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Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin

Titel: Die Schwester der Königin - Gregory, P: Schwester der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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»Kannst du ihr beibringen, wie sie ihn zu halten vermag?« fragte er.
    Sie hob den Kopf und lächelte ihn an, ein Bild des Selbstvertrauens. »Natürlich, wenigstens eine Zeitlang«, antwortete sie. »Schließlich ist er auch nur ein Mann.«
    Onkel Howard lachte über diese gleichgültig hingeworfene Verurteilung seines Geschlechts kurz auf. »Du, nimm dich in acht«, riet er ihr. »Wir Männer sind nicht zufällig dorthin gelangt, wo wir heute sind. Wir haben beschlossen, zu den großen Zentren der Macht vorzudringen, allen Begierden der Frauen zum Trotz. Und wir haben ebenfalls beschlossen, diese Machtpositionen zu nutzen und Gesetze zu verfassen, die dafür sorgen, daß wir ewig dort bleiben.«
    »Das mag sein«, gestand ihm Anne zu. »Aber hier geht es nicht um hohe Politik. Hier geht es darum, wie wir den König |63| mit seiner Begierde in eine Falle locken. Mary muß ihn nur einfangen und lange genug festhalten, daß er mit ihr einen Sohn zeugt, einen königlichen Howard-Bankert. Was mehr können wir verlangen?«
    »Und das kann sie?«
    »Sie kann es lernen«, antwortete Anne. »Sie ist auf dem besten Wege. Schließlich ist seine Wahl auf sie gefallen.« Mit einem kleinen Achselzucken deutete sie an, wie wenig sie von dieser Wahl hielt.
    Es herrschte Schweigen. Onkel Howards schaute Anne an, als sähe er sie zum ersten Mal. »Nicht viele junge Mädchen in deinem Alter haben einen so klaren Kopf.«
    Sie lächelte ihn an. »Ich bin eine Howard, genau wie Ihr.«
    »Ich bin überrascht, daß du ihn nicht für dich selbst habenwillst.«
    »Der Gedanke ist mir bereits gekommen«, sagte sie ehrlich. »Wie er wohl jeder Frau in England durch den Kopf geht.«
    »Aber?« hub er an.
    »Ich bin eine Howard«, wiederholte sie. »Worauf es ankommt, ist ganz allein, daß eine von uns den König einfängt. Es ist ziemlich gleichgültig, welche es ist. Wenn seine Wahl auf Mary fällt und sie ihm einen Sohn schenkt, den er anerkennt, dann ist meine Familie die erste im Lande. Ohne Rivalen. Und das können wir schaffen. Wir können den König beherrschen.«
    Onkel Howard nickte. Er kannte den König, wußte, daß er sich wie ein gezähmtes Untier meist leicht am Zaum führen ließ, aber manchmal eben doch plötzlich störrisch wurde und ausbrach. »Mir scheint, wir haben dir zu danken«, sagte er. »Du hast unsere Strategie geplant.«
    Sie nahm seinen Dank entgegen, aber nicht mit einer Verbeugung voller weiblicher Anmut, sondern mit einer ihrer arroganten Gesten. »Selbstverständlich will auch ich meine Schwester als Favoritin des Königs sehen. Diese Dinge betreffen mich genauso wie Euch.«
    Onkel Howard schüttelte unwillig den Kopf, als meine Mutter ihre selbstbewußte älteste Tochter mit einem »pst« |64| zum Schweigen bringen wollte. »Nein, laßt sie sprechen«, sagte er. »Sie ist so gescheit wie wir. Und ich glaube, sie hat recht. Mary muß nach Hever gehen und dort warten, bis der König nach ihr schickt.«
    »Er wird nach ihr schicken«, sagte Anne wissend. »Ganz gewiß wird er nach ihr schicken.«
     
    Ich kam mir vor wie ein Paket, wie die Bettvorhänge oder die Teller für den Tisch des Königs. Ich sollte verpackt und als Köder für den König nach Hever geschickt werden. Ich sollte ihn nicht mehr sehen, ehe ich fortging, ich sollte mit niemandem über meine Abreise sprechen. Meine Mutter teilte der Königin mit, ich sei erschöpft, und bat sie, mich für einige Tage aus ihren Diensten zu entlassen, damit ich nach Hause reisen und mich ausruhen könne. Die Königin, die Ärmste, dachte, sie hätte den Sieg davongetragen. Sie glaubte, die Boleyns befänden sich auf dem Rückzug.
     
    Es war kein langer Ritt, kaum mehr als zwanzig Meilen. Wir machten Rast, speisten am Wegesrand Brot und Käse, die wir mitgenommen hatten. Mein Vater hätte unterwegs die Gastfreundschaft jedes Herrenhauses in Anspruch nehmen können. Er war bekannt genug als Höfling, der hoch in der Gunst des Königs stand, und man hätte ihn aufs beste bewirtet. Aber er wollte die Reise nicht unterbrechen.
    Die Landstraße war tief zerfurcht und voller Schlaglöcher, und ab und zu sahen wir am Weg ein zerbrochenes Wagenrad, wo eine Reisekutsche umgefallen war. Doch unsere Pferde schritten auf dem trockenen Boden zügig voran, und manchmal erlaubte das Terrain sogar einen leichten Galopp. Das Gemeindeland außerhalb der Dörfer war zumeist in schmalen Ackerstreifen angelegt. In den Dörfern quollen die Gärten der kleinen Häuser über von

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