Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
sehr jung und sehr weit weg schien. Er winkte und rief mir etwas nach, doch beim Lärm der Räder auf den Pflastersteinen und dem Getrappel der Pferdehufe konnte ich es nicht verstehen.
    Auf der Straße ließ William seinem Pferd den Zügel, so daß wir den langsamen Karren überholen konnten und nicht mehr im aufgewirbelten Staub reiten mußten. Ich wischte mir mit dem Handschuh übers Gesicht, und William blickte mich von der Seite an. »Du bereust es doch nicht?« fragte er sanft.
    »Ich habe Angst um ihn«, meinte ich.
    Er nickte. Er wußte zuviel über Georges Leben bei Hof, um mir diese Furcht nehmen zu können. Georges Affäre mit Sir Francis, ihr indiskreter Freundeskreis, ihre Glücksspiele, ihre Hurerei, all das war allmählich ein offenes Geheimnis. Mehr und mehr Männer bei Hof ergingen sich in zügellosen Vergnügungen. George war einer von ihnen.
    »Und um sie auch«, fügte ich hinzu und dachte an meine Schwester, die mich wie eine Bettlerin verjagt hatte und jetzt nur noch einen einzigen Freund auf der Welt hatte.
    William lehnte sich zu mir herüber und legte seine Hand auf meine. »Komm«, sagte er, und wir lenkten unsere Pferde zum Fluß, wo das Boot auf uns wartete.
     
    Frühmorgens gingen wir in Leigh an Land. Nach der langen Flußfahrt froren die Pferde und waren unruhig, und wir ritten im Schritt in nördlicher Richtung auf Rochford zu. William schlug einen kleinen Pfad ein, der querfeldein zu seinem Gut führte. Der Morgennebel waberte kalt und feucht über den Feldern. Es war die schlimmste Jahreszeit für eine Ankunft |535| auf dem Land. Es würde ein langer, nasser, eiskalter Winter werden, abgeschieden von allem in dem kleinen Bauernhaus. Die Feuchtigkeit, die jetzt in meinen Röcken hing, würde in den nächsten sechs Monaten kaum je weichen.
    William schaute zu mir zurück. Er lächelte. »Kopf hoch, meine Liebe. Gleich bricht die Sonne durch, und alles wird gut.«
    Ich brachte ein Lächeln zuwege, richtete mich auf und trieb mein Pferd voran. Vor mir konnte ich das strohgedeckte Dach unseres Bauernhauses sehen.
    Wir ritten den Pfad hinunter, und William stieg ab, um das Tor zu öffnen. Ein kleiner Junge tauchte aus dem Nichts auf und blickte uns beide mißtrauisch an. »Hier könnt Ihr nicht hereinkommen«, sagte er mit fester Stimme. »Das hier gehört Sir William Stafford, einem großen Herren bei Hof.«
    »Danke«, erwiderte William. »Ich bin Sir William Stafford, und du kannst deiner Mutter sagen, daß du ein wunderbarer Torhüter bist. Sag ihr, daß ich nach Hause gekommen bin und meine Frau mitgebracht habe und daß wir Brot, Milch, Schinken und Käse brauchen.«
    »Ihr seid ganz bestimmt Sir William Stafford?« fragte der Junge noch einmal nach.
    »Ja.«
    »Dann schlachtet sie vielleicht auch noch ein Huhn«, meinte er und rannte über die Felder zu dem kleinen Häuschen, das etwa eine halbe Meile entfernt lag.
    Ich ritt auf den Stallhof. William half mir aus dem Sattel und warf die Zügel über einen Pfosten, ehe er mich ins Haus brachte. Die Tür zur Küche war offen, und wir traten zusammen über die Schwelle.
    »Setz dich«, sagte William und schob mich auf einen kleinen Sessel beim Feuer. »Das ist schnell angezündet.«
    »Auf keinen Fall«, erwiderte ich. »Ich werde doch Gutsherrin, vergiß das nicht. Ich mache Feuer, und du kannst dich um die Pferde kümmern.«
    Er zögerte. »Weißt du denn, wie man Feuer macht, meine kleine Frau?«
    |536| »Sieh zu, daß du wegkommst!« schimpfte ich in gespielter Entrüstung. »Raus aus meiner Küche. Ich muß hier Ordnung schaffen.«
     
    Es war, als würde ich nur Hausfrau spielen, wie meine Kinder es in ihrer Höhle im Farnkraut taten, und doch war es eine echte Herausforderung. Im Kamin fand ich Holzscheite, Reisig und eine Zunderkiste, so daß nach fünfzehn Minuten kleine Flammen um das Holz loderten. Der Kamin war kalt, aber der Wind stand günstig, so daß er schon bald gut zog. William war gerade aus dem Stall gekommen, als der Junge zurückkehrte und ein in Käseleinen gehülltes Paket mit Lebensmitteln brachte. Wir breiteten alles auf dem Tisch aus und machten ein regelrechtes Festmahl daraus. William öffnete eine Flasche Wein aus seinem Keller, und wir tranken auf uns und unsere Zukunft.
     
    Die Familie, die für William die Felder bestellt hatte, während er bei Hof gewesen war, hatte ihm gute Dienste geleistet. Die Hecken waren sauber geschnitten, die Gräben ordentlich ausgehoben, die Wiesen gemäht und das Heu

Weitere Kostenlose Bücher