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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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»Meinetwegen kannst du zur Hölle gehen. Du verläßt den Hof und kommst nie wieder!«
    »… meine Kinder sehen«, beendete ich atemlos meinen Satz.
    »Von denen kannst du dich verabschieden. Ich lasse meinen Neffen nicht von einer Frau aufziehen, die keinen Familienstolz besitzt. Von einer Närrin, die sich von ihrer Geilheit durchs Leben zerren läßt. Warum William Stafford? Warum nicht gleich ein Stallknecht? Warum nicht der Müller in Hever? Wenn du nur willst, daß es dir jemand gut besorgt, warum muß es dann unbedingt einer aus dem Gefolge des Königs sein? Da würde es auch ein einfacher Soldat tun.«
    »Anne, ich warne dich!« erwiderte ich. »Das lasse ich mir nicht gefallen. Ich habe einen guten Mann aus Liebe geheiratet. Ich habe nichts anderes getan als die Prinzessin Maria Tudor, als sie den Herzog von Suffolk zum Mann nahm. Ich habe eine Ehe geschlossen, um meine Familie zufriedenzustellen, |530| habe gemacht, was man mir aufgetragen hat, als der König sein Auge wohlwollend auf mir ruhen ließ. Und jetzt will ich endlich einmal tun, was
ich
möchte. Anne – nur du kannst mich vor unserem Onkel und vor Vater in Schutz nehmen.«
    »Weiß George davon?« fragte sie.
    »Nein, ich bin nur zu dir gekommen. Nur du kannst mir helfen.«
    »Niemals«, schwor sie. »Du hast aus Liebe einen armen Mann geheiratet, also kannst du jetzt auch von Luft und Liebe leben. Geh doch auf sein kleines Gut in Rochford und verrotte da. Und wenn Vater oder George oder ich nach Rochford Hall kommen, dann bleib uns bloß aus den Augen. Du bist vom Hof verbannt, Mary. Du hast dich selbst ruiniert, und ich besiegele die Sache jetzt. Dich gibt es nicht mehr. Ich habe keine Schwester mehr.«
    »Anne!« rief ich völlig entsetzt.
    »Soll ich die Wachen rufen und dich hinauswerfen lassen?« fragte sie. »Ich schwöre, das werde ich tun.«
    Ich fiel auf die Knie. »Mein Sohn«, war alles, was ich hervorbrachte.
    »
Mein
Sohn«, antwortete sie gehässig. »Ich werde ihm sagen, daß seine Mutter gestorben ist und er jetzt mich Mutter nennen muß. Du hast alles verloren, Mary, um der Liebe willen. Hoffentlich bringt sie dir Freude.«
    Darauf konnte ich nichts mehr erwidern. Ich stand unbeholfen auf, mein schwerer Bauch war mir hinderlich. Anne sah mir ungerührt zu. An der Tür zögerte ich kurz. »Mein Sohn …«
    »Geh«, sagte sie. »Du bist für mich gestorben. Und wage es ja nicht, dich dem König zu nähern, sonst erzähle ich ihm, was für eine Hure du schon immer warst.«
    Ich schlüpfte aus dem Zimmer und ging in mein Gemach.
     
    Madge Shelton stand vor dem Spiegel und zog sich um. Als sie mich kommen hörte, wandte sie sich mit einem strahlenden Lächeln auf dem jungen Gesicht zu mir um. Sie warf einen Blick auf mein finsteres Gesicht, und ihre Augen weiteten sich |531| vor Entsetzen. Dieser eine Blick sprach Bände über die Unterschiede zwischen uns: im Alter, in der Stellung bei Hof und in der Familie Howard. Sie war ein junges Mädchen, dem alle Möglichkeiten offenstanden, ich eine zweimal verheiratete Frau, die mit siebenundzwanzig Jahren drei Kinder haben würde, die von ihrer Familie verstoßen war und deren einzige Zuflucht das kleine Gut ihres Mannes war. Ich hatte meine Chance im Leben verspielt.
    »Seid Ihr krank?« fragte sie.
    »Ruiniert«, antwortete ich.
    »Oh«, erwiderte sie mit der ganzen Dummheit der eitlen Jugend. »Das tut mir leid.«
    Ich lachte bitter. »Es geht schon«, meinte ich mürrisch. »Ich habe mir diese Suppe selbst eingebrockt.«
    Ich warf den Reitumhang ab. Sie sah mein geweitetes Mieder und schrie entsetzt auf.
    »Ja«, antwortete ich. »Ich bin schwanger, und ich bin verheiratet, zu Eurer Information.«
    »Und die Königin?« flüsterte sie, da sie wußte, daß die Königin nichts mehr haßte als fruchtbare Frauen.
    »Ist nicht besonders erfreut«, erwiderte ich.
    »Euer Mann?«
    »William Stafford.«
    Ein Aufblitzen ihrer dunklen Augen verriet, daß sie mehr bemerkt hatte, als sie zugegeben hatte. »Ich freue mich für Euch«, sagte sie. »Er ist ein hübscher und guter Mann. Ich hatte mir schon gedacht, daß Ihr ihn gern habt. Also in all den Nächten …?«
    »Ja«, antwortete ich knapp.
    »Und was geschieht jetzt?«
    »Wir müssen uns allein durchschlagen«, sagte ich. »Wir gehen nach Rochford. Er hat dort ein kleines Gut. Es wird uns nicht schlecht gehen.«
    »Auf einem kleinen Gut?« fragte Madge ungläubig.
    »Ja«, erwiderte ich mit plötzlichem Optimismus. »Warum nicht? Man

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