand haben«, erklärte sie. »Ich möchte, daß mein Sohn in dem Gewand getauft wird, das alle Prinzen getragen haben.«
    »Wir haben kein königliches Taufgewand«, erwiderte Henry zögernd.
    »Das ist klar!« herrschte sie ihn an. »Weil sie es hat!«
    Henry wußte, wann er besiegt war. Er neigte den Kopf, küßte ihre Hand und hielt eine Lehne ihres Sessels umklammert. »Regt Euch nicht auf«, drängte er sie. »Nicht jetzt, da Eure Zeit so nah ist. Ich lasse es von ihr holen. Das schwöre ich. Unser kleiner Edward Henry soll alles bekommen, was Ihr Euch für ihn wünscht.«
    Sie nickte, hatte ihr süßes Lächeln wiedergefunden und berührte zart mit den Fingerspitzen seinen Nacken, während er sich zu ihr herabbeugte.
    Die Hebamme kam herein und versank in einem Hofknicks. »Euer Gemach ist nun bereit«, sagte sie.
    Anne wandte sich Henry zu. »Ihr werdet mich jeden Tag besuchen«, meinte sie. Es klang eher nach einem Befehl als nach einem Wunsch.
    »Zweimal am Tag«, versprach er. »Die Zeit wird vorübergehen, meine Liebste, und Ihr müßt Euch für die Ankunft unseres Sohnes ausruhen.«
    Er küßte ihr noch einmal die Hand und ging. Ich begleitete sie über die Schwelle ihres Schlafgemachs. Man hatte dort ihr großes Bett aufgestellt. Die Wände waren mit dicken Teppichen verhängt, damit kein Lärm, kein Sonnenschein, keine frische Luft eindringen konnten. Den Binsen am Boden hatte man wohlriechenden Rosmarin und beruhigenden Lavendel beigemischt. Außer einem Tisch und einem Stuhl für die |500| Hebamme hatte man alle Möbelstücke aus dem Zimmer entfernt. Anne sollte einen ganzen Monat lang das Bett hüten. Im Kamin brannte ein Feuer, obwohl es jetzt im Hochsommer ohnehin schon unerträglich heiß war. Man hatte Kerzen angezündet, damit Anne nähen oder lesen konnte, und am Fußende des Bettes stand die Wiege bereit.
    Anne wich auf der Schwelle dieses verdunkelten, muffigen Zimmers zurück. »Da kann ich nicht hineingehen. Es ist wie ein Gefängnis.«
    »Nur einen Monat lang«, tröstete ich sie. »Vielleicht sogar weniger.«
    »Ich ersticke hier.«
    »Nein, es wird dir gut gehen. Ich mußte das auch ertragen.«
    »Aber ich bin die Königin.«
    »Um so mehr Grund.«
    Die Hebamme erkundigte sich: »Ist alles zu Eurer Zufriedenheit, Majestät?«
    Anne war bleich. »Es ist wie ein Gefängnis.«
    Die Hebamme lachte und schob sie in das Gemach. »Das sagen sie alle. Ihr werdet die Ruhe genießen.«
    »Sag George, daß ich ihn später noch sehen möchte«, warf sie mir über die Schulter zu. »Und er soll jemanden zu meiner Unterhaltung mitbringen. Ich habe nicht die Absicht, ganz allein hierzubleiben, als wäre ich im Tower gefangen.«
    »Wir kommen und essen mit dir zu Abend«, versprach ich. »Wenn du dich jetzt ausruhst.«
     
    Nachdem Anne sich vom Hofleben zurückgezogen hatte, kehrte der König zu seinem gewohnten Tagesablauf zurück. Er ging jeden Morgen von sechs bis zehn Uhr auf die Jagd und kam dann zum Mittagessen zurück. Am Nachmittag besuchte er Anne, und am Abend wurde allerlei zu seiner Zerstreuung geboten.
    »Mit wem tanzt er?« erkundigte sich Anne so scharf und wißbegierig wie immer, obwohl sie schwitzend und müde in dem abgedunkelten Raum lag.
    »Mit niemand Besonderem«, erwiderte ich. Sein Auge hatte |501| wohlwollend auf Madge Shelton geruht und auf dem Seymour-Mädchen Jane. Margaret Steyne stolzierte wie ein Pfau in einem halben Dutzend neuer Gewänder umher. Aber all das bedeutete nichts, wenn Anne einen Sohn zur Welt brachte.
    »Und wer geht mit ihm auf die Jagd?«
    »Nur seine Herren«, log ich. Sir John Seymour hatte seiner Tochter ein wunderschönes graues Jagdpferd gekauft. Sie hielt sich in ihrem dunkelblauen Reitgewand prächtig im Sattel.
    Anne schaute mich mißtrauisch an. »Du bist doch nicht selbst wieder hinter ihm her, oder?« fragte sie giftig.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht den Wunsch, meine Lebensumstände zu verändern«, erklärte ich ehrlich.
    »Und du paßt für mich auf den König auf?« beharrte Anne. »Du wachst über ihn, Mary?«
    »Er wartet auf die Geburt seines Sohnes, genau wie alle anderen bei

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